Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Dong Ling Jin Bu – Supplementation im Winter

von Andreas Kalg

Zur kalten Jahreszeit einen wärmenden und kräftigenden Kräutertee zu trinken ist nicht nur wohltuend, sondern lässt einen auch die Kälte leichter ertragen und vermag Erkältungen zu verhindern. Dies ist eine allgemein verbreitete und anerkannte Binsenweisheit. Doch die Bedeutung dessen, was in der Chinesischen Medizin als Wintersupplementation bezeichnet wird, geht weit darüber hinaus. Man sieht die Supplementation im Winter als eine besonders günstige Möglichkeit an, das Nieren-Qi und die Nieren-Essenz zu kräftigen, um somit den Körper grundlegend zu stärken und zukünftige Erkrankungen zu vermeiden.

Warum nun eignet sich der Winter ganz besonders zur Supplementation? Ein trivialer, aber nicht zu vernachlässigender Grund besteht einfach darin, dass man im Winter meist einen größeren Appetit hat. Wer trinkt schon gern bei sengender Hitze warme Kraftbrühen oder isst dabei gern deftige Fleischmahlzeiten?

Im Winter, und das ist der entscheidende Grund, ist unser Körper, genau wie seine natürliche Umgebung, auf Speichern eingestellt. Diese natürliche Gesetzmäßigkeit wurde bereits im Inneren Klassiker (Neijing) beschrieben. Im Kapitel 2 der Wesentlichen Fragen (Suwen) heißt es:

Die drei Wintermonate sind die Zeit des Verschließens und des Speicherns. Das Wasser gefriert und die Erde bricht auf. Zu dieser Zeit soll man sein Yang-Qi nicht anregen. Man sollte früher ins Bett gehen und morgens etwas länger schlafen. Mit dem Aufstehen sollte man warten, bis es hell ist. ... Man sollte [im Winter] der Kälte fliehen und die Wärme suchen. Man sollte das Öffnen der Poren und den Schweißaustritt vermeiden, um so ein Höchstmaß an Zuwachs an Qi zu erzielen. Dies ist das Prinzip, sein Qi durch tätige Anpassung an den Winter zu lenken und zu speichern. Handelt man entgegen dieses Prinzips, dann wird die Niere dadurch geschädigt und im folgenden Frühling kann es zu Schwund und gegenläufigem Qi kommen. Auf diese Weise wird der Mensch weniger an der Qi hervorbringenden Kraft des Frühlings teilhaben.

Der Winter ist die Jahreszeit, die der Wandlungsphase Wasser zugeordnet ist, steht folglich mit der Niere in Verbindung. Im Kapitel 9 der Wesentlichen Fragen (Suwen) heißt es:

Die Niere verantwortet den Winterschlaf, sie ist der Ursprung des Versiegelns und des Speicherns. Sie ist die Residenz der Essenz (jing). ... Sie steht mit dem Qi des Winters in Verbindung.

„Winterschlaf“ steht hier für „sich zusammenrollen“ und „sich verkriechen“, was der sammelnden, die Essenz (jing) zusammenhaltenden, konsolidierenden Funktion der Nieren, insbesondere im Winter, entspricht.

1) Bu Dong Da Quan Tang (Die große allumfassende Suppe zur Stärkung im Winter)

2) Ren Shen Dun Ji Bu Tang (Ginseng-Hühnersuppe zur Stärkung)

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Andreas Kalg lebt zur Zeit in Taipeh (Taiwan). Er arbeitet als Übersetzer und Lehrer für Deutsch und Englisch und ist Autor des TCM-Teils der Heilpflanzendatenbank www.PhytoMagister.de.
Kontakt: andreas_kalg@hotmail.com



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Naturheilpraxis 11/2004