Entspannen lernen – Progressive Relaxation in der Behandlung von chronischen Schmerzen

von Tanja Rommel-Sattler und Thomas Welker

Im Zuge der immer häufigeren Diagnose von Schmerzkrankheiten gewinnen alte Werte neu an Bedeutung: Entspannung, Besinnung, Innehalten. Schmerzpatienten erleben aber täglich, dass entspannen leichter gesagt als getan ist, wenn der Körper vom Stressor Schmerz in permanenter Alarmbereitschaft gehalten wird. Interdisziplinäre Schmerztherapien suchen den Teufelskreis des chronischen Schmerzes auf mehreren Ebenen zu durchbrechen: medizinische Versorgung, Vermittlung psychologischer Entspannungsverfahren, Psychotherapie, Physiotherapie, Ergotherapie sowie passive Maßnahmen, zum Beispiel Massagen und Bäder.

Klassiker der psychologischen Entspannungsverfahren wie das Autogene Training des Psychiaters J. H. Schultz und die Progressive Relaxation (PR) des Physiologen Edmund Jacobson werden zu Recht wieder entdeckt und finden auch in diesem Bereich eine neue Anwendung. Gerade die seit 1930 existierende PR, auch Progressive Muskelentspannung oder Tiefmuskelentspannnung genannt, hat ihren Platz nicht nur in fast jedem populärwissenschaftlichem „Schmerzleitfaden“, sondern auch in vielen modernen Schmerztherapiekonzepten gefunden. Dies hat zwei Hauptgründe: zum einen ist die PR ein leicht zu erlernendes Verfahren, zum anderen ist ihre Wirksamkeit mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Dies setzt allerdings eine genaue Kenntnis der Methode und ein einfühlsames Umgehen in der Vermittlung voraus.

„Hilfreich ist die "Relaxing response" auch bei jeder Form von Schmerz“ schreiben Gröninger und Gröninger-Stade (1996) in ihrem Standardwerk  „Progressive Relaxation“. „Sie durchbricht den Teufelskreis Schmerz – Aufregung über den Schmerz – Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin – dadurch Herabsetzen der Schmerzschwelle – noch mehr Schmerz und so weiter. Spannungskopfschmerzen lassen sich fast vollständig durch Entspannung heilen.“

Fallvignette – Patientin mit kombinierten Migräne- und Spannungskopfschmerzen

Spannungskopfschmerz & Migräne

Schmerz

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Literatur:
- Bernstein, D., Borkovec, Th., 1973, 2000 9. Auflage, Entspannungstraining, Pfeiffer, Stuttgart.
- Gendolla,-A.; Pageler,-L.; Diener,-H.-C., 1998, Migräne: nichtmedikamentöse Verfahren Kosten und Erfolg
- Gröninger, S, Gröniger-Stade, 1996, Progressive Relaxation, Pfeiffer, München.
- Hall J; Skevington SM; Maddison PJ; Chapman K., 1996, A randomized and controlled trial of hydrotherapy in rheumatoid arthritis.
- Jacobson, E., Entspannung als Therapie, 1996 3. Auflage, Pfeiffer, München.
- Kröner-Herwig B; Mohn U; Pothmann R, 1996, Comparison of biofeedback and relaxation in the treatment of pediatric headache and the influence of parent involvement on outcome.
- Kröner.B. 1987, Aktivierungsreduktion als Wirkvariable bei der Relaxationstherapie chronischer Kopfschmerzen? In: Gerber, Miltner, et al. Verhaltensmedizin: Ergebnisse und Perspektiven interdisziplinärer Forschung
- Kraaimaat,-F.-W.; Brons,-M.-R.; Geenen,-R.; Bijlsma,-J.-W.-J., 1995, The effect of cognitive behavior therapy in patients with rheumatoid arthritis, rheumatische Arthritis
- Paul, G. L., 1969, Physiological effects of relaxation training and hypnotic suggestion. Journal of Abnormal Psychology 74, 425-437
- Rehfisch, H.-P., 2001, Biofeedback: Körperliche Reaktionen beim Entspannung, Zeitschrift für Entspannungsverfahren Heft 18,
- Sammer U., 1997, Halten und Loslassen, Walter, Zürich & Düsseldaorf.
- Sartory,-G.; Mueller,-B.; Metsch,-J.; Pothmann,-R., 1998, Ein Vergleich psychologischer und pharmakologischer Behandlung von Migräne im Kindesalter, Migräne im Kindesalter
- Schulz, W., Seiwert, M., 1982, Psychotherapeutische Behandlung von Kopfschmerzen in: Howe, Therapieformen im Dialog. München.
- Schumacher, H. L., 1996, Psychologische Schmerzbewältigung in der stationären Rehabilitation. Degenerativ – rheumatischen (nichtentzündlichen) Erkrankungen
- Schumacher, H. L., 1997, AT oder PR in der psychologischen Schmerzbewältigung? Degenerativ-rheumatischen (nichtentzündlichen) Erkrankungen
- Sherman JJ; Carlson CR; McCubbin JA; Wilson JF, 1997, Effects of stretch-based progressive relaxation training on the secretion of salivary immunoglobulin A in orofacial pain patients
- Welker, T., 2002, Progressive Relaxation in der Ausbildung, unveröfffentlichte Ausbildungsunterlagen, München.

Anschrift der Verfasser:
Tanja Rommel-Sattler
D.E.S.S. Psychologin (Université Paris X)    
Reutterstr. 22
80687 München
Tel. 089 - 589 99 61
Thomas Welker
Dipl.-Psychologe
Römerstr. 21
80801 München
Tel. 089 - 33 69 57



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