Über die Zeit – Dimensionen der psychotherapeutischen Arbeit

von Katherina Giesemann

Die Erfindung der Zeit

Unsere frühen Vorfahren wurden mit Zeit als zyklische Wiederkehr von unmittelbar erlebbaren Naturphänomenen konfrontiert. Beginnend mit dem unmittelbarsten Zeichen vergehender Zeit, dem Aufgehen und Untergehen der Sonne – und damit der ersten und stärksten Gliederung des Seins wurden natürliche Zeitphänomene schon früh durch die Länge der Periode definiert. Der Zyklus des Mondes gliederte Tage in größere Gruppen, die Position der Sonne an wiederkehrenden Stellen des Firnaments gab die Möglichkeit die Verfügbarkeit der zentralen Ressourcen des früh-steinzeitlichen Lebens vorhersehbar zu machen. Vorhandensein und Art der Nahrung, Temperatur und Witterungsphänomene wurden in den Kontext der zyklischen Zeitphänomene gesetzt und damit beherrschbar.

Mit der Entwicklung technischer Strukturen wie der Sonnenuhr (vor ca. 5500 Jahren) oder Anlagen wie Stonehenge wurden Menschen in die Lage versetzt Zeit in sinnvollen Einheiten zu messen und darüber hinaus aktiv Ereignisse terminieren „Wir treffen uns wenn der Schatten den zweiten Stein erreicht hat“. Lange oblag die Berechnung und Einhaltung der Zeit-Zyklen Priestern oder einer ähnlichen „Über-Ich-Instanz“.

Die Entwicklung von „kleinteiligeren“ Zeitmessern trugen stark zu der Vorstellung von Homogenität und Kontinuität der Zeit bei und sind, so vermute ich, notwendig geworden, da durch ausgeprägten Handel die Termine für Warenaustausch von der Geschwindigkeit der Menschen abhingen und nicht mehr nur durch die Naturzyklen bestimmt wurde

Die Wahrnehmung der Zeit

Das Bewusstsein für Zeit entwickelt sich in der frühen Kindheit. Der Begriff des „heute“ taucht erstmals mit circa 2 Jahren auf. Vorher lebt das Kleinkind in einer „ewigen Gegenwart“ (Dossey 1984). Je mehr das Kind in seiner Wahrnehmung die übrige Welt als von sich selbst getrennt erlebt, desto stärker wird die Zeitdimension als Erlebnismöglichkeit genutzt. Ab dem 5. Lebensjahr erscheinen die Tage. Mit dem Schulalter entwickelt sich die Fähigkeit nicht nur mehrere Dinge gleichzeitig, sondern sie auch in seiner zeitlichen Abfolge zu erfassen. Um das 16. Lebensjahr ist die Entwicklung des Zeitverständnisses abgeschlossen.

Das Zeiterleben verändert sich durch die individuelle Wahrnehmung von Situationen als interessant oder aber langweilig. Bemerkenswert ist, das „leere Zeitabschnitte“, also Ereignis arme in der Erinnerung zusammenschrumpfen und im Gedächtnis als belanglos schwinden.

Chemische Substanzen können das Zeiterleben verändern. Unter Einfluss von Cannabinoiden scheint die Zeit langsamer zu vergehen, unter Kokain schneller. Reize wie höhere Raum- , aber auch Körpertemperatur führt zu einer subjektiven Zeit-Verkürzung. Auch Helligkeit und Dunkelheit verändern das Zeiterleben: Je dunkler es ist, je kürzer wird ein gegebenes Zeitintervall eingeschätzt. Psychoaktive Techniken wie Hypnose oder Meditation führen ebenfalls zur Veränderung des Zeiterlebens.

Die Bedeutung der Zeit in der psychotherapeutischen Arbeit

Die Stunde

Die Lage der Stunde

Die Stundenfrequenz

Der Einfluss der Zeit auf den psychotherapeutischen Prozess

Die Zeit der Therapie

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Literatur und Quellen
- Bergmann,G., Herzog, W. (1996): Analytische Psychotherapie bei Essstörungen Stuttgart (Schattauer)
- Dossey, L. (1984): Die Medizin von Raum und Zeit: ein Gesundheitsmodell Basel (Spinx-Verlag) 1984.
- Ermann, M. (1995): Psychotherapeutische und psychosomatische Medizin Stuttgart (Kohlhammer).
- Levine, R (1998): Eine Landkarte der Zeit München (Piper)
- Loewald, H.D. (1974): Das Zeiterleben Psyche, 12, 1053-1062
- Mentzos, St. (1986): Neurotische Konfliktverarbeitung München (Kindler)
- Mertens, W; Waldvogel, B. (2000): Hrsg, Handbuch Psychoanalytischer Grundbegriffe Stuttgart (Kohlhammer)
- Thomä, H. ;Kächele, H. (1986): Lehrbuch der psychoanalytischen Therapie. Bd. 1 Berlin, Heidelberg (Springer).
- Zimmermann, F. (1997): Die Bedeutung der Zeit als Determinante des psycho-analytischen Rahmens.Psyche, 2, 156-182

Anschrift der Verfasserin:
Dr. Katherina Giesemann
Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytikerin und Lehrtherapeutin



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Naturheilpraxis 11/2003