FACHFORUM

Quod erat demonstrandum

von Paul Vogel

Im Jahre 1874 hat Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler die erste Ausgabe seines Lebenswerkes „eine abgekürzte Therapie“ herausgegeben. Das, was er auf 16 Seiten beschrieben hat, hat sich trotz vieler Kritik und Anfeindungen zu einer Volksheilweise einerseits und zu einer für die Naturheilpraxis spezifischen Heilmethode andererseits entwickelt. Die Biochemie nach Dr. Schüßler erfährt in letzter Zeit eine Renaissance, zumindest was Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Fachbüchern und Laienliteratur angeht. Über hundert Jahre nach dem Tode des Begründers dieser Heilmethode Dr. Schüßler (1821-1898) werden dessen Theorien leider immer noch lediglich interpretiert, in andere Worte „verpackt“, zum Teil gigantisch ausgeschmückt oder mit anderem mehr oder weniger esoterischem Gedankengut verknüpft.

Die wissenschaftliche Akribie, mit der Dr. Schüßler vorging, ist gänzlich auf der Strecke geblieben. „Die Grundlage meiner Forschungen waren“, wie er selbst schreibt „Histologie, die darauf bezügliche Chemie, die anorganischen Bestandtheile der Gewebe und die physiologischen Wirkungen oder Functionen dieser Bestandtheile.“ Dass diese Vorgehensweise über ein Jahrhundert lang nicht weiter verfolgt wurde, muss all den Autoren, Behandlern und denen, die sich mit der Schüßler‘schen Biochemie beschäftigt haben vorgeworfen werden. Die Biochemie nach Schüßler ist keine rein empirische Methode wie viele andere Naturheilverfahren. Die Entstehung dieses Lehrgebäudes beruft sich auf nachvollziehbare Schlussfolgerungen und reproduzierbare Messungen physiologischer Gegebenheiten. Daher ist es verwunderlich, dass sich bis jetzt niemand die Mühe gemacht hat, die Aussagen Schüßlers experimentell zu beweisen, zu widerlegen oder zumindest nachzuprüfen. Gerade in der täglichen Praxis erleben wir, dass diese Therapie funktioniert, und die Erfolge wären eine gute Grundlage für einen auch heute durchaus wissenschaftlich haltbaren Wirkungsnachweis der 12 Mineralsalze. Dies soll an dieser Stelle anhand der beiden Natriumsalze Nr. 8 Natrium chloratum und Nr. 10 Natrium sulfuricum geschehen.

Es ist bekannt, dass diese beiden Salze im wesentlichen extrazellulär wirken, eine Eigenschaft, die durch das Natrium-Kation gegeben ist. Die Anionen-Wirkung des Chlorid-, bzw. Sulfatanteils kann man als konträr bezeichnen. Die heutige Lehrmeinung beschreibt die Wirkung von Nr. 8 Natrium chloratum als den Nährstrom fördernd und die von Nr. 10 Natrium sulfuricum als den Klärstrom fördernd. Dies ist bedingt durch die Chlorid-Eigenschaft, in die Zelle einzuwandern und durch die zentrifugale Sulfat-Eigenschaft. Dass sich die Wirkungen zum großen Teil auf Wasser beziehen, liegt neben hydratischen Verhalten (= physikalisch-chemischer Bezug zum Wasser) von Natrium-, Chlorid- und Sulfation auch in der Struktur der beiden Mineralsalze. Insgesamt wird die Wirkung beider Salze bedingt durch die Funktion der Anionen.

Im Organismus laufen viele alternierende Prozesse innerhalb und ausserhalb der Zelle ab, die von den Ionen beider Salze gesteuert werden. Dies gilt vor allem für die Steuerung und Verteilung der flüssigen Anteile in Zellen und Geweben. Dabei sind die Intervalle der schwingungsmässig ablaufenden Vorgänge teilweise sehr kurz. Sie betragen oft nur Bruchteile von Sekunden. Dies therapeutisch mit den Schüßler‘schen Funktionsmitteln nachzuvollziehen, ist unmöglich, so dass eigentlich beide Mineralsalze gleichzeitig verabreicht werden müssten. Aber genau das galt bisher als nicht sinnvoll, da sich ihre Wirkungen gegenseitig aufheben würden. Für die Verwendung der mittleren Potenzierung ist das sicherlich zutreffend. Die Lösung des Problems wäre, „auf der Natriumschiene zu fahren“, so dass die gegensätzliche Wirkung der Anionen in den Hintergrund gerückt würde. Versuche, beide Salze in der D 3 zu verabreichen scheiterten. Der Grund dafür ist, dass durch die gleiche Potenzierung sich der strukturelle Energieinhalt beider Salze überlagert.

Aufgrund langjähriger Arbeit mit den Schüßler-Salzen, sowie Studien über deren strukturelle Gegebenheiten, hat es sich gezeigt, dass die bisher angenommene Gesetzmäßigkeit: „Kationenwirkung in der D 3 und Anionenwirkung in der D 12 im Vordergrund“ nicht für alle Salze gilt. Hier näher darauf einzugehen würde den Rahmen sprengen und ist auch nicht Gegenstand dieses Aufsatzes. Die genannte Aussage gilt zwar für Nr. 10 Natrium sulfuricum, aber nicht für Nr. 8 Natrium chloratum, bei dem es genau umgekehrt ist.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Salze Nr. 8 Natrium chloratum und Nr. 10 Natrium sulfuricum dann gleichzeitig verabreicht auch eine Wirkung ausüben, wenn Nr. 8 Natrium chloratum in der D 12 und Nr. 10 Natrium sulfuricum in der D 3 verwendet werden.

...

Literatur beim Autor auf Anfrage.

Anschrift des Verfassers:
HP Paul Vogel
Pferseerstr. 44
86391 Stadtbergen



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 9/2002

Naturheilpraxis 9/2002