OM-Orthomolekulare Medizin

Versuch einer Standortbestimmung

von Hans-Gerhard Brand

Mit diesem Beitrag beginnt eine lose Folge von Fortsetzungen, mit der das Thema der Orthomolekuaren Medizin von unserem Autor Hans-Gerhard Brand einmal erschöpfend abgehandelt werden soll, um der aktuellen Bedeutung dieses Themas umfassend und angemessen Rechnung zu tragen, nicht zuletzt deshalb, weil die orthomolekulare Therapie auch noch eine interessante Entwicklung vor sich hat.

Red.

I. Einleitung

Das Dilemma – Nahrungsmittelindustrie und Zivilisationskrankheiten – eine globale Katastrophe

Die technische Revolution in den letzten 150 Jahren hat entscheidende Veränderungen auf dem Ernährungssektor herbeigeführt, insbesondere durch die Technik der Nahrungsmittelbehandlung. Aus natürlichen Lebensmitteln werden durch physikalische und chemische Verfahren vermeintlich besonders hochwertige Nahrungsmittel gewonnen. Diese künstlichen Veränderungen der Lebensmittel zum Zwecke der Entfernung angeblich wertloser Nahrungsbestandteile nennt man Raffinierung. Der praktische Vorteil der Raffinierung ist die bessere Haltbarkeit der Nahrungsmittel gegenüber den Naturprodukten. Der polierte Reis, das ausgemahlene Mehl, der raffinierte Zucker, die gehärteten Fette, die raffinierten Speiseöle stellen deshalb ausgesprochene Konserven dar. Beim Ausmahlen des Getreides und beim Polieren des Reises wird der Keim als das eigentliche lebendige vom Korn abgetrennt und zur Tierfütterung verwendet. Vitamin B1 und Vitamin E verschwinden bei diesem Prozess fast bis zu 100%, dreiviertel von Kalium, Phosphor, Eisen, Kupfer und Chrom gehen verloren. Aufgrund des einseitigen Genusses einer derartigen „Zivilisationskost“ kommt es im Lauf der Jahre und Jahrzehnte zu einem sogenannten Zivilisationsnährschaden, zu einem metabolischen Syndrom, auch als „Wohlstandssyndrom“ bezeichnet, das mit einer Reihe charakteristischer Stoffwechselveränderung einhergeht und sich in der zweiten Lebenshälfte, zum Teil auch wesentlich früher manifestiert. Die Entwicklung eines Diabetes mellitus und einer Arteriosklerose sind die vital bedrohlichen Konsequenzen (Schmidt etc.).

Die Energieträger Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß werden im menschlichen Organismus nur unter Mitwirkung von sogenannten Vitalstoffen abgebaut. Zu diesen Vitalstoffen gehören vor allem die Vitamine, essentielle Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren, Mineralien, Spurenelemente und sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe (SPS), wie Flavonoide, Phenole etc., die ebenfalls in unserer Nahrung enthalten sein müssen.

Bereits 1912 stellte der britische Nobelpreisträger F.G. Hopkins fest, dass eine Diät aus reinen Proteinen, Fetten, Kohlehydraten sowie Salzen zur Ernährung nicht ausreicht und schwere Krankheiten hervorruft, wenn nicht weitere, damals noch unbekannte „accessorische“ Ernährungsfaktoren in der Nahrung enthalten sind. Trotz aller Aufklärung verzehrt der Bundesbundesbürger auch heute noch in großem Maße entwertete tierische Fette und tierisches Eiweiß und erhebliche Mengen denaturierter Kohlenhydrate wie Fabrikzucker und Feinmehl. Der Zuckerverbrauch stieg seit 1900 von 10 kg auf über 30 kg/Kopf und Jahr an = 80 – 100 g/Tag, der Fettkonsum schnellte in der gleichen Zeit um das dreifache hoch. Der alle vier Jahre von der Bundesregierung erstellte Ernährungsbericht zeigt eine erschreckende Bilanz: Etwa die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung, 1/5 der Kinder in Deutschland ist übergewichtig. Mehr als 10 Mio. haben einen erhöhten Blutdruck und sind damit in Richtung Herzinfarkt- und Schlaganfallgefährdet. Es gibt 6 Mio. Diabetiker mit steigender Tendenz. Gebissverfall und Haltungsschäden treten schon im Kindesalter auf. Degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates, Bandscheibenschäden und Rheuma verursachen die längsten Arbeitsunfähigkeiten, bei 4 Mio. Menschen werden Leberschäden vermutet, 3 Mio. sind mit chronischer Bronchitis behaftet und mehr als 2 Mio. haben Krebs.

