Arbeitskreis für Augendiagnose
und Phänomenologie Josef Angerer e.V

Fachbericht von der 14. Fortbildung in Augendiagnose nach Josef Angerer am Samstag, 16. März 2002

von Elke Fuggis

Hermann Biechele:
Die bizarre Wunderwelt des Ciliarrands: Außenzeichen

Hermann Biechele entführte uns in seinem Vortrag über Außenzeichen am Ciliarrand anhand vieler schöner, eindrucksvoller Bilder in die faszinierenden feinsten ineinander verwobenen Strukturen des Ziliarrandes. Sein großes Anliegen war, uns genau zu zeigen, über welche anatomischen Strukturen wir sprechen. Denn für die Unterscheidung der einzelnen Phänomene ist es wichtig, sicher zu wissen in welchen Strukturen und Ebenen sie sich befinden. So müssen wir zwischen Iris-, Hornhaut- und Skleraphänomenen differenzieren (s. Bild 1). Piet van den Toorn hat dazu den schönen Begriff des "cornealen Fensters" geprägt. Damit meint er: wenn wir ins Auge schauen, geht der Blick durch die Hornhaut hindurch auf die dahinter liegende Iris.

Abb. 1: Patientin 69 Jahre alt, rechtes Auge: Dieses Bild zeigt die unterschiedlichsten Phänomene in den verschiedenen Strukturen und Ebenen: Bei 15 min sieht man eine oberflächliche, gräuliche Hornhauttrübung infolge einer Keratitis. Daneben der Spondylarthrosering und andeutungsweise cranial und caudal ein Arcus lipoides corneae (beides Hornhautphänomene). Auf der Iris sehen wir Pigmente und aufgehellte weißliche Tophi. Die Gefäße außen am Limbus sind vorwiegend Konjunktivalgefäße.

Die Hornhaut ist in die undurchsichtige Sklera eingefalzt wie ein Uhrglas. Diesen Übergang bezeichnen wir auch als Limbus corneae (limbus: latein. = Saum). Gleichzeitig, da die Sklera undurchsichtig ist, wird hier die Sicht auf die Iris begrenzt. In diesem Übergangsbereich liegt auch der Schlemmsche Kanal, durch den das Kammerwasser abfließt.

Die Iris selbst wurzelt im Ziliarkörper. Sie besteht aus lockerem Bindegewebe, das nach hinten (zum Glaskörper hin) mit Pigmentepithel überdeckt wird. Der innerhalb liegende parasympathisch gesteuerte M. sphincter pupillae zieht als echter Ringmuskel um die Pupille herum und verengt sie. Der sympathisch innervierte M. dilatator pupillae verläuft wie die Speichen eines Rades um die Pupille nach außen. Er erweitert die Pupille.
Die Bindehaut (Konjunktiva) bedeckt als durchsichtige Schleimhaut den vorderen Anteil des Augapfels mit Ausnahme der Hornhaut, schlägt in der oberen und unteren Bindehautfalte auf die Innenseite der Lider um und reicht bis an die Lidkante heran. Augendiagnostisch ist die Bindehaut für uns vor allem wegen ihrer Gefäße relevant.

Zu den Skleralphänomenen gehören die Lunula, der Limes romanus, verschiedene Leberzeichen (Chloasma, Leberschollen, Leberstaketen), Lymphstaketen und die Episkleralgefäße.
Davon zu unterscheiden sind die Hornhautphänomene wie Spondylarthrosering, Arcus lipoides corneae, Kayser-Fleischer-Ring, und das Stehkragenphänomen.

Die milchig bläulich schimmernde Lunula (latein. = kleiner Mond) liegt dem Ciliarrand temporal und/oder nasal von außen wie eine Mondsichel an. (s. Abb. 2). Piet van den Toorn stellte in seinen Forschungen fest, dass es sich um ein Stauungsphänomen im Bereich des hier liegenden Schlemm'schen Kanals handeln könnte. Die Lunula weist uns auf Störungen bzw. Labilität im Reizleitungssystem hin, weshalb sie auch als Herzmond bezeichnet wird. Angerer verband das Auftreten der Lunula im linken Auge mit einer Sinustachykardie. Eine rechtsseitige Lunula war für ihn ein Zeichen für eine Sinusbradykardie. Dies lässt sich aus heutiger Sicht so jedoch nicht bestätigen. Gerade im Anfangsstadium ist die Lunula leicht mit dem Spondylarthrosering zu verwechseln. Dieser Ring von kristalliner Struktur ist allerdings ein Hornhautphänomen und wird deshalb über dem inneren Ciliarrand sichtbar. Hier heißt es genau hinzuschauen. Der Spondylarthrosering weist auf eine schwere Degeneration im Wirbel- und Bandscheibenbereich hin (s. Abb. 1).

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Bilder: Hermann Biechele

Anschrift der Verfasserin:
Elke Fuggis
Tucholskystr. 16
81737 München
E-Mail: e.fuggis@hilterhaus.de



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