Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Ein Fall von Colitis ulcerosa homöopathisch behandelt

von Marie-Therese Abt

Colitis ulcerosa ist eine chronisch rezidivierende Entzündung des Dickdarms, bei der es zu geschwürigen Darmwandschädigungen kommt. In den meisten Fällen greift sie auf den Mastdarm über. Ätiologisch vermutet man eine familiäre Disposition, Gynäkotropie, psychosomatische Faktoren und Autoimmunmechanismen.

Am 02.11.1998 besuchte mich eine Frau mit blonden, glatten, langen Haaren, blauäugig, schlank, mit blassem Gesicht, 32 Jahre, in meiner Praxis mit dem Anliegen, ihre jahrelangen Verdauungsbeschwerden zu bessern.
Sie berichtete, dass sie früher schon einmal bei einem hom. Arzt über 1/2 Jahr in Behandlung war, der ihr Globuli und Tabletten, aber auch Sulfur gespritzt habe. Sie habe auch schon eine Heilfastenkur nach Dr. Mayr hinter sich, aber durch alles konnte keine Abhilfe ihrer Beschwerden zustande gebracht werden.
Die letzten Jahre hatte sie regelmäßig 3 – 4 mal im Jahr Schübe mit schleimig-blutigen Durchfällen, die stark ekelhaft säuerlich rochen, Tenesmen, Flatulenz mit vermehrtem Windabgang, der Stuhl spritzte mit großem Druck heraus. Stress verschlimmerte die Beschwerden. Auch im Dezember war es immer am schlimmsten. Die Schübe beeinträchtigten ihre Psyche negativ. Der letzte Schub war im Juli/August 1998.
1987 wurde von ihrem Hausarzt Colitis ulcerosa diagnostiziert, der ihr Claversal und bei Bedarf Prednisolon (Corticoid) verordnete.
Die Erstanamnese ergab noch folgende Hinweise:
Ihr Appetit ist gut, sie isst gerne Herzhaftes, Fleisch, Käsespätzle, angebratene Zwiebeln, Speck, allg. gut gewürzt, gerne Fett wie ihr Vater, das muss dabei sein, aber auch mal was Süßes.
Sie trinkt ca. 1 1/2 l/Tag, Caro-Kaffee, Mineralwasser, Cola, lieber warm als kalt.
Die Füllung am Schneidezahn bricht oft wegen Zähneknirschen – häufig bei Jahreswechsel – ab.
Sie ist kurzsichtig.
Ohrringe verträgt sie nicht.
Sie leidet unter Haarausfall und Gesichtsakne, was nicht untypisch für Colitis ulcerosa ist, da es sich nicht nur um eine Darmkrankheit handelt, sondern um eine Allgemeinerkrankung, die zu Hauteiterungen, Spondylitis, Iritis, Thrombophlebitis und Leber- und Pankreasentzündungen führen kann.
Bei Erkältungen hat sie in der Regel Halsweh.
An der rechten Hand leidet sie an einer Sehnenscheidenentzündung, sie arbeitet viel am Computer.
Ihr Magen reagiert auf Belastung mit Schmerzen.Wenn es ihr gut geht, hat sie einmal täglich Stuhlgang, Konsistenz normal, selten zu hart.
Sie hatte 1x eine Zystitis.
Die Pille hat sie noch nie genommen; 2 Schwangerschaften waren ohne Probleme, Geburten waren langwierig.
Ihr Fluor genitalis ist cremefarben und alt riechend.
Die Menstruation ist regelmäßig, alle 28 Tage, die Blutung ist eher stark, vor der Menstruation ist die Psyche schlechter.
Die Menarche war mit 14 Jahren.
Sie sei ein schlechter Kostverwerter, sie hatte noch nie Gewichtsprobleme.
Sie leidet unter einer Hausstaubmilben- und Nickelallergie.
Als Kind hatte sie Warzen am linken Daumen, die mit Warzenpflaster beseitigt wurden.
Ein großes Muttermal sitzt am Nacken, wie beim Vater.
Schlaf ist gut, sie kommt abends schlecht ins Bett, schläft in Rücken- oder Bauchlage ein und leidet unter Zähneknirschen im Schlaf.
Ihr Wärmehaushalt sei eher warm; sie mag den Frühling; Wind kann sie gar nicht haben.
Bei Vollmond ist sie reizbar, "geht gleich an die Decke".
Sie ist sehr ordnungsliebend, "Sauerei" regt sie auf.
Sie raucht nicht und treibt wenig Sport, ihr Hobby ist die Musik, sie spielt in einer Blaskapelle.
Gemüt: Früher mal Avedorm und Johanniskraut (phytotherapeutisches Antidepressiva) eingenommen;
Reizbarkeit, sie schreit ihre Kinder oft an, kann auch mal was in die Ecke werfen; wütend, zum Teil kommt ihr der Gedanke, sie muss was zusammenschlagen; impulsiv; ungeduldig, von Kindeszeiten an;
sie hat genug Selbstvertrauen, weiß was sie will,
kann aber nicht so gut auf Leute zugehen, eher zurückhaltend;
gutmütig, aber auch egoistisch;
Humor die letzten Jahre verloren, sie kann keine Gesellschaft unterhalten;
sie ist dem Vater ähnlich (herrschsüchtig, impulsiv, gern Fett, Fleisch, Herzhaftes, versteht sich gut mit ihm);
grübelt viel;
sie ist unzufrieden mit ihren Wohnverhältnissen, möchte umbauen.
Sie hat nie sexuelles Verlangen. Zitat Patientin: "Man muss den Hund zum Jagen tragen". Es kostet sie Überwindung. Vielleicht hat es was mit der Erziehung zu tun, ihr Vater hat sich oft negativ über Sexualität geäußert. Sie ist froh an ihrem einfühlsamen Ehemann.
Familienanamnese:
Mutter: zu hohe Cholesterinwerte
Oma mütterlicherseits: alt gestorben, Nierenprobleme
Opa mütterlicherseits: alt gestorben
Vater: Epilepsie, Obstipation
Oma väterlicherseits: Obstipation, Arthrose
Opa väterlicherseits: Kriegsopfer
2 Geschwister: gesund
2 Söhne: gesund

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Anschrift der Verfasserin:
Naturheilpraxis
Marie-Therese Abt
Heilpraktikerin
In der Vorstadt 10/4
72488 Sigmaringen



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