Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Vipera berus

von Ulrich Pleines

Die Kreuzotter, lateinischer Name Vipera berus, im Repertorium abgekürzt mit Vip, gehört zur Familie der Viperinae. Sie ist eng verwandt mit Vipera aspis und Vipera redii. Die Giftwirkung dieser drei Schlangen wird im Arzneimittelbild synonym betrachtet.

Die Kreuzotter erreicht eine durchschnittliche Länge von 60 – 75 cm, kann jedoch auch bis zu 85 cm Länge erreichen. Sie ist in ganz Europa verbreitet, vom Polarkreis bis auf den Balkan, vom Atlantik bis sogar in den Fernen Osten. Damit ist sie die am weitesten verbreitete Giftschlange Europas. Charakteristische Kennzeichen sind die markante Rückenzeichnung aus einem dunklen, breiten Zickzackband sowie die X- oder V- Zeichnung auf dem Hinterkopf. Die Grundfarbe ist sehr variabel, es treten verschiedene Blau-, Grün- und Grautöne ebenso wie gelbe, rotbraune oder kupferrote Tiere auf; es kommen auch schwarze Tiere vor. Entsprechend der großen Fläche des Verbreitungsgebietes gestaltet sich der Lebensraum sehr unterschiedlich. Vipera berus lebt tagaktiv, besonders lebhaft an warm-schwülen Tagen. Sie ist eine ausgezeichnete Schwimmerin. Im Allgemeinen sucht sie bei Gefahr ihr Heil in der Flucht in die Vegetation oder unter Steine. Als Nahrung bevorzugt sie Mäuse, junge Vögel, Eidechsen und Frösche. Die Paarung findet im April/Mai statt, die Jungen werden lebend geboren. Sie sind nach 3-4 Jahren geschlechtsreif. Durch Zerstörung ihres Lebensraumes sind die Bestände an Kreuzottern zum Teil dramatisch zurückgegangen, weshalb sie in vielen Ländern Europas inzwischen streng geschützt wird.

Leider gibt es keine zuverlässige, brauchbare Prüfung des Giftes, so dass sich das Arzneimittelbild bis heute ausschließlich aus Beobachtungen der Toxikologie (d.h. Bissunfällen, zum großen Teil auch gebissene Tiere) und aus einigen wenigen, aber dennoch recht spektakulären Heilungen zusammensetzt. Vipera berus eignet sich zur Anwendung sowohl in akuten als auch in chronischen Fällen.

Der typische Verlauf eines Kreuzotterbisses ist folgender: sofort nach dem Biss treten heftige Schmerzen an der Bissstelle auf, aber es wurde auch Anästhesie des gebissenen Gliedes beobachtet. Im Verlauf der nächsten Stunden schwillt das gebissene Körperteil heftig an, Extremitäten können auf den doppelten bis dreifachen Umfang anwachsen. Die Schwellung verfärbt sich meist dunkelbläulich (vergleiche Lachesis), begleitet von Ekchymosen. Die Schwellungen sind sehr hart und nicht mit dem Finger eindrückbar. An der Bissstelle kann sich ein gangränöses Geschwür entwickeln. Die Haut wird kalt, livide und ist von kaltem Schweiß bedeckt. Als auffälliges Allgemeinsymptom entwickelt sich ein starker Durst auf kaltes Wasser. Andere Allgemeinsymptome ähneln denen anderer Schlangengifte (Lachesis, Naja, Crotalus): Blutdruckabfall, extreme Hinfälligkeit, Ohnmacht, beschleunigter, fadenförmiger Puls, Übelkeit und Erbrechen, Diarrhoe mit unwillkürlichem Abgang von Stuhl und auch von Urin, Kollaps und in tödlichen Fällen Übergang in Koma.

Ein gesunder erwachsener Mensch kann den Biss einer Kreuzotter auch ohne medizinische Hilfe in 6 – 8 Wochen überstehen. Allerdings kann es auch vorkommen, dass ein Angstschock die Wirkung des Giftbisses überlagert, die Allgemeinsymptome verschlimmert oder gar den Tod herbeiführt. Die beschriebene Schwellung geht bei nicht letalem Verlauf langsam zurück. Sie kann aber auch monate- oder jahrelang persistieren, mit einer starken Periodizität, die wieder an Lachesis erinnert.

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Literaturliste:
Julius Mezger "Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre"
John H. Clarke "Der Neue Clarke"
Otto Leeser "Lehrbuch der Homöopathie"
Karl Stauffer "Klinische homöopathische Arzneimittellehre"
Kosmos Naturführer "Die Schlangen Europas"
Synthesis-Repertorium
Comrep-Computerrepertorisation (erstellt von Stephan Wegner, vielen Dank!)

Anschrift des Verfassers:
Ulrich Pleines
5, rue des Primevères
F – 68600 Geiswasser
Tel + Fax (0033) 03 89 72 37 15
E-Mail: ules@tiscali.fr



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