Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Autoimmunerkrankungen: Schönlein-Henoch-Vasculitis

von Heike Ibach

Im Folgenden möchte ich den Fall einer Schönlein-Henoch-Vasulitis beschreiben. Es handelt sich bei diesem Krankheitsbild um eine rheumatoide Purpura. Meist sind die kleinen Gefäße der Haut, des Magen-Darm-Traktes und der Nieren betroffen.
Erkrankungsbeginn ist meist schon im Kindesalter; die Ätiologie ist unklar. Oft tritt die Erkrankung nach Impfungen oder Infektionskrankheiten auf.

Begleitet wird die Hämorrhagie von abdominellen Schmerzen, Arthritis und Glomerulonephritis.

Die 23jährige Patientin kommt in die homöopathische Sprechstunde, nachdem sie jahrelang mit Cortison behandelt wurde.
Sie kennt die Beschwerden schon seit der Pubertät mit zwei bis drei Schüben jährlich. Die Anfälle beschreibt sie wie die eines grippalen Infektes, mit Fieber bis 40 °C und Schüttelfrost. Es dauert dann mehrere Wochen bis sie sich wieder erholt hat. Beschwerlich sind stechende Schmerzen in den Gelenken und die Gelenksteifigkeit. Sie testet ihren Urin regelmäßig mit Urinteststreifen auf Eiweiß und Blut. Beide Werte sind bei den Krankheitsschüben deutlich erhöht.
Bei ihrer ersten Vorstellung an der Universitätsklinik wurde der Verdacht auf Lupus erythematodes geäußert, nach der letzen Untersuchung hieß die Diagnose Morbus Schönlein-Henoch.

Bei der Erstanamnese berichtet die Patientin, dass sie sehr viel friere, selten schwitze und vor allem an den Ohren sehr kälteempfindlich sei.
Nach einem Krankheitsschub, von dem sie sich nur sehr langsam erhole, sei sie besonders müde, aber auch sonst leide sie unter großer Müdigkeit.
Auch in der beschwerdefreien Zeit sind in ihrem Urin 50 Erythrozyten/ul nachweisbar. Dieser Wert bessert sich unter der Cortisontherapie auf 5-10 Erys/ul.
Sie neigt zu Abszessen am Gesäß, in den Leistenbeugen und am Rücken, weiterhin hat sie immer mal wieder einen Herpes labialis. Sie erzählt, dass ihre Wundheilung schlecht sei. Bei Blutentnahmen blute sie lange nach und seit ca. acht Jahren sei ihr aufgefallen, dass sie schnell blaue Flecken bekomme.
Was sie außerdem störe sei ihr Haarausfall. Früher habe sie ganz volles Haar gehabt. Wie ich sehen kann, ist ihr Haar mittlerweile recht dünn.
In der rechten Brust hatte sie einen gutartigen Knoten, der operativ entfernt wurde.
In Bezug auf ihre Ess- und Trinkgewohnheiten und auf ihr Verdauungssystem ist Folgendes zu sagen: Sie sagt, sie trinke gerne Cola und warme Milch. Appetit kenne sie schon lange nicht mehr. Sie habe auch keinen Hunger, hat jedoch seit der Cortisontherapie an Gewicht zugenommen. Auf fettes Essen bekomme sie schnell Durchfall. Ihr Stuhlgang sei wechselhaft, teilweise hart, manchmal durchfällig.
Über ihre Menstruation berichtet sie, dass sie pünktlich alle 28 Tage komme, fünf Tage andauere und sie vor den Tagen an Unterleibsschmerzen leide.
Zu ihrem Gemüt notiere ich mir, dass sie aufgeschlossen, freundlich und gesprächig ist. Sie bezeichnet sich als harmoniebedürftig, verletzlich und phantasievoll.

Zur Familienanamnese: Ihr Bruder hat eine Schrumpfniere, neigt zur Hypertonie und leidet unter häufigem Nasenbluten. Sie schlägt ihrer Oma mütterlicherseits nach, die unter Asthma litt.
Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine stark weiß belegt Zunge auf.

