FACHFORUM

Iridologie / ophthalmotrope Phänomenologie

Die Konstitution

von Claus Jahn

Die Konstitution ist für den naturheilkundlichen und ganzheitlichen Therapeuten eines der wichtigsten Merkmale zur Festlegung seiner therapeutischen Maßnahmen. Insofern ist es wichtig, zumindest eine der Konstitutionslehren zu kennen und diese auch anzuwenden.

Der bekannte Augendiagnostiker und Autor BROY stellte den Sinn und die Notwendigkeit eines Konstitutionsschemas ernsthaft in Frage. Er führt aus, dass jeder Mensch ein einmaliges Ereignis darstellt. Somit gibt es genauso viele Konstitutionen wie es Menschen gibt. Jeder bringt seine eigene individuelle mit.
Es ist jedoch wichtig eine schematisierte Konstitutionslehre zu haben und diese zu verwenden. Nicht nur, dass so die Sprache innerhalb der Therapeutenschaft standardisiert wird („jeder weiß was gemeint ist“). Nur auf diese Weise können die individuellen Eigenschaften eines Menschen grundlegend erkannt und in der Therapie berücksichtigt werden. Die Iris bietet aufgrund ihrer Zugänglichkeit dazu den idealen Ansatzpunkt (zur Bestimmung der Konstitution aus dem Auge ist nur eine Lupe und eine Taschenlampe notwendig). Zudem gibt das Auge Einblick in die Bindegewebsschichten, in das Ekto- und das Mesoderm (aus welchen Auge und Iris entstehen).
LINDEMANN schreibt, dass die Frage nach der Konstitution für den Iridologen keine akademische sei, sondern eine praktische in Bezug auf den Erfolg der jeweiligen Therapie. Durch den Grundkonstitutionstypen kann immerhin bestimmt werden, wie die physiologische und psychologische Reaktionsart und die Reaktionsgeschwindigkeit des Patienten zu bewerten ist. Die grundsätzlichen Schwachpunkte können so ermittelt und in der Therapie berücksichtigt werden.
HAUSWIRTH schreibt dazu: „Langjährige Erfahrungen haben mich zu der Erkenntnis gebracht, dass durch die Therapie, die die individuelle vegetative Konstitution des Patienten berücksichtigt, die aus dem Gleichgewicht gebrachten Lebenskräfte von Grund auf normalisiert werden können.“

Das Wort Konstitution leitet sich von constitutio corporis (lat.) ab und bedeutet Verfassung oder Zustand des Körpers. Das Wort Konstitution ergibt also keinen Hinweis darauf, ob der aktuelle Zustand des Organismus erworben oder angeboren ist. In der augendiagnostischen Literatur finden sich zahlreiche Aussagen zum Begriff. So hat DECK, nach dessen ursprünglich als Arbeitsgrundlage geschaffenen Einteilung der Iriskonstitutionen heute gearbeitet wird, die Konstitution (1956) folgendermaßen definiert: „Die Konstitution ist ein Produkt somatischer, psychischer, manifester oder latenter Merkmale, welche ein Ergebnis endogener Faktoren (meist erblich) sind und die ontogenetische Entwicklung bestimmen und regulieren“. Das bedeutet also, dass die „Konstitution die anlagebedingte individuelle Ganzheit des einzelnen Menschen bezeichnet, welche in der Erbanlage begründet ist“. Der große Konstitutiontherapeut ASCHNER erklärt die Konstitution mit folgenden Worten: „Die Konstitution ist der aus den Erbanlagen hervorgegangene, aber durch Umwelteinflüsse veränderbare Zustand eines Individuums und seiner Reaktion auf äußere und innere Einflüsse“.

Die Konstitution ist jedoch auch sowohl durch den Körperbau, als auch durch die seelische und psychische Grundstimmung des Menschen zu erkennen. Vor allem gibt sie Hinweise auf die Reaktionsart und die Art der Beantwortung von endogenen und exogenen Reizen.

Die ererbte Anlage ist relativ stabil. Dennoch kann sich die Reaktionsweise des Organismus durch exogene Einflüsse z.T. drastisch verändern. Die ersten Einwirkungen finden schon intrauterin statt und setzen sich das Leben lang fort. Schon HAHNEMANN beschrieb Veränderungen einer robusten Konstitution durch chronische Krankheiten. Die Konstitution als Summe aller angeborenen Eigenschaften wird also durch zahllose Faktoren, vor allem durch exogene Umweltfaktoren, beeinflusst. Im Normalfall wird das schwächste Organ als erstes durch starke schadhafte Reize erkranken. Der Ort dieser Reaktion wird als Locus minoris resistentiae (Schwachstelle) bezeichnet. Schwachstellen können jedoch ebenfalls im Laufe des Lebens erworben werden. Die angeborene Anfälligkeit des Organismus nennt man Disposition. Die Konstitution hingegen stellt die Gesamtheit aller angeborenen Eigenschaften dar, somit auch die Summe aller Dispositionen. Andere Autoren definieren die Disposition synonym mit der Diathese als eine angeborene oder erworbene Organschwäche und Systemminderwertigkeit, die zur Krankheitsbereitschaft und zu bestimmten Prozessen des Krankheitsverlaufes führt. Somit wird häufig angenommen, dass Diathese und Disposition im Sinne der Augendiagnose gleichgesetzt werden könnten. Im Fremdwörterbuch (Duden) findet sich in der Formulierung beider Begriffe der feine Unterschied:

...

Literatur:
* Angerer, J.: Ophthalmotrope Phänomenologie Bd. 6 : Die ophthalmotrope Umwelt. – München: Marczell, 1986
* Broy, J.: Die Konstitution. – München : Marczell, 1978
* Deck, J.: Grundlagen der Irisdiagnostik. – 2. Aufl. – Ettlingen : Deck, 1987
* Hauser, W.: Information aus Struktur und Farbe. – 1. Aufl. – Heimsheim : Felke-Institut, 1998
* Hauser, W.: Vorträge (mündl.) 1995 / 1996 / 1997 / 1998 / 1999 / 2000 / 2001 / 2002
* Herget, H.: Grundsätzliches zu Zeichen und Pigmenten in der Iris und deren physiologische Zusammenhänge. – 11. Aufl. – Gießen : Pascoe, 1995
* Herget, H.: Lehrbuch der Konstitutionsmedizin. – 1. Aufl. – Gießen : Pascoe, 1996
* Lindemann, G.: Augendiagnostik. – 4. Aufl. – München : Pflaum, 1997
* Rehwinkel, J.: Augendiagnose. – 4. Aufl. – Amorbach : Amann, 1992
* Schimmel, H.: Konstitution und Disposition aus dem Auge. – 6. Aufl. – Gießen : Pascoe, 1996
* Schwarz, W.: In den Augen lesen. – Kreuzlingen : Ariston Verl., 1998
* Wenzke, S.: Vorträge (mündl.) 1998 / 1999

Anschrift des Verfassers:
Claus Jahn, Heilpraktiker
Felke Institut, Heidestr. 2
71296 Heimsheim
E-Mail: info@felke-institut.de



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 6/2003

Naturheilpraxis 6/2003