Rubriken

Clemens-von Bönninghausen-Medaille an Josef Karl

Im Verlauf des "7. Dortmunder Naturheilkundetag" verlieh der BDH Josef Karl für seine Leistungen auf dem Gebiet der Naturheilkunde die "Clemens-von-Bönninghausen-Medaille 2002". Zum Festakt spielten Agnes Adam und Thilo Champignon eine Sonate für Violine und Gitarre des italienischen Barockkomponisten Arcangelo Correlli.

Nachfolgend die Laudatio von Peter Gehrmann ausschnittweise:

Die Phytotherapie gehört wohl zu den ältesten, angewendeten Therapieverfahren. In Gräbern im heutigen Irak sind bewußt angeordnete Heilkräuter um den Leichnahm gefunden worden, die darauf schließen lassen, daß sie ihm, in anderen Sphären, die Gesundheit erhalten sollten. Datiert werden diese Grabstätten auf 60.000 vor der Zeitrechnung!

Über die Medizinsystem der Inder, Tibeter und Chinesen, zu den Babylonern und Ägyptern, bis hin zur griechischen Antike, in der eine unserer Hauptwurzeln verankert liegt, hatte und hat die Kräutertherapie einen der höchsten Stellenwerte. Unter römischen Einflüssen kam dieses Wissen auch in unsere mitteleuropäischen Breiten. Erste Einflüsse einer etablierten Phytotherapie finden wir bei Walahfried von Reichenau, welcher 827 den nachweislich ersten deutschen Kräutergarten auf der Insel Reichnau anlegte und die Indikationen der angebauten Pflanzen in 444 Fersen beschrieb. Mitte des 12. Jahrhunderts verfaßte nach eigenen Angaben Hildegard von Bingen ihre "Physica" und "Causae et curae" und hinerläßt uns damit ca. 2000 Rezepturen. Nach Gutenberg können die Kräutler des Mittelalters ihre Werke erstmals einem breiteren Publikum zugänglich machen. Die Anweisungen von Leonard Fuchs, Jakobus Theodorus Tabernemontanus, Tragus, Otto Brunsfeld, Waltorus Reiff und Adamus Lonicerus sind, nach kritischer Sichtung, heute noch als therapeutisch relevant anzusehen. 1805 gelang es dem Apotheker Sertüner das schlafmachende Prinzip aus dem Mohn zu extraieren, welches er um 1820 Morphin nannte.

Damit war der Startschuss zur Inhaltsanalyse gegeben. Schon damals warnte man davor, die therapeutische Wirkungsweise einer Pflanze einzig und allein von den Prozentsätzen eines ermittelten Arzneistoffes abhängig zu machen. Das Ganze ist mehr als die Summe der herausgelösten Einzelteile! Dieser Streit um Ganzheit und analysiertem Einzelstoff hält bis heute an. Ich habe meine Schwierigkeiten damit wenn ich sehe, daß die phytotherapeutische Aus- und Fortbildung unseres Berufstandes immer mehr von Pharmakologen übernommen wird. Diese haben ohne Zweifel ein phantastisches Wissen über die Zusammensetzung und Wirkungsweise von Inhaltstoffen – aber ist das aus der traditionellen Ganzheitssicht der Naturheilkunde alles?

Wir haben heute den großen Vorteil, traditionelle und wissenschaftlich belegte Phytotherapie zu verbinden. Damit sind Möglichkeiten der Erkenntnis gegeben, welche andere Therapeutengenerationen vor uns in dem Maße nicht hatten. Ein Mann, der stellvertretend für die Verknüpfung dieser beiden phytotherapeutischen Richtungen steht, ist Josef Karl. Nach absolviertem Nachkriegsabitur der Oberrealschule studierte er zunächst Germanistik und Anthropologie. Mit 23 Jahren erkannte er, dass dies nicht zu seinen Lebensaufgaben gehörte, besuchte die Münchener Heilpraktiker Schule und erlangte mit 25 die Zulassung. Danach erfolgten drei Jahre Assistenzzeiten bei zwei Kneippärzten und zwei Jahre Mitarbeit unter anderem bei Josef Angerer. Über 40 Jahren arbeitetete Josef Karl in eigener Praxis in München-Schwabing mit den Schwerpunkten Phytotherapie und Homöopathie, Chiropraktik und Iridologie. Seit Jahrzehnten steht Josef Karl mit Buch- und Artikelveröffentlichungen im Rampenlicht der Phytotherapie- und Irisdiagnoseforschung. Als damaliger Mitarbeiter in der Kommission E schlägt er die Brücke zwischen traditioneller und wissenschaftlicher Phytotherapie. Wie der restliche Fachkreis auch archiviere ich viele seiner veröffentlichten Rezepturen – ein Josef Karl hält sich mit der Weitergabe seines Wissens nicht zurück.

Die Redaktion der Naturheilpraxis gratuliert Josef Karl, der seit 40 Jahren in unserer Naturheilpraxis und unserem Pflaum Verlag veröffentlicht, herzlich zur Verleihung der Clemens-von-Bönninghausen-Medaille.



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 6/2002

Naturheilpraxis 6/2002