Neben der Denaturierung der Lebensmittel durch industrielle Prozesse werden dem modernen Menschen eine unvorstellbare Menge an Schadstoffen zugemutet und in die Nahrungskette eingeschleust, die es vor 100 Jahren auf diesem Planeten noch gar nicht gegeben hat. Düngemittel, Insektizide, Pestizide, Konservierungsmittel, Farbstoffe, Begasung oder sogar Röntgenbestrahlung von Obst und Gemüse, Hormone, Anabolika und Antibiotika tun ein Übriges, um unsere „hochwertige“ Industrienahrung in ihrem Wert nicht nur drastisch zu reduzieren sondern ihr auch gleichzeitig krebsauslösende Stoffe einzuimpfen, die sich im Laufe von Jahren und Jahrzehnten in unserem Organismus anreichern. So hat ein Raucher mit hohem Fleischverzehr und vitaminarmer Ernährung die allerbesten Aussichten Krebs zu entwickeln. Kinder, Schwangere, Sportler, Stressgeplagte und vor allem alte Menschen brauchen ein Vielfaches von dem an Vitalstoffen, was die heute noch gültige Ernährungslehre empfiehlt. Diese Defizite bzw. ein erhöhter Bedarf können aber mit der besten Ernährung nicht mehr abgedeckt werden.

Trotz der 450 Mrd. Mark, die wir jährlich für unsere Gesundheit bzw. zur Bekämpfung von Krankheiten ausgeben, können wir an dem Heer der Zivilisationskranken bzw. Krankheitsgefährdeten nicht viel ändern und machen uns beim Auftreten der - wohlgemerkt - nicht heilbaren Wohlstandskrankheiten lebenslänglich von unserer Hightech-Medizin und von den pharmazeutischen Chemiekonzernen abhängig. Dass es trotz der katastrophalen Überernährung und der krankmachenden Nahrungsmittel zu einem besseren Gesundheitszustand und zu einer drastischen Verminderung der Risikofaktoren kommen kann, beweist das Beispiel der USA: Bis Mitte der achtziger Jahre waren die Vereinigten Staaten weltweit Spitzenreiter, was die Zahl der Herzinfarkte im Vergleich zur Bevölkerung anlangte. Man führte dies fälschlicherweise nur auf Stress und hohes Cholesterin zurück und prägte den Begriff „Managerkrankheit“, die jedoch ausnahmslos alle Bevölkerungsschichten heimsuchte. Heute nehmen etwa 25% der Bevölkerung regelmäßig Vitalstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente ein und die USA sind weit unter die Herzinfarktquote abgesunken, wie sie derzeit noch in Nordwest-Europa vorherrscht.
Natürlich ist die Zufuhr von Nahrungsmittelkomplementen auch nur ein Kompromiss, denn Krankheiten können auf Dauer in der Regel nur durch Änderung der verhaltenstypischen Gewohnheiten beeinflusst und vermieden werden.
Beim „Metabolischen Syndrom“ bedeutet dies z. B.: Vitalstoffreiche Ernährung, Vermeidung von Überernährung, Bewegung und Stressabbau.

II. Gesundheit und Vitalität durch OM – Von Hippokrates zu Linus Pauling

III. OM – Von der Natur lernen – die wichtigsten essentiellen Vitalstoffe

Die Gruppe der B-Vitamine

Vitamin B1 (der Beri-Beri-Faktor)

Vitamin B2

Niacin (Vitamin B3)

Vitamin B5 (Pantothensäure)

Vitamin B6 (Pyridoxin)

Folsäure (Vitamin B9)

Vitamin B7 (Vitamin H)

Vitamin B12 (Cobalamin)

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Literaturangaben am Schluss der Artikelfolge

Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Gerhard Brand
Arzt für Allgemeinmedizin
Naturheilverfahren - Homöopathie
Sauerbruchstr. 8
81377 München



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