Von Aloys Fassbind
Zusammenfassung:
Arzneimittelprüfung an Rindern(Kühen, Stier und Kälber ) mit Taraxacum
Schlüsselwörter:
Taraxacum, AMP mit Tieren, Tierarzneimittelprüfung, Tierhomöopathie, Rinder
Keywords
Taraxacum, Proving with animals, Cattle, Homeopathy for animals
Der gemeine Löwenzahn (Fam Compositae) ist in ganz Europa verbreitet. Verwendet wird die zu Beginn der Blüte gesammelte ganze Pflanze mit Wurzel.
Wesentliche Wirkstoffe: Der am reichlichsten in Rhizom und Wurzel sowie in der Wand des hohlen Blütenstängels vorkommende weiße Milchsaft enthält den Bitterstoff Taraxin, dessen “Bitterwert” je nach Jahreszeit schwankend ist. Auch die übrigen Inhaltstoffe unterliegen in ihrer Zusammensetzung jahreszeitlichen Schwankungen. 1
Obwohl Taraxacum schon von Hahnemann geprüft wurde 2, ist dieses Mittel ein sogenanntes “Kleines Mittel”. Im Organon der Heilkunst 6. Auflage § 21 schreibt Hahnemann:
“....dass wir uns daher nur an die krankhaften Zufälle, die die Arzneien im gesunden Körper erzeugen, als an die einzig mögliche Offenbarung ihrer inwohnenden Heilkraft zu halten haben, um zu erfahren, welche Krankheits-Erzeugungskraft jede einzelne Arznei besitzt... Deshalb sind die Arzneimittelprüfungen (AMP) die wichtigste Grundlage der Homöopathie. Ohne AMP gäbe es keine Homöopathie. Dasselbe gilt natürlich auch für die Tierhomöopathie, welche bis jetzt zum größten Teil, die Symptome der “normalen” Materia Medica übernommen hat. Das Ziel sollte sein, für jede Tiergattung spezifische AMP’s zu machen, um möglichst Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen. Darum ist eine AMP am Menschen nur bedingt auf einen Wiederkäuer zu übertragen.
Die Forschungsanstalten der Universitäten und die Veterinärmedizin wären wohl am besten geeignet, diese monumentale Aufgabe zu übernehmen. Denn in solchen Institutionen könnte man auch den Untersuchungsparameter (Blut, Urin etc.) erfassen und somit die Arzneimittelprüfung um diese Anhaltspunkte bereichern.
Auch wären genug Beobachter vorhanden, um eine 24-Stunden Beobachtung zu ermöglichen, was natürlich mit nur einem Beobachter unmöglich ist.
Den Studenten der Veterinärmedizin wäre die wunderbare Möglichkeit gegeben, sich mit Tierprüflingen intensiv auseinander zu setzen und die homöopathischen Arzneien auf diesem Wege in lebendiger Weise zu erfahren.
Vorgehensweise einer Tierarzneiprüfung (TAMP)
Für diese TAMP wurde ein Biobetrieb auf 1600 m.ü. M. ausgewählt. Die Tiere werden in einem Freilaufstall gehalten. Es handelt sich um einen Mutterkuhhaltungsbetrieb.
Die Fütterung besteht aus Raufutter (Silage, Heu), Mineralsalze, Salz.
Die Versuchstiere hatten also keine Möglichkeit frischen Löwenzahn (Taraxacum) zu fressen, außer dem im Heu enthaltenen, getrockneten Löwenzahn 3.
Es wurden 7 weibliche Tiere im Alter von 1/2 12 Jahren ausgewählt, plus ein zweijähriges männliches Tier 4. Die Tiere sind eine Kreuzung zwischen Limousin und Braunvieh. Im Verlauf der Prüfung begannen jedoch auch die säugenden Kälber der an der Prüfung teilnehmenden Kühe, Symptome zu zeigen 5.
Die TAMP fand vom 24.12.03 29.12.03 statt.
Die Vorbeobachtungszeit betrug 1 Tag um die Tiere kennenzulernen und auch um die Tiere an den Beobachter zu gewöhnen. Eine längere Vorbeobachtungszeit wäre sicher wünschenswert, jedoch in diesem Fall aus Zeitgründen nicht möglich.
Es wurde Taraxacum C-30, von Spagyros geprüft 6.
Die doch beträchtliche Menge des Mittels wurde freundlicherweise von der Firma Spagyros doniert.
Es wurden am ersten Tag 15 Globuli morgens und abends verabreicht (10 Globuli beim 1/2-jährigen Tier). Die Tagesdosis war demnach 30 (20) Globuli.
Am 2. Tag die selbe Menge und am 3. Tag ebenso. Als sich noch keine deutliche Veränderung zeigte wurden am 4. Tag noch 20 Globuli (15 bei dem 1/2-jährigen Tier) verabreicht. 7
Die Globuli wurden trocken auf die Zunge gegeben.
Bei der Prüfung selber zeigte sich, dass die Beobachtung trotz guter Markierung der Tiere jedoch nur mit einer Person, sehr schwierig und wohl auch nicht vollständig geschehen ist. Denn in einem Laufstall bewegen sich die Tiere unaufhörlich und zwei Augen sind da schlicht einfach zu wenig, vor allem auch nachts, wenn die Beleuchtung nur schwach ist. Denn eine Vollbeleuchtung beunruhigt die Tiere ja auch wieder.
