Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Yi Lun – Über das Klassische

Über das Klassische

Seit Jahrzehnten führt die AGTCM in ihrem Namen zwei Begriffe, die recht wenig reflektiert benutzt werden: “Klassische” Akupunktur und “Traditionelle” Chinesische Medizin. Während letzterer Terminus hier zunächst einmal abgetan werden soll als die irreführende Übersetzung des chinesischen Zhong Yi für ein in den 50ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts konstruiertes volksrepublikanisches Konglomerat aus praktisch-materialistischen wie empirisch-pragmatischen heilkundlichen Modellen. Aber das „Klassische” – das soll an dieser Stelle ein wenig hinterfragt werden.

Der Begriff beinhaltet vor allem, dass man sich auf “Klassiker” beruft. Er suggeriert darüber hinaus auch eine unzweifelhaft grundlegende, nahezu unumstößliche Bedeutung eines schriftlich niedergelegten Textes. Via Expertenurteil wurden im Laufe der letzten Jahrtausende zahlreiche Texte zu Klassikern deklariert. Mal geschah dies auf höchsten Beschluss von Kirchenvätern und anderen religiösen Führern, die heilige Schriften kanonisierten und zur Basis von Geistes- und Gewissenswelt machten. Aber es geschah auch durch selbsternannte Hüter der Kultur, wie es beim Kanon der deutschen Literatur durch Marcel Reich- Ranitzki vor einiger Zeit (mit dem Kanon der deutschen Literatur) zu beobachten war. Ein so als solcher deklarierter Klassiker ist immer ein imaginärer “Meilenstein” in der kulturellen Entwicklung, somit aber auch gleichermaßen Produkt wie Konstruktionsmaterial seiner Epoche. Soll heißen, dass jeder Klassiker im Kontext seiner Zeit und seiner Entstehungsgeschichte (diachron) aufgefasst werden sollte. Dieses ein wenig im Widerspruch zu der o.g. Unumstößlichkeit eines “Kanons”.

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Andreas A. Noll, 1. Vors. der AGTCM



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Naturheilpraxis 3/2004