Diskussion

Was heißt „wissenschaftlich“? – was ist „unwissenschaftlich“?

von Ulrich Neumann

Viele naturheilkundliche Behandlungsverfahren werden von den Krankenkassen nicht bezahlt. Begründet wird das mit dem Argument, ihre Wirksamkeit sei wissenschaftlich nicht anerkannt. Manche Menschen halten das fälschlicherweise für ein Werturteil.

Was heißt „wissenschaftlich“? Wann ist es legitim, eine Methode als „unwissenschaftlich“ zu bezeichnen?

Für Naturheilkundler haben diese Fragen eine besondere Relevanz, weil sie von Patienten über die Wirksamkeit ihrer Behandlungsmethoden befragt werden und weil es vorkommt, daß sie und ihre Patienten von Menschen, die nur wissenschaftlich Anerkanntes gelten lassen, verbal angegriffen werden.
Oft fühlen sich die Befürworter der Naturheilkunde im Recht, ohne jedoch in diesbezüglichen Diskussionen überzeugende Argumente vorbringen zu können. Solche Argumente sollen hier angeführt, Mißverständnisse geklärt, zugrundliegende Probleme mit einigen Konsequenzen angesprochen und Perspektiven aufgezeigt werden.

Wenn Leute von mir erfahren, ich sei Chemieingenieur und Heilpraktiker, sehe ich oft die Verwirrung und die Frage in ihren Gesichtern, auf welcher Seite ich denn nun stehe, auf Seite der Chemie oder auf Seite der Naturheilkunde? Es ist, als hätten viele Menschen in ihren Köpfen wie das politische Spektrum von links bis rechts ein Spektrum von wissenschaftlich bis „esoterisch“.
Esoterisch heißt ursprünglich innerlich, geheim und unter Esoterik wurden nur Eingeweihten zugängliche teilweise religöse Lehren verstanden. Heutzutage werden diese Begriffe volkstümlich für alle möglichen „geheimnisvollen Lehren“ verwendet und in diesem Sinne auch hier gebraucht.

Es gibt Leute, die wähnen sich, ganz auf der wissenschaftlichen Seite zu stehen, lehnen alles ab, was nicht wissenschaftlich bewiesen ist und meinen auch noch, das sei die sicherste Position. Andere finden diesen Standpunkt unmodern und wollen sich die Tür zur Esoterik ein bißchen offen halten wie manche die Tür zur Religion. „Vielleicht ist ja doch was dran?“ oder entsprechend: „Vielleicht gibt es Gott ja doch?“. Sie meinen, sich nicht festzulegen, sei weniger riskant. Und die Esoterik bietet mal etwas Neues, hat den Reiz des Unbekannten und ist in der Tat spannend. Außerdem bröckelt das Vertrauen in die Wissenschaft, deren Errungenschaften uns nicht nur Segen gebracht haben.

In diesem Spektrum von wissenschaftlich bis esoterisch werden häufig auch Natuheilverfahren und der Beruf des Heilpraktikers gesehen. Viele Patienten empfinden es als Spannungsfeld, in dem sie sich unsicher und deshalb nicht ganz wohl fühlen. Manche sind mißtrauisch, kommen vielleicht nur aus Hilflosigkeit, andere haben mit der westlichen Schulmedizin und ihrer künstlichchemischen Pharmazie so schlechte Erfahrungen gemacht, daß sie mit der „bösen“ Chemie und der Wissenschaft, auf die sich die westliche Schulmedizin so weit wie möglich beruft, nichts mehr zu tun haben wollen.

Aber selbst wenn zuvor skeptische Patienten für naturheilkundliche Methoden gewonnen wurden, kann es passieren, daß sie zu Hause und im Freundes und Bekanntenkreis auf völliges Unverständnis stoßen und erneut verunsichert werden.

Was ist eine Wissenschaft?

Welches sind die Kriterien der Wissenschaft?

Wo sind die Grenzen der wissenschaftlichen Sichtweise?

Welche Konsequenzen hat die Begrenzung der wissenschaftlichen Sichtweise?

Die Frage nach Wertmaßstäben

Wo sind Perspektiven?

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Anschrift des Verfassers:
Ulrich Neumann
Dipl.-Ing. und Heilpraktiker
Witzelstr. 40
40225 Düsseldorf



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