Betrachtung

Ein Ausschnitt aus einer fränkischen Wiese:

Albrecht Dürers „Rasenstück“ wird 500 Jahre alt

von Peter Germann

Es ist 500 Jahre her, dass ein Stück fränkische Wiese Kunstgeschichte geschrieben hat. Sie nimmt in Dürers Pflanzenstudien einen ganz besonderen Platz ein. „Das große Rasenstück“ befindet sich heute im Besitz der „Albertina“ in Wien und ist, zusammen mit vielen anderen Dürerzeichnungen, Ende des 16. Jahrhunderts von Kaiser Rudolf II. erworben worden.

Die Familie Dürer kam aus Ungarn nach Nürnberg. Sie stammten aus dem kleinen Dorf Aitós, was „Tür“ bedeutet. So nannte sich Albrecht Dürers Vater nach seinem Herkunftsort „Türer“, und der Maler selbst benutzte ja auch das Torsymbol in der Anordnung seiner Initialen A.D. Wer allerdings die fränkische Betonungsweise kennt kann nachvollziehen, dass die Schreibweise von „T“ und „D“ doch eher als „desolat“ einzustufen ist. Hier kommen Nachfragen vor wie scharfes oder weiches „T“ oder „B“. Aus einem „Paket“ wird schnell ein „Bagedd“, aus der „Post“ die „Boschd“ – und aus „Türer“ wird „Dürer“.

Ich habe heute noch Schwierigkeiten meine Schwiegermutter, eine Urfränkin, zu verstehen, wenn sie aufgeregt etwas erzählt!

Im Mai 1471 wird als drittes Kind der Sohn Albrecht geboren und geht nach dem Besuch der Lateinschule in die Goldschmiedelehre beim Vater. Es folgen Ausbildung in der Malerwerkstatt von Michael Wolgemut, Wanderschaften und Italienreisen. Zurückgekehrt nach Nürnberg kommen Aufträge des Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen, Altararbeiten, die weltberühmte Holzschnittfolge der Apokalypse sowie Tätigkeiten für Kaiser Maximilian I. Am 6. April 1528 stirbt Albrecht Dürer, so dass 2003 nicht nur sein „Rasenstück“ 500 Jahre als wird, sondern sich auch sein Todesjahr zum 475. Male jährt.

Der Dürerexperte Fritz Koreny nennt das 41 x 31,5 cm große Aquarell ein Meisterwerk botanischer Genauigkeit. Anna Scherbaum beschreibt das Jahr 1503, was Tier- und Pflanzenstudien anbelangt, als „Annus mirabilis“, eine künstlerisch besonders produktive Phase im Schaffen des Malers.

...

Auffallend sind vor allem die Gräser. Sie sind zu identifizieren als:

– blühendes Rispengras (Poa pratensis L.),
– breitblättriges Knäulgras (Dactylis glomerata L.)
– und Straußgras (Agrostis stolonifera L.).

Weiterhin sind zu sehen:

– ein verblühter Löwenzahn (Taraxacum officinale WEB. S.L.),
– ein Ehrenpreis (Veronica chamaedrys L.),
die Rosetten vom Gänseblümchen (Bellis perennis L.),
– der Breitwegerich (Plantago major L.),
– das grazile Blatt der Schafgarbe (Achillea millefolium L.),
– die Bibernelle (Pimpinella saxafragia L.)
– sowie ein Rautengewächs.

Literatur:
André Deguer: Albrecht Dürer
Stadt Nürnberg: Der Rasen wird 500
Hans Sperber: Geologisch-botanische Streifzüge durch Nordbayern
Leonhardt Fuchs: New Kreüterbuch
Mannfried Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen
Max Wichtl: Teedrogen
Peter Germann: Der Isenheimer Altar (Naturheilpraxis 04/2000)

Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Heilpraktiker
Köln-Berliner-Str. 9
44287 Dortmund-Aplerbeck



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 1/2004

Naturheilpraxis 1/2004