Warum nicht „Psychotherapie“ mit Heilpflanzen?

von Anne Lohmann

Eine Liste der meist verordneten Arzneimittel liest sich wie folgt: Die Spitzenreiter unter den Verordnungen sind Schilddrüsenmedikamente und Psychopharmaka. Im dritten Lebensjahrzehnt taucht L-Thyroxin unter den fünf häufigsten Arzneimitteln auf, zehn Jahre später gesellen sich Euthyrox und das Anxiolytikum Lexotanil hinzu. Im fünften Lebensjahrzehnt sind immer noch Lexotanil und L-Thyroxin an oberster Stelle, gefolgt vom Rheuma-Schmerzmittel Voltaren und dem Kopfschmerz- und Migränemedikament Ergo-Lonarid. Im sechsten Lebensjahrzehnt dominiert weiterhin der chemische Tranquilizer Lexotanil, immerhin ein Bromazepam mit den bekannten Nebenwirkungen Muskelschwäche, Müdigkeit, Benommenheit, Artikulationsstörungen, Schwindel, paradoxe Reaktionen, Anstieg der Leberwerte, Abhängigkeitsproblematik, Entzugssyndrom u. a..

Im hohen Alter, bei den über 80jährigen, taucht dann mit dem Präparat Adumbran ein Oxazepam auf, das nicht nur angst- und spannungslösend wirkt, sondern auch das Ein- und Durchschlafen fördert. Die Nebenwirkungen sind dieselben wie bei Lexotanil. Für einen naturheilkundlich denkenden und arbeitenden Menschen hat diese Übersicht etwas Erschreckendes. Und es stellt sich die Frage: Geht es nicht auch anders?

Wie häufig ist folgende Situation: Da kommt ein Patient mit massiven vegetativen und psychischen Symptomen in die Praxis und möchte ein Medikament verschrieben bekommen, das ihn wieder „normal funktionieren“ läßt. Typische Krankheitsbilder aus diesem Bereich sind chronische Müdigkeit oder Nervosität, Ein- und Durchschlafstörungen, Reizmagen- und Reizdarmsyndrom, Angstzustände, erhöhte Reizbarkeit, Panikattacken oder depressive Verstimmungszustände. Der Patient erwartet zunächst eine medikamentöse Therapie, die g e g e n die Symptomatik arbeitet, sie auslöscht und den Normalzustand wiederherstellt. Er möchte vor allem wieder „wie früher“ sein. Doch was mit Gegenmaßnahmen unterdrückt wird, kommt mit unbestechlicher Zuverlässigkeit an anderer Stelle wieder nach außen. Das Phänomen nennt sich „Symptomverschiebung“ und ist in der Praxis so häufig zu beobachten, daß es manchmal sogar den Patienten selber schon auffällt. So ist klar, daß jegliches Arbeiten g e g e n eine Krankheit und die Botschaft, die sie einem Menschen vermitteln will, letztlich keine Heilung darstellt. Es ist außerdem auch eine Frage der therapeutischen Verantwortung und des Selbstverständnisses auf Seiten des Behandelnden, ob er symptomunterdrückend arbeitet oder den Patienten dahingehend fordert, seine Krankheit zur inneren Auseinandersetzung und Weiterentwicklung zu nutzen – oder ob er ihm diesen Schritt erspart und ihn damit von wesentlichen Botschaften seiner Seele abschneidet. Immer noch werden Patienten von ihren behandelnden Ärzten und Heilpraktikern zu selten auf die Möglichkeit einer Psychotherapie aufmerksam gemacht. Massive vegetative und psychische Symptome lassen sich in vielen Fällen nicht allein durch Medikamente oder Nahrungsergänzungen heilen. Sehr häufig sind den Patienten die Konfliktthemen ihrer Lebenssituation durchaus bewußt. Nicht bewußt allerdings ist ihnen der Zusammenhang mit ihren körperlichen und psychischen Symptomen. Und ebenso sind sie selber blind für die Möglichkeit einer konstruktiven Auflösung des Konfliktes. Werden z.B. Angstzustände eines Menschen mit einem so massiven Anxiolyticum wie Lexotanil behandelt, so wird nicht nur die Quelle der Angstzustände verschleiert, sondern der Behandelnde erspart dem Patienten auch den vielleicht notwendigen Leidensdruck, der, wenn er nur stark genug wäre, zum Motor werden könnte für eine lebens-notwendige Veränderung. Denn letztlich geht es darum, die „Signatur“ einer Krankheit zu verstehen und sie für die innere Weiterentwicklung nutzen zu lernen.

Avena sativa und die Bewahrung der inneren Mitte

Geranium robertianum und die Entgiftung von Körper und Seele

Hedera helix und die Überwindung von Angst

Lavandula angustifolia und die Klärung innerer Konflikte

Lycopus europaeus – Wiederherstellung von Rhythmus und Effizienz

Valeriana officinalis und die Erdung bei verloren gegangenem Bodenkontakt

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Literatur
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau 2002
Josef Karl: Neue Therapiekonzepte für die Praxis der Naturheilkunde. Pflaum Verlag, München 1995
Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002
Alcea Fachinformation Nr. 5 – Ganzheitliche Pflanzenheilkunde im Fachbereich Psychotherapie. ALCEA GmbH Frechen, 02234 / 93341-0

Anschrift der Verfasserin:
Anne Lohmann, Heilpraktikerin
Brüderweg 149
57074 Siegen



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