Mißbrauchserfahrungen in der Kindheit und Jugend: Hypnotherapie bei Frauen

von Agnes Kaiser Rekkas

Patientinnen mit Missbrauchserfahrungen und daraus resultierenden posttraumatischen, dissoziativen Identitätsstörungen stellen höchste Ansprüche an die Psychotherapie, und ihre Dramatik berührt den Therapeuten besonders tief. Welche Qual bergen ihre Worte, welchen Hilferuf offenbart die Frage: „Weißt du, wie das ist, wenn ...?“

„Ich weiß auch nicht so recht, was mit mir los ist. In diesen Tagen kommt soviel Altes in mir hoch, und das tut so schrecklich weh, und ich kann einfach nichts dagegen machen, all diese Erinnerungen treffen mich ohne Vorwarnung, aus heiterem Himmel.

Zum Beispiel, wenn ich arglos meinen Kindern beim Spielen zuschaue – Erinnerungsblitze durchzucken mich.

Zum Beispiel, wenn ich einfach im Haushalt etwas tue, besonders in der Waschküche – Erinnerungsblitze treffen mich.

Zum Beispiel, wenn mein Mann mich berührt – Erinnerungsblitze durchlaufen mich.

Ich hasse mich und meinen Körper, ich hasse mich dafür, dass ich nicht abstellen kann, was immer und immer wieder wie ein Film vor meinem inneren Auge abläuft, und dass ich mich selbst immer wieder ausklinke.

Weißt du, wie das ist, wenn du einfach aus deinem Körper herausschlüpfst? Und dann sehe ich eine fremde Frau, die mit meinen Kindern schmust und ihnen Liebe gibt, die ich ihnen gerne geben möchte. Und ich bin nicht da, ich schaue aus meinem Versteck zu und kann nicht hingehen und mich auf diese wunderbare Liebe einlassen. Und ich hasse diese Person dort, die ich doch selber bin und auch wieder nicht, denn ich bin ein Zuschauer aus weiter Ferne.

Weißt du, wie das ist, wenn du einfach aus deinem Körper herausschlüpfst? Und dann sehe ich einer anderen Person bei der Hausarbeit zu, wie sie die Wäsche in die Waschmaschine einlädt, weil ich dies nicht kann, weil so schreckliche Schmerzen mich dabei überkommen. Und ich bin nicht da, sondern schaue aus meinem Versteck zu und kann nicht gehen, um meine Pflichten wahrzunehmen und mich einzubringen. Und ich hasse diese Person dort, die ich doch selber bin und auch wieder nicht, denn ich bin ein Zuschauer aus weiter Ferne.

Weißt du, wie das ist, wenn du einfach aus deinem Körper herausschlüpfst? Und dann schaue ich einer anderen Person zu, die mit meinem Mann schmust, scheinbar ohne Probleme. Und ich bin nicht da, ich schaue aus meinem Versteck zu und kann nicht geben, was ich gerne geben möchte. Und ich hasse diese Person dort, die ich doch selber bin und auch wieder nicht, denn ich bin ein Zuschauer aus weiter Ferne.

Ich bin viele Personen in einer Person. Ich suche mich, unter all den vielen Personen suche ich mich, ich suche mich.

Jetzt sag du mir: Bin ich verrückt oder was??

...

Literatur:
E. Bass/L. Davis(1990): ‘Trotz allem’, Orlanda Frauenverlag
Bongartz und Bongartz(1998): &Mac226;Hypnosetherapie’, Hogrefe Verlag
Phillips, M. u. Frederick, Cl. (1995): &Mac226;Healing the divided self’, Clinical and Ericksonian Hypnotherapy for Post-traumatic and Dissociative Conditions, Norton, New York, London
Phillips, M. u. Frederick, Cl. (2003): Arbeitstitel: &Mac226;Integration des Selbst’, obiges Buch zur Zeit in Übersetzung bei Carl Auer Systeme (sehr empfehlenswert!!)
Kaiser Rekkas, A. (2001, 2. Aufl.): Klinische Hypnose und Hypnotherapie – praxisorientiertes Lehrbuch für die Ausbildung, Carl Auer Systeme
Kaiser Rekkas, A. (2001): Die Fee, das Tier und der Freund, Hypnotherapie in der Psychosomatik’, Carl Auer Systeme
Madanes, Cloe (1997): Liebe, Sex und Gewalt, Carl Auer Systeme
Middendorf, Ilse (1991, 7. Aufl.): Der erfahrbare Atem, Junfermann
Perren-Klingler, G., (2001): ‘Posttraumatische Belastungsstörung’ in Revenstorf und Peter: &Mac226;Hypnose in der Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin, Springer

Anschrift der Verfasserin:
Dr. rer. biol. hum. Agnes Kaiser Rekkas
Dipl. Psychologin, psychologische Psychotherapeutin
Deutsche Gesellschaft für Hypnose(DGH), Ausbildungszentrum Süd
Chorherrstr.4
81667 München
Tel.: 089 - 448 40 25
E-Mail: Agnes.Kaiser-Rekkas@t-online.de



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