Pflanzendarstellungen der Photographin Conny Heyer:

Die Natur ist weiblich

von Peter Germann

“Das Kunstwerk ist grundsätzlich immer reproduzierbar gewesen. Was Menschen gemacht hatten, das konnte immer von Menschen nachgemacht werden...
Demgegenüber ist die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerkes etwas Neues, das sich in der Geschichte intermittierend, in weit auseinanderliegenden Schüben, aber mit wachsender Intensität durchsetzt...
Mit der Photographie war die Hand im Prozess bildlicher Reproduktion zum erstenmal von den wichtigsten künstlerischen Obliegenheiten entlastet, welche nunmehr dem ins Objekt blickenden Auge allein zufiel.”
Walter Benjamin – Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1931 / 1937)

“Nur wenige Photographen des 20. Jahrhunderts haben so große internationale Anerkennung erfahren wie Karl Blossfeld (1865 – 1932).
Das universale Motiv der Pflanze wählte er zum Gegenstand seines photographischen Schaffens und präsentierte es in klaren, streng komponierten Lichtbildern unverwechselbarer und einprägsamer Art.”
Hans Christian Adam – Karl Blossfeld (2001)

Fotografie hat seit Langem einen festen Stellenwert im Bereich der Kunstszene. Die im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert immer mehr für kreative Zwecke genutzte Technik zeigt unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten. Auf der einen Seite nimmt sie alle Objekte des Blickfeldes mit gleicher Schärfe und Intensität auf und entzieht sich so der optisch selektiven Wahrnehmung. Das Hauptmotiv hat den gleichen Stellenwert wie Banalitäten. Die in der Malerei hervorgehobenen Fakten zu Gunsten der Nebensächlichkeiten bleiben bei dieser Darstellungsform aus.

Auf der anderen Seite kann mit Licht gespielt, durch Blendenregelung die Tiefenschärfe beeinflusst und mit Linsenmanipulation bis hin zu reinen Farb- und Formverläufen gearbeitet werden.

Conny Heyer, fünfzigjährig und wohnhaft in Selm im Münsterland, hat seit ihrer Schulzeit starkes Interesse an kreativem, künstlerischem Ausdruck. Nach Zeichnen- und Malausbildung bei Otto Bahrenburg, Studium von Tanz und Gesang, Improvisationstheater und Mitarbeit an der Kunstschule Unna, kristallisierte sich seit 1979 ein starkes Interesse an fotografischer Arbeit heraus. Am Anfang lag die Aufmerksamkeit besonders im Natur- und Portraitaufnahmenbereich, seit Ende der achtziger Jahre wurde das Hauptwirken immer mehr auf die Makrofotografie gelegt. Damit steht sie in der Tradition der Pflanzenfotografie eines Karl Blossfeld, ihre Werke stellen sich aber nicht in der streng grafischen Form wie seine dar. Dazu kommt bei Heyer auch das Medium der Farbe, welches die Formgebung unterstützt oder ihr entgegen läuft.

“Ungewöhnliche Details lassen Alltägliches rätselhaft und geheimnisvoll erscheinen”, sagt Conny Heyer, “das Normale eröffnet neue Dimensionen und Phantasien, lässt das Große im Kleinen sichtbar werden.”
Im Gegensatz zu Blossfeld sind all ihre Fotos in der freien Natur entstanden und nicht im Licht des Ateliers. Auch Hintergrundveränderungen durch farbige Pappen oder Papiere, damit das Augenmerk nur auf den im Vordergrund dargestellten Gegenstand gelenkt wird, lehnt Conny Heyer ab.

Alle Fotos sind Momentaufnahmen und als gleiche Situation nicht wiederholbar. Auch die Manipulationen beim Abzug bleiben aus, trotzdem sind die Reproduktionen vom gleichen Negativ individuell und einzigartig in ihrer Farbgebung.

Die Natur ist weiblich – die Weiblichkeit stellt sich in Form und Kolorit in der Schöpfung immer wieder dar. Pflanzen fallen durch ihre verschwenderische Farbgebung und Vielgestaltigkeit auf. Das Yang, der männliche Anteil, zeigt sich im Samen und gibt informativ die Formgebung vor – es stellt das Bildungssignal dar, ist der Planer oder Architekt. Die gesamte Umsetzung, sprich die Wachstums- und auch Vergangsphase, ist weiblich und wird vom Yin geprägt. So ist es nach der Signaturenlehre auch nicht verwunderlich, dass sich Pflanzen, vor allem in der Makrodarstellung, immer wieder im weiblichen Kontext zeigen: weiche Linienführungen sowie lippen- und versteckt trichterförmige Formgebungen.

Die Aufgabe, die Weiblichkeit in der Natur, speziell im Bereich der Pflanzenformen mittels Makrofotografie darzustellen, hat sich Conny Heyer zur Aufgabe gemacht. Ihre Werke zeigen Sinnlichkeit, lassen teilweise im dargestellten Detail die Pflanze nur rudimentär erahnen.

Auf dem “I. Dortmunder Phytotherapietag” stellte die Photographin ihr Pflanzenwerk dar. Die Sanara-Fachschule hat für vier weitere Wochen die Ausstellung auch dem nicht naturheilkundlichen Publikum zugänglich gemacht.

Für Informationen oder Fragen zu geplanten Ausstellungen:
Conny Heyer, Tel.: 02592 / 919 99 13
oderwww.kuenstlerischefotografie.de

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Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Heilpraktiker
Köln-Berliner-Str. 9
44287 Dortmund-Aplerbeck



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