Die Nachbeobachtungszeit wurde durch den Bauer durchgeführt. Es zeigten sich jedoch keine neuen Symptome mehr, wohl auch weil der Beobachter sehr beschäftigt war und nur einmal im Tag die Tiere kurz beobachtete.
Als bei allen Kälbern der Juckreiz nicht abklang, was den Bauer beunruhigte, musste mit Camphora C-30, flüssig gesprüht über die Mineralsalze, antidotiert werden. Das 1/2-jährige Versuchstier musste mit einer nochmaligen Gabe Camphora C-30 nachantidotiert werden. Jedoch blieb der Juckreiz auch dann noch bestehen, so dass wir Sulphur C-30 folgen lassen mussten, welche dann eine Linderung brachte.
Auf Grund dieser Symptome kann man Sulphur als Folgemittel sehen.
Die Prüfungssymptome im Wortlaut des Beobachters:
| Gemüt | 1. Große Gereiztheit des Stieres um 23 00 Uhr, so dass er Kälber richtig umpflügte und einfach keine Ruhe fand. 2. Reizbarkeit durch Juckreiz 3. Eine Kuh schleckt das Geschlechtsteil eines Kalbes während und nach dem Urinieren, mehrere Minuten lang. 4. Die gleiche Kuh trinkt Urin einer anderen Kuh 5. Aggressivität nachmittags 6. Kuh säugte vermehrt die anderen Kühe |
| Kopf | 7. Heftiges Schütteln des Kopfes (Kalb und Stier) morgens (4. Tag) 8. Juckreiz am Kopf |
| Hals | 9. Kratzen am Hals |
| Bauch | 10. Kratzen am Bauch links |
| Magen | 11. Verlangen Urin zu trinken 12. Verlangen vermehrt zu säugen, bei Kühen |
| Rektum / Stuhl | 13. Legen den Schwanz nicht ab nach Ausscheidungen morgens 14. Kalb: Hellbraun-grauer Durchfall, legt Schwanz nicht ab 15. Hellbraun mit festen Brocken wird mit Druck entleert 16. Hellbraun-grauer Stuhl |
| Atemwege | 17. Husten 18. Husten 2 Hustenstöße bei Kälbern 19. Husten nachmittags 20. Husten während Stuhlgang |
| Extremitäten | 21. Kratzen am rechten Stotzen (Oberschenkel) 22. Kratzen am linken Sprunggelenk 23. Kratzen am linken Sprunggelenk innen 24. Kratzen am linken Stotzen 25. Kratzen am rechten Sprunggelenk 26. Kratzen am rechten Sprunggelenk innen 27. Kratzen am rechten Stotzen im Liegen 28. Kratzen am Klauenrand rechts 29. Kratzen an Schulter links 30. Kratzen an Flanke / Rücken links 31. Kratzen an linker Fessel im Liegen 32. Kratzen an linker Klaue 33. Kratzen an linker Schulter 34. Kratzen an rechter Flanke 35. Kratzen vorne links |
| Rücken | 36. Kratzen neben Schwanzwurzel 37. Kratzen am Rücken 38. Kratzen am Kreuz rechts 39. Schlängelnde Bewegungen mit dem Schwanz als wenn der Schwanz eine Schlange wäre |
| Haut | 40. Starker Juckreiz 41. Starker Juckreiz alle paar Minuten 42. Kahle Stelle, links neben der Schwanzwurzel vergrößerte sich 43. Haarausfall neben Schwanzwurzel links 44. Juckreiz morgens, vormittags |
| Allgemeines | 45. Juckreiz auf linker Seite vermehrt 46. Juckreiz hintere Extremitäten |
Kommentar des Prüfungsbeobachters
Im Nachhinein muss gesagt werden, dass die Gabe am 4. Tag wohl nicht mehr nötig gewesen wäre, denn es zeigten sich schon ansatzweise Juckreiz, was sich dann als herausragendestes Symptom herausstellte.
Es bleibt auch noch die ethische Frage, ob man Tiere überhaupt einer TAMP unterziehen soll oder darf, da sie diese im Gegensatz zu den menschlichen Prüfern ja nicht freiwillig durchmachen wollen.
Es wäre auch hilfreich, wenn mehrere Beobachter gleichzeitig im Stall sein könnten, um ja keine Symptome zu verpassen.
An dieser Stelle danke ich auch dem Bauern, der dieses Experiment tapfer mitgemacht hat, obwohl wir beide nicht wussten wie es ausgeht. Denn das Vertrauen des Tierbesitzers ist natürlich die Voraussetzung für eine mehr oder weniger erfolgreiche TAMP.
Literatur:
Reine Arzneimittellehre, Samuel Hahnemann
Organon der Heilkunst 6. Auflage, Samuel Hahnemann
Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre, J. Metzger
(Für Anregungen und Kommentare wäre ich dankbar)
Anschrift des Verfassers:
Aloys Fassbind
St. Josef
CH-6460 Altdorf
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