FACHFORUM

Sprechende Pflanzen

Von Bernd Hertling

Einbeere – Paris und der Preis der Schönheit

Der Autor wird in der Naturheilpraxis in loser Folge einige "sprechende Pflanzen" vorstellen. Dabei geht es in erster Linie um die Namen der Pflanzen – und der eine oder die andere wird wohl überrascht sein, wenn er / sie erkennen können wird, was sich ein als staubiger Pedant verschrieener Mensch, wie Carl von Linné, alles dabei gedacht hatte, als er den Pflanzen ihre neuen, wissenschaftlich gültigen Namen gab.

Denn, anders als es die Bibel will, sind Namen nicht Schall und Rauch, sondern haben Wesentliches zum Bezeichneten auszusagen!!
C.G. Jung, der bedeutende Schweizer Psychoanalytiker und –therapeut, ging sogar so weit, zu behaupten:
“Was wir nicht mit einem Namen versehen können, ist für unser Bewusstsein nicht erfahrbar, ist nicht zur Gänze wirklich. Für unsere psychische Realität ist ein Ding, das nicht benannt werden kann, nicht erschaffen!!”
Wenn wir nun das Buch Genesis, das erste Buch der Bibel, ansehen, finden wir einen Gott, der zunächst seine Schöpfung selbst benennt, und dann Adam mit der Aufgabe betraut, die belebten Bestandteile der Schöpfung, also Tiere und Pflanzen zu benennen. Eine wichtige Aufgabe, denn was man benennt, dafür ist man verantwortlich. Mit diesem Auftrag der Namensgebung wird sonst immer der Pate betraut, und er muss die Verantwortung für sein Patenkind übernehmen, wie Adam die Verantwortung über die Schöpfung übertragen wurde, indem er seine Wesen benennen durfte. Wen man so will, vollzog er damit gewissermaßen eine Neuschöpfung.
Auch wenn sich der Autor hier auf die Christlichen Grundlagen des Abendlandes besinnt, werden in der geplanten Reihe vorwiegend Pflanzen auftreten, die Bezug zu den antiken Mythen haben, und keine christlich inspirierten Legenden und dergleichen zu Wort kommen.

Der Zankapfel

Warum steht am Beginn einer Reihe wie der beabsichtigten, ausgerechnet eine relativ unbekannte Pflanze, die obendrein als Zankapfel bezeichnet wird? Zwei Gründe sprechen dafür. Erstens, schon Herakleitos von Milet, der sogenannte “dunkle” Philosoph aus der vorsokratischen Aera behauptete, dass allem Anfang der Streit innewohne. “Der Streit ist der Vater aller Dinge” 1, wird er aus seinen Schriften gerne zitiert, und zu seiner Zeit dürften ihm nicht viele widersprochen haben. Dem Hellenischen Geist ist nämlich gewissermaßen das agonale, heute würde man sagen, “wettbewerbsorientierte,” Wesen angeboren. Dies erklärt auch, weswegen wir Heutigen so etwas wie Olympische Spiele begehen, die wir eben diesem agonalen “Sportsgeist” der Griechen zu verdanken haben. Wer nun meint, Sport, Zank und Krieg passen nicht zusammen, der lese “Sports, that’s war minus the shooting” von George Orwell.

Carl v. Linné und die Namensgebung der Pflanzen

Botanik

Anwendungsmöglichkeiten von Einbeere

1 Polemos panton pater heißt eigentlich “Der Krieg ...”
2 Schwedischer Naturforscher und Philosoph. Geb. 23.6.1707 gest. 10.1.1778. Für ihn gilt wie für keinen zweiten Gelehrten das Wort des Aristoteles sapientis est ordinare – frei übersetzt: Der Weise schafft Ordnung.
3 Wenn z.B. von “Nieswurz” die Rede war, konnte der eine Autor den weißen Germer damit meinen, der andere die Christrose
4 eine Zikkurat sieht einer Pyramide ähnlich, allerdings ist sie oben stumpf und mit stumpferem Neigungswinkel errichtet.
5 z.B. das Winniwarter-Buerger Syndrom oder den Mb. Werlhoff und wie sie alle heißen mögen.
6 L für Linné als Erstbeschreiber. Dieser Brauch hat sich natürlich gehalten und auch heute darf jeder Wissenschaftler, der eine von ihm bestimmte Species zum ersten Mal beschreibt, seinen Namen hinter den binären Namenscode setzen, allerdings gilt er nur in Insiderkreisen als dazugehörig. So wie das L. auch für gewöhnlich nicht mitgesprochen wird, wenn man z.B. Paris quadrifolia L. irgendwo erwähnt.
7 Der Autor stand damals nicht ganz vorne und konnte die Gravur nicht sehen, es wäre auch möglich gewesen, dass Eris “tes kallistes”, geschrieben hätte, also dem Genitiv Vorzug vor dem Dativ gegeben hätte. Beides wäre möglich und lautet im Deutschen immer “der Schönsten.”

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Anschrift des Verfassers:
Bernd Hertling
Heilpraktiker
Nettelkofener Str. 1
85567 Grafing



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