FACHFORUM

Die Kastanie ist “Baum des Jahres 2005”

Von Josef Karl

I.

Die Rosskastanie, Aesculus hippoeastanum, soll dieses Jahr ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Dem deutschen Wald, diesem großen alten Mythos, geht es schlecht; der Waldzustandsbericht für letztes Jahr war verheerend. Und unserer Kastanie geht es insbesondere nicht gut: sie leidet an der sog. Miniermotte*, die sich in die dicken Blattrippen fortgräbt und – niemand kann es übersehen – schon im Juli das elende Bild eines mitten im Sommer braun werdenden Baumes bildet, der die Blätter drei Monate zu früh abwirft.

Zwar ist die Rosskastanie nicht der Inbegriff des einst so mächtigen deutschen Waldes; das ist “der grüne Tann”, die weiten Fichten- und Tannenwälder, wie sie im Schwarzwald, Bayerischen Wald und dem Harz unser Bild prägen und das auch viele ausländische Touristen so beeindruckt.

Aber trotzdem: Kastanien, die wunderbare Alleen bilden, die sich leider fast nur noch in Ostdeutschland erhalten haben und die Bier- und Wirtshausgärten: was wären sie ohne diesen Baum mit seinem einst so dichten grünen Laub? Fast dünkt er uns so einheimisch, so vergangenheitsschwer wie Linden, Eschen und Eichen – und ist es doch nicht.

Die Kastanie hat die Eiszeiten, noch vor 13.000 Jahren bei uns, nicht gesehen. Kommt sie doch aus dem Balkan und ist vornehmlich in Griechenland beheimatet. Dort und vielleicht auch früher bei uns, wurden die Samen den Pferden bei Husten und Wurmkrankheiten gegeben.

II.

Was uns naturheilkundlich Tätige vornehmlich neben all diesem interessiert, ist seine medizinische Bedeutung. Rosskastanienextrakte gelten als Venentherapeutika schlechthin; sie werden am längsten und am häufigsten verordnet. Allerdings setzte diese Tendenz erst nach der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ein, nach dem 2. Weltkrieg: Hierfür stehen die Firmen Dr. Klinge in München mit dem Venostasin®, Madaus, Köln mit dem Proveno® und Reparil®, die Fa. Nattermann, Köln mit Essaven.

Es war damals geglückt, das Aescin aus dem komplexen Gemisch von Saponinen zu isolieren. Dieses hat antiphlogistische Eigenschaften ebenso wie antiödematöse. Daneben zu erwähnen ist das Aesculin, ein Dicumarinderivat mit der bekannten gefäßabdichtenden Wirkung des Cumarius. (Die Pharmakokinetik, Pharmakologie und Toxikologie ist hinreichend beschrieben von Gessner, Hänsel, Zimmermann, Wichtl u.a.).

Aesculus hippocastanum hat 1984 eine Monografie der E-Komm. in Berlin erhalten, die in Auszügen sich so darstellt:

Anwendungsgebiete:
Behandlung von Beschwerden bei Erkrankungen der Beinvenen (chronische Veneninsuffizienz), zum Beispiel Schmerzen und Schweregefühl in den Beinen, nächtliche Wadenkrämpfe, Juckreiz und Beinschwellungen.

Hinweis:
Weitere vom Arzt verordnete nichtinvasive Maßnahmen wie zum Beispiel Wickeln der Beine, Tragen von Stützstrümpfen oder kalte Wassergüsse sollten unbedingt eingehalten werden.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Heilpraktiker
Alpenstr. 25
82377 Penzberg



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