Serie: Das Alter

Orthomolekulare Medizin Versuch einer Standortbestimmung - Therapeutische Ansatzpunkte

5. Folge: Kindheit und Jugendjahre: Schlaraffenland – Krankenland!

von Gerhard Brand

Märchen und Mythen erzählen in gleichnishafter Form Grundwahrheiten des Lebens und treffen damit ungleich besser den tieferen Wahrheitsgehalt, den Kern eines Problems, als es alle philosophischen, psychologischen, wissenschaftlichen und politischen Systeme vermögen. Deshalb werden Märchen auch von Kindern verstanden, weil selbst so abstrakte Begriffe wie: Schuld, Sühne, Erlösung, Gefahr, Befreiung, Überwindung, Tapferkeit, Glück und Schönheit, in einen nachvollziehbaren, weil logisch kausalen Zusammenhang gebracht werden. Im Märchen vom Schlaraffenland muss man sich durch einen riesigen Berg aus süßem Brei (unsere Konsumgesellschaft) hindurch essen, bis man endlich, der eine früher, der andere später, in dem gelobten Land der Schlaraffen ankommt, wo bekanntlich niemand mehr arbeiten braucht und einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Kein gesundes Kind wird sich nach einem derartigen Schlaraffenland sehnen, in dem nur dicke, vollgefressene Menschen herumliegen, die vor lauter Müdigkeit kaum die Augen offen halten können oder die Zeit bis zum nächsten Essen einfach schnarchend verschlafen. Von dieser Horrorvision sind wir nicht einmal weit entfernt: Im Magazin „Der Spiegel“ erschien in der Ausgabe vom 18.12.2000 (Nr. 51) die Titelgeschichte: „Süße Sucht – Deutschlands überfütterte Kinder“. Es wurde berichtet, unter deutschen Kindern grassiere die Fettsucht. Mehr als 2 Mio. Jungen und Mädchen seien zu dick. Die meisten würden zeitlebens übergewichtig bleiben. Doch dann eine Schlussfolgerung, die nicht den Kern der Sache trifft: „Weltweit seien zu fettes Essen und Bewegungsarmut zur Gesundheitsgefahr Nr. 1 aufgestiegen“. Dies ist eine falsche oder zumindest oberflächliche Analyse. Die Wissenschaftler dieser Leipziger Studie verkennen die Gefahr, die von der Nahrungsmittel- und Süßwarenindustrie durch die Schlaraffisierung des Alltags vor allem für Kinder ausgeht. Bewegungsarmut ist nicht das Primäre, sondern das Sekundäre. Kinder lassen ihrem natürlichen Bewegungsdrang allenfalls nach, wenn sie bereits übergewichtig geworden sind, weil sie dann schlapp machen und nicht mehr mithalten können. Das zu fettreiche Essen kann es auch nicht sein.

Wie wäre es denn sonst zu erklären, dass bis 1985 der Fettverbrauch im Durchschnitt mindestens gleich hoch, wenn nicht sogar höher war als heute und nur durchschnittlich 10,6% der Buben und 11,5% der Mädchen (10- bis 13-jährige) übergewichtig waren. Nach nicht einmal 20 Jahren hat sich die Fettsucht verdreifacht. Es ist also nicht das zu kalorienreiche Essen, sondern das falsche Essen. Die Seuche, die sich von den USA, dem Land mit den extrem Fettsüchtigen, wie ein Lauffeuer in den letzten 20 Jahren über dem Globus ausgebreitet hat, heißt „Fastfood“.

Das Wort „Fastfood“ liefert auch das Stichwort, nämlich: „schnelles Essen“. Man isst sich schneller durch den süßen Brei der Nahrungsmittelindustrie und erreicht dann auch prompt und schnell das „Schlaraffenland“: Diabetes mellitus Typ II, tritt zunehmend bei Kindern auf. Vor 25 Jahren waren lediglich ca. 1% der Altersdiabetiker zwischen 9 und 19 Jahren. In den USA nähert sich diese Quote jetzt der 50%-Marke mit insgesamt rasanten Steigerungsraten (OM und Ernährung 2003, Nr. 105). Herzinfarkte wurden bei 18-jährigen beobachtet. Keine Frage: Die für die Industrienationen typische Fehlernährung mit zu hohem Konsum an gehärteten Fetten, tierischem Eiweiß und vor allem Zucker und isolierten Kohlenhydraten hat den rasanten Anstieg ausgelöst.

Kohlenhydratfalle

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Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Gerhard Brand
Sauerbruchstr. 8
81377 München



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Naturheilpraxis 11/2004