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Das Öffnen der Neun Pforten

von Ken Rose – Übersetzung: Markus Goeke

Einleitung

Einer der Hauptaspekte der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Tatsache, dass sie in einem umfassenden System von Regeln und Prinzipien verwurzelt ist, das sich auf ein Ideal von Gesundheit und harmonischem Wohlbefinden gründet und die zahlreichen einander entsprechenden Beziehungen beschreibt, die zwischen den Menschen und der Welt in der sie leben, bestehen. Im Gegensatz zur modernen Bio-Medizin, die ihr Hauptaugenmerk auf Erkrankung und deren Beseitigung richtet, beschäftigt sich die Chinesische Medizin zuallererst mit Gesundheit, sowie mit dem Wissen und der Methodik, die sich für all jene von unschätzbarem Wert erwiesen haben, die sich selbst in optimaler körperlicher und mentaler Verfassung halten wollen.

Die ältesten und in vielerlei Hinsicht grundlegendsten Aussagen über das theoretische Fundament der Chinesischen Medizin finden sich in einem Text, der allgemein als Des Gelben Kaisers Klassiker der inneren Medizin bekannt ist. In zwei Teilen, dem Su wen (Einfache Fragen) und dem Ling shu (Achse der magischen Wirkkraft), beschreibt dieser Text die Grundbegriffe von Gesundheit, sowie jenes System natürlicher Entsprechungen, das die Basis eines ausgewogenen und harmonischen Lebens bildet.

Das Su wen widmet sich hauptsächlich theoretischen Erörterungen, die die Grundlage der medizinischen Behandlungsrichtlinien bilden. Gegenstand des Ling shu ist die Akupunktur. Es wird jedoch aus den Eröffnungspassagen des Su wen sehr deutlich, dass die theoretischen Überlegungen das entscheidende Element sind. Diese charakteristische Ausrichtung ist in einer Passage des Su wen mit dem Titel "In Harmonie mit den vier Jahreszeiten" zusammengefasst.

Die Weisen des Altertums behandelten nicht diejenigen, die schon erkrankt waren; sie versuchten nicht diejenigen zu zügeln, die schon rebellierten. Statt dessen zogen sie es vor die Menschen zu erziehen, bevor sie aufbegehrten. Sie behandelten ihre Patienten, bevor sie erkranken konnten. Die Behandlung von Erkrankten mit Kräutern und Akupunktur, kann mit dem Verhalten von Menschen verglichen werden, die erst dann ihre Waffen zu schmieden beginnen, nachdem sie in eine Schlacht verwickelt sind, oder mit solchen, die erst dann daran denken einen Brunnen zu graben, wenn sie sich durstig fühlen. Kommen diese Handlungen dann nicht ein wenig spät?
Gleich allen Fertigkeiten, können auch die Fertigkeiten, derer es bedarf, um ein guter Arzt oder Massagetherapeut zu sein, in unterschiedlicher Weise vervollkommnet werden. Es gibt nicht nur einen Weg zur Meisterschaft. Tatsächlich ist Meisterschaft unter Medizinern, wie die unter Künstlern – die Meister der Kampfkünste eingeschlossen –, eine Sache des persönlichen, individuellen Vermögens. In China hat es immer eine Tradition von Gong fu gegeben, die mit dem Erwerb medizinischer Fertigkeiten und medizinischen Wissens in Zusammenhang stand. Gong fu verweist auf harte Arbeit, auf eine unerbittliche Plackerei über eine lange Zeitspanne. Da gibt es kein Hetzen, keine Abkürzungen. Es gibt keinen schnellen und einfachen Zugang.

Gong fu

Warum ich mich der Chinesische Massagetherapie zugewendet habe

„Das Öffnen der Neun Pforten“

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Dieser Text bildet das Einführungskapitel des Buches Opening the Nine Gates – A Manual of Traditional Chinese Massage Therapy, an dem Ken Rose zur Zeit arbeitet.

Vom Autor sind folgende Titel erhältlich:
Den Drachen reiten, O. W. Barth, 2001
Who can ride the Dragon?, Paradigm, 1999
A Brief History of Qi, Paradigm, 2001

Autor: Kenn Rose
Übersetzer: Markus Goeke
E-Mail: m_goeke@yahoo.com



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