Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Ein Fall von Sykosis

von Daniela Koronowski

“Am 04.02.2002 suchte mich eine 27-jährige junge Frau in meiner Praxis auf und bat mich um Hilfe. Sie sei sehr verzweifelt, sie habe nämlich Feigwarzen und diese seien jetzt schon zweimal wegoperiert worden und kämen nun ein drittes Mal hervor. Sie möchte sich auf keinen Fall mehr operieren lassen und das Wegätzen bringe auch nichts. Ihre Frauenärztin weiß keinen anderen Rat mehr und sagt, dass die Condylome auch jederzeit nach der 3. Operation wiederkommen können. Deshalb sei sie nun bei mir, ich sei ihre letzte Rettung, ob ich ihr helfen könne.

Mit einer so großen Erwartungshaltung eines Patienten mir gegenüber bin ich immer ganz besonders vorsichtig, erklärte ihr aber, bei so einer Erkrankung könne eine Heilung nur von innen erfolgen. Außerdem zeuge es von einer guten Lebenskraft ihrerseits, wenn ihr Körper imstande sei, die Feigwarzen nach erfolgter Operation wieder nach außen zu bringen, um so innere Organe vor Schlimmerem zu bewahren. Hahnemann sagt zur Sykosis im Band 1 seiner Chronischen Krankheiten (Hahnemann, S.; Die Chronischen Krankheiten Bd.1; 1991; Haug Verlag; S. 105f) folgendes:

“Diese Feigwarzen-Krankheit (deren äußere Erscheinungen)...wurden bisher von den allöopathischen Ärzten nie anders, als durch Wegbeizen, Brennen, Abschneiden oder Abbinden zerstört, mit dem natürlichen, nächsten Erfolge, dass sie gewöhnlich wieder hervorkamen und wiederum ähnlicher, schmerzhafter, grausamer Behandlung vergeblich unterworfen wurden, oder wenn sie sich ja auf diese Weise zerstören ließen, mit dem Erfolge, dass die Feigwarzenkrankheit, nachdem ihr das, für das innere Leiden vikarierende Lokal-Symptom geraubt worden, nun auf andre, und schlimmere Weise in sekundären Übeln zum Vorscheine kommt...”

Ich muss immer wieder feststellen, dass meine Patienten das Wort Lebenskraft durchaus richtig verstehen und oft ganz glücklich sind, dass z.B. Ausschläge plötzlich etwas Positives sein sollen.

Weiter erzählte mir meine Patientin: ab dem zwanzigsten Lebensjahr ständig Scheidenpilze, mit weißlichem Ausfluss und äußerst unangenehm riechend; sie hätte öfters Rückenschmerzen, so als ob sich unter dem rechten Schulterblatt die Muskeln zusammenziehen würden. Außerdem leide sie an einem Karpaltunnelsyndrom. Das seien für sie grausame Schmerzen, nachts, die Finger würden pelzig und taub, das hätte sie vor 4-5 Jahren rechts gehabt. Im November 2001 bekam sie deswegen eine Gipsschale, daraufhin sei es besser geworden. Weiter habe sie noch so komische weiße Flecken an den Beinen, die sich nicht bräunen im Sommer, überhaupt seien die Beine immer so schwer, und sie habe das Gefühl sie müsse sich immer strecken, weil auch eine Unruhe in ihnen stecke.

Über Befragung erfuhr ich von meiner Patientin noch Folgendes: Eine Gonorrhoe sei bei ihr nie diagnostiziert worden, sie hätte auch keinen Harnröhrenausfluss gehabt oder Sonstiges, eben “nur” diese Feigwarzen. Diese seien erstmalig im Mai 2001 entdeckt worden und sie wurden verätzt, aber ohne Erfolg. Daraufhin erfolgte die erste Operation im August 2001, die nächste Operation nach Wiedererscheinen im Januar 2002 und jetzt seien die Feiwarzen wieder da. Sie bluten leicht und “pieksen” bei Berührung. Das Aussehen beschrieb sie mir als blumenkohlartig und sie seien überall verteilt. In der Vagina, an den großen Schamlippen bis hin zum After!

Ihre Menses seien immer mit Rückenschmerzen, welche in die Leiste ziehen, verbunden, sowie mit schlimmen Krampfschmerzen. Ohne Tabletten ginge es nicht. Schmerzen seien sowieso für sie das Schlimmste, schon immer sei das so gewesen, sie bezeichnete sich als unglaublich wehleidig. Die Dauer der Menstruation betrage fünf Tage, wobei die Brust die ersten zwei Tage angeschwollen sei. Die Stimmung sei (vor allem während der Menstruation) von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt.

