FACHFORUM

Antaphrodisiaka - Von Pflanzen, die den Geschlechtstrieb dämpfen sollten!

von Ernst-Albert Meyer

Für uns heute schwer vorstellbar: Im mittelalterlichen Leben besaßen Keuschheitsmittel (Antaphrodisiaka) eine große praktische Bedeutung und wurden häufig angewendet.
Denn Mann oder Frau – gleich welchen Standes – oder auch der Geistlichkeit fiel es schwer, die sexuellen Tabus ihrer Zeit einzuhalten.

Sex – ein Tabu-Thema

Im Mittelalter war die Sexualität vielfachen – meist kirchlichen – Einschränkungen und Verboten unterworfen.
Jeglicher außereheliche Verkehr wurde zur Sünde erklärt und dem Volk verboten. Der eheliche Geschlechtsverkehr durfte nur zum Zwecke der Fortpflanzung ausgeübt werden, nicht aber etwa „aus Wollust“. Für geschiedene Personen war ein Zweitehe nicht möglich. Auf dem Lande bedurften Hörige und Leibeigene zur Eheschließung der Genehmigung ihres Herrn, die aber häufig nicht erteilt wurde. Auch viele Freie konnten nicht heiraten, da ihnen die materielle Basis fehlte.

Mönche und Nonnen hatten ein Keuschheitsgelübde abgelegt und sich damit zur sexuellen Enthaltsamkeit verpflichtet und für die weltliche Geistlichkeit galt das Zölibat.

Für eine Frau war es selbstverständlich, „unberührt“ die Ehe einzugehen.

Eine große Hilfe „wider die unkeuschen Gelüste“ versprachen sich die Menschen von Pflanzen, die in dem Ruf standen, den Geschlechtstrieb zu unterdrücken, den Antaphrodisiaka.

Was alte Kräuterbücher berichten! Bekannte Kräuterbücher, wie z.B. von Hieronymus Bock (1498-1554) und Pietro Andrea Mattioli (1500-1577), behandeln ausführlich die „Keuschheitspflanzen“, ein Zeichen für ihre damalige Popularität.

In Klöstern wohlbekannt war die Gartenraute (Ruta graveolens), eine graugrün gefärbte Staude mit gelben Blüten. Aus ihr stellten die Mönche den „vinum rutae“ her, den sie gegen die „Gliedsteifheit“ tranken.

Berühmt war der in Klostergärten kultivierte Keuschlammstrauch (Vitex agnus castus). Mit den nach Pfeffer riechenden und schmeckenden Früchten – heute als Phytopharmakon bei PMS eingesetzt würzte man kräftig in der Klosterküche, denn sie sollten die „fleischliche Lust“ unterdrücken. Daher auch der Name Mönchspfeffer oder Keuschlamm! Bock schreibt:

„Er löscht aus des Fleisches Brunst und Begierde.“ Und Mattioli meint: „Er nimmt die Begierde zum Venushandel und solches tut nicht allein der Samen, sondern auch die Blätter und Blumen, nicht aber so man isset, sondern auch man sie im Bett unterstreuet.“ Nonnen bereiteten sich aus den Blättern einen Tee, mit dem sie die „heimlichen Orte“ wuschen.

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Anschrift des Verfassers:
Ernst-Albert Meyer
Hesselbarthstr. 4
59555 Lippstadt



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Naturheilpraxis 11/2003