Folgende Symptome nahm ich zur Repertorisation:
Müdigkeit
Appetitlosigkeit
Haarausfall
Knoten in der Mammae
Neigung zu blauen Flecken
Blut im Urin
Eiweiß im Urin
stechende Gelenkschmerzen
weißer Zungenbelag
Wunden heilen schlecht
Wunden bluten lang
(Repertorisation I - siehe Naturheilpraxis 04/2003)

Verordnung:
Phos Q6; 2 Tropfen in 100 ml Wasser, davon 1-3 Teelöffel einnehmen, täglich.
Die Patientin hat nach Absprache mit ihrem Arzt das Cortison abgesetzt.

Nach der achten Gabe berichtet sie: Die Müdigkeit und das Krankheitsgefühl seien etwas stärker, im Urin sind immer noch 50 Erythrozyten/ul, sie hätte Gliederschmerzen und Gelenksteifigkeit. Diese anfängliche Verschlechterung kommt vermutlich durch das Absetzen des Cortisons, ich erhöhe die Dosis auf 5 Tropfen in 100 ml Wasser, davon soll sie 2 Teelöffel einnehmen.

Nach der 22. Gabe höre ich wieder von ihr. Nun fühlt sie sich wohler, sie kann ihre Finger besser bewegen, der Appetit nimmt zu, die Neigung zu blauen Flecken und die Anzahl der Erythrozyten im Urin gehen zurück.

Die Behandlung wird fortgeführt mit weiteren acht Gaben Phos Q6, dann kommt Phos Q9 10 Tage 5 Tropfen in 100 ml Wasser, davon 4 Teelöffel, dann 10 Tage 7 Tropfen in 100 ml Wasser, davon 4 Teelöffel.
Sie berichtet, dass ihr Appetit gut sei und sie keine Gelenkschmerzen habe. Die Phosphor-Gaben werden mit der Q12, Q15 und Q18 fortgeführt.

Sechs Monate nach Behandlungsbeginn kommt es zu einem kurzen Krankheitsschub, von dem die Patientin mir allerdings erst zwei Wochen später in der Praxis erzählte, als die schlimmsten Beschwerden schon wieder etwas abgeklungen waren.

Der Schub ging einher mit Krämpfen im Abdomen, Anstieg der Erythrozytenzahl auf 250/ul, großer Müdigkeit, Schlappheit, allgemeiner Lustlosigkeit und Rückenschmerzen. Zum ersten Mal während eines Schubes hatte sie keine Gelenkschmerzen und auch kein Eiweiß im Urin. Kurz davor hatte sie einen Lippenherpes. Mir fiel bei der körperlichen Untersuchung ein deutlich grauer Zungenbelag auf.

Da sie noch immer unter großer Müdigkeit leidet und die Symptome noch nicht ganz abgeklungen sind, repertorisiere ich erneut und verordnete ihr Acid.-phosphoricum Q6 5-7 Tropfen in 100 ml Wasser, davon soll sie 2-4 Teelöffel einnehmen.
(Repertorisation 2 - siehe Naturheilpraxis 04/2004)

Nach zwei Wochen ist die Müdigkeit deutlich besser. Sie bekommt weiter Acid.- phos. Q9, daraufhin bessern sich ihre Urinwerte auf 5-10 Erythrozyten/ul, was sonst nur unter Cortison möglich gewesen war.

Die Gelenkschmerzen sind verschwunden. Sie wird von mir wegen ihrer Abszessneigung mit Hepar sulfuris weiterbehandelt.

Die Symptome der Schönlein-Henoch-Vaskulitis sind bis auf eine geringe Spur an Erythrozyten im Urin verschwunden.
Die Nachbeobachtung dauert über ein Jahr, es sind keine weiteren Schübe mehr aufgetreten, sie braucht kein Cortison mehr, der Patientin geht es gut.

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Anschrift der Verfasserin:
Heike Ibach
Absolventin SHL
Wessenbergstr.8
78462 Konstanz
Tel. 07531 - 91 55 34



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