Manchmal leide sie auch an rissigen Mundwinkeln. Auch Fissuren am After seien schon öfter vorgekommen. Sie sei ein sehr verfrorener Mensch und leide öfters an wirklich eiskalten Füssen, die durch nichts zu erwärmen seien. In Bezug auf Nahrungsmittelverlangen war in Erfahrung zu bringen, dass sie sehr gern Fisch und Meeresfrüchte esse. Auch Zwiebeln dürfen nirgends fehlen. Abneigung hätte sie gegen Innereien und gegenüber Saurem, wie Essig. Probleme mit der Verdauung habe sie keine. Sie vertrage auch alles zu essen. Außer einem Liter Kaffee am Tag trinke sie noch zwei Liter Wasser. Auf die Frage nach merkwürdigen Empfindungen oder Gefühlen sagte sie spontan, ja sie wisse genau was ich damit meine, sie traue es sich gar nicht so zu sagen, aber sie habe oft das Gefühl, als ob jemand hinter ihr stehe und müsse sich dann auch umdrehen und sich vergewissern und manchmal habe sie auch das Gefühl als ob sie jemand verfolge.

Allgemein reise sie sehr gerne. Sie sei sehr temperamentvoll und wenn sie wegen etwas glaube im Recht zu sein, so streite sie auch gerne. Angst habe sie eigentlich keine, außer vor Ratten graue ihr. Außerdem habe sie Angst dick zu werden. Sie könne auch nicht gut alleine sein. In ihrer jetzigen Beziehung mit einem 15 Jahre älteren Partner sei sie sehr glücklich, auch wenn die Exfrau ihres Partners ihnen das Leben schwer mache wo sie nur könne, aber das hätten sie schon im Griff.

Es waren noch Kurzsichtigkeit (li. 0,75 Dioptrien und re. 1,25 Dioptrien) und eine Hornhautverkrümmung in Erfahrung zu bringen. Sie würde auch im Schlaf ganz fürchterlich mit den Zähnen knirschen.

Soviel zu den jetzigen Beschwerden.

Als Kind war sie sehr oft krank und häufig von Otitiden geplagt gewesen. Sie lief erstmalig mit 10 Monaten und als einzige Verhaltensauffälligkeit im Kleinkindalter wusste sie von dem Verlangen nach fetten Sachen und auch davon, mal so komische Steine und Sand und sonstiges Zeug gegessen zu haben. Sie hatte alle Kinderkrankheiten durchgemacht und einmal auch Würmer gehabt. An den Händen hatte sie mal viele Warzen, welche weggemacht wurden. An häufige Gelenkschmerzen könne sie sich noch gut erinnern. Bis 15 war sie total dürr, jetzt hat sie ein Gewicht von 89 kg, bei der Größe von 1,83 m.

Als Teenager wurde sie häufig von Erkältungen geplagt. Sie hatte auch rechtsseitige Migräne (zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr), welche immer mit Flimmern vor den Augen und geschwollenen Tränensäcken anfing und oft mit Erbrechen endete. Bei diesen Anfällen steckte sie auch mal den Kopf in die Gefriertruhe oder legte ihn auf die Fliesen, da Kälte immer Erleichterung brachte. Die Anfälle gingen einfach wieder weg und wurden damals nur akut mit Schmerzmitteln bekämpft.
Familienanamnese: Die Patientin konnte mir nur sagen, dass ihre leibliche Mutter taubstumm, der Vater unbekannt ist, und dass sie keine Geschwister hat. Sie ist ein Pflegekind gewesen und von einer 6-köpfigen Familie als Baby aufgenommen worden. Sie hat eine sehr gute Beziehung zu ihrer Pflegemama, welche sie selbst auch als echte Mama bezeichnet. Ihre leibliche Mutter hat sie einmal in Jugoslawien besucht, hat aber kein weiteres Interesse an der leiblichen Mutter.

Fallanalyse:

...

Literaturangaben:
Hahnemann, Samuel; Organon der Heilkunde; Auflage 6; Haug-Verlag; Heidelberg 1995
Hahnemann, Samuel; Die Chronischen Krankheiten Bd. 1; Haug-Verlag; Heidelberg; 1991
Jahr, G.H.G.; Ausführlicher Symptomenkodex; Bernd von der Lieth-Verlag; Hamburg 1997
Computerrepertorisation:
ComRep ML ; Franz Simbürger; Eching

Anschrift der Verfasserin:
Daniela Koronowski
Absolventin SHL
Rainweg 33
84164 Moosthenning



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