FORUM ERNÄHRUNG

Wahn oder Sinn – Diäten

von Susanne Dürrfeld-Flügel

Mischkost, Trennkost, FdH, Blitzdiät, Hollywood-Diät, Kohlsuppendiät, Low-Fat-Diäten, Brigitte-Diät, Weight Watchers: Die Liste könnte noch um viele Namen erweitert werden. Gerade jetzt, da die Badesaison nicht mehr allzu weit entfernt ist, greifen wieder viele Zeitschriften das Thema Diäten auf und locken mit schlagkräftigen Titeln wie „12 Kilo in 3 Wochen“ und den bekannten „Vorher-Nachher-Bildern“. Jedes Jahr das gleiche Spiel, jedes Jahr der gleiche Frust bei vielen Frauen und Männern: nach Monaten des Schlemmens bringt die Bikinisaison die Speckringe unerbittlich an den Tag.

Doch die wohlbekannten Ringe um Hüften, Beine, Po und Bauch sind nicht nur ein kosmetisches Problem. Inzwischen wird von Fachleuten geschätzt, dass etwa 15 Millionen Deutsche so viele Pfunde zuviel um die Hüften verteilt haben, dass daraus ein ernstes, ja auf Dauer sogar lebensbedrohliches Gesundheitsproblem entstehen kann.

Doch woher kommt es, dass die Menschen unseres Jahrtausends besonders zur Fettsucht – zur Adipositas – neigen. Liegt es „nur“ am überreichen Angebot an Nahrungsmitteln oder sind wir ein evolutionstechnisches „Ergebnis“, ganz nach dem Motto, wer am besten dem Prinzip der maximal möglichen Energiespeicherung entspricht, kommt durch...?

Werfen wir den Blick einige Jahrtausende zurück auf den Urmenschen und die Entwicklung seiner Ernährung. Das menschliche Genom geht auf den Urprimaten zurück, aus dem sich die Hominiden und später der Homo sapiens entwickelt haben.

Der Ardipithecus ramidus beispielsweise, der vor ungefähr fünf Millionen Jahren lebte, ernährte sich rein vegetarisch. Es ist anzunehmen, dass er mehr Früchte als andere Primaten seiner Zeit verspeiste. Ein jüngerer Urmensch, der Australopithecus, versuchte vor 4,4 Millionen Jahren sein Nahrungsangebot zu erweitern. Im Laufe der folgenden zwei Millionen Jahre kam es dabei zu einem deutlichen Wandel: Der Australopithecus war der erste, der bereits gewisse Nahrungsmittel aufbewahren konnte. Ob dieser auch Fleisch verzehrte, ist aber nicht bekannt. Von der späten Altsteinzeit bis zum Maximum der letzten Eiszeit (1,8 Millionen bis 20.000 Jahre v.Chr.) fand der Übergang vom Homo erectus zu den direkten Vorfahren des Homo sapiens statt. In diesem Zeitraum diente den Hominiden bereits eine große Zahl an Pflanzen und Tieren als Nahrung, wobei sich der Proteinanteil nach den geographischen Gegebenheiten richtete. Auch der berühmte „Ötzi“ dürfte vor 5.000 Jahren von Mischkost gelebt haben. Die Fähigkeit zur Fettspeicherung stellte vor allem in kälteren Regionen eine Voraussetzung für das Überleben dar. Der Mensch hat im Rahmen der Evolution in diesem Zeitraum gelernt, sämtliche „verstoffwechselbare“ Substanzen“ als Nahrung aufzunehmen. Ötzis Speiseplan sah damit sicherlich um einiges abwechslungsreicher aus, als der des Ardipithecus ramidus. Am Ende der Altsteinzeit entwickelte sich dann die Landwirtschaft zunehmend stärker, da durch die Eiszeit zu viele Tiere ausgestorben waren. Die Menschen waren dazu gezwungen, andere, neue Formen der Ernährung zu finden, um zu überleben. Die Kulturen der Antike entwickelten Ackerbau und Landwirtschaft- also die Nahrungsmittelwirtschaft – zu einer hochausgereiften Angelegenheit, davon zeugen zahlreiche Quellen. Im Wesentlichen dürften sie der heutigen mediterranen Ernährung entsprechen: Getreide, Hülsenfrüchte, Obst, Wein, Fische und Meerestiere. Der Fleischkonsum war zwar zum Teil stark begrenzt, trotzdem kannte man das Problem der Fettsucht in der Antike sehr wohl.

Im Mittelalter hatte man mit ganz neuen Problemen zu kämpfen: Durch Kriege oder Naturgewalten hatte man mit Hungersnöten zu kämpfen. Die Folge waren Mangelernährung mit starkem Proteinmangel, denn die meisten Menschen versuchten sich per Landwirtschaft selbst zu versorgen, wobei die Versorgung mit Fleisch nur extrem gering bis gar nicht erfolgte. Aus dieser Zeit existieren auch keine Quellen aus denen hervorgeht, dass Adipositas überhaupt bekannt gewesen wäre. Erstmals erwähnt wird die Fettsucht dann im 16. Jahrhundert.

Prinzipiell war die Einstellung der Bevölkerung zu Ringen um den Bauch und Pölsterchen an den Rippen eine ganz andere als heute. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bedeutet ein üppig gefüllter Teller auch Wohlstand und Reichtum. Ein „stattlicher“ Mann – das war einer, der es zu etwas gebracht hatte. Von dick oder gar fett wurde hier wahrlich nicht gesprochen. Im Gegenteil, erst wenn auch die Frau üppige Rundungen aufwies galt diese als schön und reich. Zudem wurden die Rundungen bei Frauen lange Zeit als Zeichen der Fruchtbarkeit und robuster Gesundheit gewertet. Für den Großteil der Bevölkerung blieb der Traum nach Speck auf den Rippen aber ein Traum, denn die meisten mussten harte und körperlich sehr anstrengende Arbeiten verrichten.

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Beispiel:

Sie sind weiblich und 80 kg schwer? Dann beträgt ihr Grundumsatz 1 kcal x 80 x 24 = 1920 kcal minus 10% =1728 kcal

Sie sitzen tagsüber im Büro und am Abend vor dem Fernseher? Dann dürfen Sie für Ihren Leistungsumsatz 20% des Grundumsatzes dazu rechnen: 17,28 x 20 = 346 kcal.
Zu diesen 2074 kcal kommen noch einmal magere 10% (= 207,4 kcal) für den nahrungsabhängigen Verbrauch dazu: insgesamt also 2281 kcal.

Anschrift der Verfasserin:
Susanne Dürrfeld-Flügel
nördliche Auffahrtsallee 62
80638 München



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