Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Homöopathie und Neurodermitis - Eine Falldarstellung aus der Praxis

von Kyra Schweickhardt

Ende August 2002 werde ich um acht Uhr abends zu einem Hausbesuch gerufen. Der Patient N.G. (Name geändert) ist ein 11 1/2-jähriger Junge, 1,40 m groß und hat ein Gewicht von ca. 30 kg. Er hat blonde Haare und ist von Gestalt schlank. Seine Mutter und seine kleine Schwester sind bereits bei mir in Behandlung. Die Mutter berichtet, dass N.G. vor Schmerzen schreie, weshalb sie noch so spät angerufen habe.

Akutanamnese (28. August 2002)

Die kurze Anamnese und Untersuchung ergibt folgenden Befund: N.G. klagt über Kopfschmerzen, die anfallsweise kommen und gehen, sie treten am Hinterkopf auf und ziehen zum Scheitel. Er war am Nachmittag im Kino gewesen; da er relativ weit vorne sitzen musste, hatte er den Kopf dort überstreckt. Er hat seitdem Halsschmerzen mit Schmerzen beim Schlucken, die Tonsillen sind gerötet und geschwollen, v.a. links (die Zunge ist ohne Befund). Seine Pupillen sind vergrößert, die Augen gerötet, er hat kein Fieber (Temperatur 37,5 °C). In der Nacht hatte er um 6 Uhr früh spontan Nasenbluten; dieses habe er öfter. Nachmittags auch Brechreiz und Bauchschmerzen, jetzt nicht mehr. Der Patient ist weinerlich und schreit vor Schmerzen.

Verordnung: Bell Q6 (Homöoden), 3 Tr. 1 TL (3 Tropfen Belladonna in 100 ml Wasser, 10-mal umrühren, davon 1 Teelöffel einnehmen) eine Gabe sofort, evtl. nächtliche Gabe und am kommenden Morgen je eine Gabe einnehmen.

Kontrolle am 29. August 2002, 9:45

N.G. kommt am folgenden Vormittag in meine Praxis. Die Mutter berichtet, dass sein Gemüt wieder ausgeglichener sei, er aber in der Nacht unruhig geschlafen habe. Um 4 Uhr und zwischen 6 und 7 Uhr hatte er erneut spontanes Nasenbluten. (Blut hell, nur aus dem rechten Nasenloch). Er hat in der Nacht mehr geschwitzt als sonst (Temperatur: 37,5 °C). Der Kopfschmerz hat aufgehört, Halsschmerz und Schluckbeschwerden sind eher schlechter (Hals gerötet, rechts weißes Eiterstippchen); Wärme bessert die Halsschmerzen.

Der Patient berichtet noch, dass er im Frühjahr Scharlach gehabt habe, das mit Antibiotika behandelt worden war. Ansonsten habe er als chronische Beschwerde Hautausschläge.

Ich verordne weiterhin Bell Q6, 3 Tr. 1 TL, dreimal täglich und möchte ihn am Nachmittag noch einmal in den Rachen sehen.
Am Nachmittag desselben Tages (29. August 2002, 17:40) ist die linke Mandel stärker geschwollen als die rechte, mit Eiterstippchen, der Hals immer noch gerötet; links im Hals “Gefühl wie ein Fremdkörper/Stein beim Schlucken”. Die Schluckbeschwerden sind besser als morgens (Temperatur 37,6 °C). Um 12 Uhr mittags trat erneut Nasenbluten auf. Der Kopfschmerz kommt nur noch bei Liegen auf harter Unterlage. Bei dieser Visite erfahre ich, dass N.G. gerne Süßes isst.

Verordnung: Bell Q6, 3 Tr. 1 TL abends und am nächsten Morgen

Am nächsten Tag (30. August 2002, 19:00) untersuche ich N.G. noch einmal: Der Rachen ist noch gerötet, aber der Eiter ist weg. Seit 12:00 am Vortag ist kein Nasenbluten mehr aufgetreten.
Verordnung: Mercurius Q6 (Homöoden) direkt unter die Zunge zum Ausheilen

Drei Tage später (2. September 2002) hat N.G. immer noch kein Nasenbluten gehabt, die Halsschmerzen sind verschwunden. Wegen seiner chronischen Beschwerden (Nasenbluten, Hautausschläge) rate ich zu einer chronischen Behandlung. Am 23. Oktober 2002 berichtet N.G.s Mutter, dass ihm am folgenden Tag ein gesunder Zahn zur Kieferregulierung extrahiert werden soll. Ich verordne dazu Arnica D6 (aus der Hausapotheke der Mutter), zweimal täglich sind drei Globuli einzunehmen.
Im November lässt sich die Mutter einen Termin für eine Erstanamnese sowie einen Fragebogen (Werner Dingler Verlag) für N.G. geben. Er hat seine leibliche Mutter als Säugling verloren und ist seit September 2002 deswegen in psychotherapeutischer Behandlung. Begleitend wünscht seine Mutter eine homöopathische Konstitutionsbehandlung. Seine Hauptbeschwerde sind Neurodermitis sowie heftige Wutanfälle. Er stehe am Beginn der Pubertät.

Erstanamnese (23. November 2002)

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Dingler, Werner: Fragebogen für Kinder, 24 Seiten. Konstanz (Werner Dingler Verlag) 2002.
Kent, James T.: Kent’s Repertorium, Band 1-3. Heidelberg (Haug) 8 1985.
Mezger, Julius: Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Band 2. Heidelberg (Haug) 11 1995.
Phatak, S. R.: Homöopathische Arzneimittellehre. Göttingen (Burgdorf) 1998.
Repertorisation mit Computersystem ComRep ML, Kent und Complete-Repertorium; Dipl.-Ing. F. Simbürger, Eching

1) Samuel Hahnemann: Die chronischen Krankheiten, Band 1, S. 58ff. 5., unveränd. Nachdruck der Ausgabe letzter Hand; Heidelberg (Haug) 1991.
2) Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst, § 203. 6. Aufl.; Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1921; Heidelberg (Haug) 1988.
3) Samuel Hahnemann: Die chronischen Krankheiten, Band 1, S. 138

Anschrift der Verfasserin:
Kyra Schweickhardt
Heilpraktikerin
Praxis für Klassische Homöopathie
Heinrich-Heine-Str. 11
69221 Dossenheim
E-Mail: md.ks@t-online.de
Internet: md.ks.bei.t-online.de/praxis



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