Betrachtung Mensch und Jahreslauf ...

Mensch und Jahreslauf – Gesundheit im Rhythmus der Natur

von Josef Karl

Die Menschen – und es waren in früheren Zeiten vorwiegend bäuerliche Menschen, die der Natur zwangsläufig nahestanden – mussten jahrtausendelang auf das Engste mit der Natur, der Jahreszeit, dem Wetter leben. Davon merken die Großstädter nicht mehr allzu viel: von der geheizten Wohnung ins geheizte Auto an den geheizten Arbeitsplatz. Wir sind verwöhnt und verlangen vom Fernseher und Radio, dass der Wetterbericht möglichst immer “schönes” Wetter ansagt. Dabei braucht die Natur Sonne und Regen, letzteres haben viele vergessen. Statt ständig Biergarten- und Grillwetter zu erwarten, sollte man sich besser auf die Jahreszeit und die tägliche Situation einstellen. Ist es an freien Tagen oder am Sonntag nur auf den Autobahnen schön und an Ausflugsorten? Mag niemand mehr es sich an einem Regentag zu Hause gemütlich machen? Hält’s niemand mehr in Ruhe im Zimmer aus, lesend beispielsweise? – Ich stelle diese Fragen, weil alles ringsum jammert, wenn mal “schlechtes” Wetter – sprich bewölkter Himmel oder Regen – vorherrscht!

Viel kann man von den alten Bauern lernen. Sie gehen bei ihrer Arbeit nicht nach dem gregorianischen Kalender, sondern nach der Natur und den sog. Lostagen: 25. Februar Frühjahrsbeginn; 25. Mai Sommeranfang; 25. August Herbstbeginn und schließlich der Eintritt des Winters am 26. November. Dies ist der meteorologische Kalender.

Nun wird man fragen: Aber was ist mit unserem heutigen astronomischen (= gregorianischen) Kalender und dem 21. März, dem 21. Juni, dem 21. September und dem 21. Dezember? Diese Daten neben Auskunft über die Tag- und Nachtgleichen sowie den längsten und den kürzesten Tag – und nicht über die wahren Jahreszeiten.

Nun darf niemand starr erwarten, dass es am 25. Februar schlagartig Frühling wird – das ist ja häufig auch an der astronomischen Tag-Nacht-Gleiche (21. März) nicht der Fall. Aber an der alten Bauernregel “Matthäus bricht das Eis” (24. Februar) ist viel Wahres. Man wird immer wieder sehen können – je nach Mond – dass um diesen Tag herum der Winter und die Kälte “brechen”. Nach altem katholischen Brauch ist St.-Petrus-Tag der folgende 25. Februar. Der Tag ist bereits länger geworden. Es liegt zwar noch Schnee, und es schneit und weht dazwischen auch immer wieder kräftig – und doch spürt jeder, dass der Winter keine große Chance mehr hat, er nicht mehr ernst genommen werden muss. Der Saft in den Bäumen ist längst am Steigen – und die Luft riecht an lauen Tagen trotz alle Rückschläge nach Frühjahr. Der März steht unmittelbar bevor, die Sonne gewinnt an Kraft! “Es ist Winter – aber die Knospen wissen es besser!”

Im Übrigen gingen (noch vor 100 Jahren) die Vorräte zu Ende, Nahrung wurde knapp, weniger zu essen war bei den einfachen und armen Leuten eine Notwendigkeit. Acht Tage von Buttermilch zu leben, das kenne ich noch von der Großmutter; Sauerkraut und der Saft davon: Nun war es an der Zeit, es aufzuessen und das Fass zu leeren. Im April folgte der Rest der Zwiebelvorräte; viel hineingeschnitten in ein Gemisch aus Kartoffeln mit kleingeschnittenen Löwenzahnblättern, angemacht mit Essig und Salatöl, Salz und Pfeffer. Das schmeckt so gut wie ein Kartoffelsalat mit Endivien im Herbst. Sauerkrautsaft kann man heute zur Frühjahrskur im Reformhaus kaufen, ebenso Brunnenkresse- und Brennnesselsäfte. Jedes frische genießbare Kräutchen kann man im April und Mai nutzen. Und wer einen eigenen Garten hat, nimmt Feldsalat und die frischen Triebe der Winterzwiebeln.

Der Sommer beginnt auch nicht am 21. Juni, sondern im Allgemeinen vier Wochen früher (man muss bedenken, dass zur Sommersonnenwende (!) die Lichtdauer bereits wieder abnimmt). Der eigentliche Sommeranfang ist der 25. Mai, der St.-Urban-Tag, benannt nach dem Schutzheiligen der Weinbauern (wir können in den traditionellen Weinländern am Rhein, in Franken und in Südtirol diesen viel verehrten Heiligen – Papst Urban I. regierte von 222 bis 230 – mit Mitra und Weintraube dargestellt sehen). Ende Mai wissen wir aus Erfahrung, dass es oft eine heiße Woche geben kann, wie bisweilen den ganzen Juni und Juli nicht mehr.

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Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Alpenstr. 25
82337 Penzberg



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