Inzwischen wird das Wissen über chinesische Medizin quasi als Katalogware angeboten. Zehntausende von Ärzten, tausende von Heilpraktikern besuchen alljährlich die von zig Fachgesellschaften angebotenen Kurse. Renommierte Verlage veröffentlichen Bücher zur TCM, Studien zur Wirkungsweise der Akupunktur werden mit hunderttausenden von Probanden durchgeführt. Das von einem Köhnlechner und Hacketal in den siebziger Jahren der Patientenwelt nahegebrachte fernöstliche Heilsystem ist auf dem Weg der Etablierung, auf dem Weg ins Establishment von Universitäten und Naturwissenschaft. Es werden immer mehr und mehr Antworten gegeben –ohne dass erst Fragen gestellt werden – eine möglicherweise durchaus die fruchtbare Neugierde erstickende Entwicklung.
Und wie es so ist, wenn Erkenntnisse und Erfahrungen aus der anheimelnden Welt vieler Naturheilpraxen an das grelle Licht der Öffentlichkeit kommen, so erheben sich dann die gelegentlich selbsternannten Gutachter aus der Wissenschaftswelt. Aus den Reihen der an unseren Universitäten gelehrten Medizin werden Kriterien aufgestellt für die Wahrheit des Heilens mit Akupunktur, Moxibustion und Arzneimitteln vielfältigster Art. Die Ergebnisse von Studien werden wie ein Damoklesschwert zitternd erwartet.
Die moderne westliche Medizin vergisst dabei nur zu gerne, dass sie selbst ein Kind der modernen „Natur-„ Wissenschaften ist, dass sie selber – ein immer noch nicht erwachsen gewordenes Kind- vor allem nach Anerkennung durch ihre Eltern Chemie, Mechanik und Physik lechzt. Behutsam wagen sich ab und an Stimmen hervor, die kundtun, dass nun tatsächlich die Gleichung „Medizin=Wissenschaft=Naturwissenschaft“ so nicht stimmt – selbst wenn man davon ausgeht, dass die moderne Medizin wirklich harten naturwissenschaftlichen Kriterien standhalten kann..
Denn nur die Naturwissenschaft untersucht Kausalitäten, nur sie postuliert und versucht Ursache-Wirkungsgesetze, also Naturgesetze zu beweisen.
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Andreas A.Noll
Vorsitzender der AGTCM
E-Mail: noll@agtcm.de
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