FACHFORUM

Psychose mit halbjährlichen Rezidiven

von Joachim-F. Grätz

Bei allen Psychosen*) in meiner Praxis habe ich bislang immer ein stark ausgeprägtes miasmatisches Terrain angetroffen. Darüber hinaus habe ich in fast alle Fällen eine Unterdrückung oder einen Impfzusammenhang nachweisen können, akut oder in chronischem Zusammenhang**).

Die Psychosen gehören zu den sog. Gemütskrankheiten und verlaufen gemäß bestimmter Naturgesetzmäßigkeiten hinsichtlich Psyche und Gehirn. Streng genommen handelt es sich um eine ganz besondere Konstellation mehrerer Konfliktschocks (mindestens zwei), wobei die korrespondierenden hirnorganischen Areale in unterschiedlichen Großhirnhemisphären lokalisiert sind. Nur bei deren gleichzeitiger Aktivität kommt es zu den psychischen Auffälligkeiten. So gesehen sind akute Psychosen als akute Exacerbationen einer chronischen Krankheit zu verstehen.

Als bester Zeitpunkt für eine homöopathische Behandlung bietet sich ein psychosefreies Intervall an, da der Patient dann selber gut mitarbeiten kann. – Es geht ja grundsätzlich darum, dass dieser nicht wieder in einen erneuten psychotischen Schub "abdriftet". – In der Akutphase zu beginnen ist sehr schwierig, da der Patient hier aufgrund seiner psychisch ausgeprägten Symptomatik und meist wegen der Einnahme schwerer Psychopharmaka sowie der Betreuung in einer geschlossenen Abteilung/Anstalt kaum in der Lage sein dürfte, objektiv mitarbeiten zu können (z. B. gute Körpersymptome nennen/beobachten).

Eine 35jährige Frau leidet seit etwas mehr als 3 Jahren an rezidivierenden Psychosen mit halbjährlichen Rückfällen. Darüber hinaus ist sie ausgesprochen depressiv und hat extrem ausgeprägte Ängste. Besonders "Zukunftsängste" und "Lebensangst", so dass sie nicht einmal in der Lage ist, ihren Haushalt zu führen oder "einen Schritt vor die Türe zu wagen", geschweige denn einkaufen zu gehen.
Zur Zeit gehe es allerdings recht gut; sie sei dank der beiden Antidepressiva Zyprexa und Seroxat "gut eingestellt" und dadurch einigermaßen stabil. Die Ängste seien nur noch latent da, sie habe "alles im Griff". Doch wenn sie die Dosis nur eines Antidepressivum geringfügig reduziere, höre sie sofort wieder Stimmen und träume von Gott und Jesus. Auch ihre panischen Angstattacken stellten sich gleich wieder in voller Intensität ein. Ihre Hauptangst sei, dass ihr Mann vor ihr sterben könnte und sie dann allein dastehen würde.

Bei ihrem ersten akuten Psychoseschub hatte sie das Gefühl, dass "jemand bei ihr sei", dass "jemand sie beherrsche und mitnehmen wolle". Sie sprach von Dämonen und betete inständig zu Gott. Außerdem viel "Meditation mit Schreien", wie sie sich selbst ausdrückte. "Dann plötzliches Erwachen ihrer Kundalini und Entweichen am Kopf". Daraufhin Ohnmacht mit nachfolgender totaler Erschöpfung. Ein paar Tage später Stimmenhören (Engel, Gott). Eine Woche lang Schlafentzug, Appetit- und Durstlosigkeit. Nierenschmerzen. – Daraufhin Einweisung in die Klinik. Befund: akute Psychose. – Seither mit zwei Antidepressiva eingestellt und trotzdem halbjährliche Rückfälle mit Krankenhausaufenthalten. Bei den Depressionen habe sie immer Selbstmordgedanken; "auch noch lange nach einer akuten Psychose". Sie fühlt sich im Allgemeinen überfordert, hat "zu nichts Lust", ist "total leer". Seit jeher hat sie ständig Angst, dass ihrem Mann oder ihrem Vater etwas zustoßen könnte.

Vor etwa 6 Jahren habe sie schon einmal "total durchgedreht", als sie erfuhr, dass sich ihr Mann hatte sterilisieren lassen. Seither habe sie sich sehr ungeliebt gefühlt, denn der Wunsch nach einem zweiten Kind war ein für alle Mal "ausgeträumt". Von diesem Zeitpunkt an habe sie sich fortlaufend "durch geistige Aktivitäten überfordert" und sehr viel mit Esoterik, Tarot, Bachblüten, Heilkosmetik, alternativen Heilweisen und Malerei (eigene Vernissage) beschäftigt, wodurch sie – ihren eigenen Worten nach – vereinsamte. Es kamen allerdings auch häufig "Hochgefühle" auf.

Vor etwa acht Jahren litt sie innerhalb von nur zwei Jahren 14mal an einer Seitenstrangangina, jedes Mal antibiotisch behandelt. Begleitend kam es hin und wieder zu Nierenschmerzen. Im Alter von 5 Jahren Entfernung beider Mandeln wegen rezidivierender Vereiterung. Durchschnittlich einmal im Jahr "Grippe" mit Husten, Schnupfen, Hals- und starken Gliederschmerzen mit bis zu 40 °C Fieber.

Als Kind gab es häufig "Verkühlungen" mit Halsweh und Mittelohrentzündungen, teilweise eitrig. Außerdem viel spontanes Nasenbluten. Daraufhin Verödung. Des weiteren Gerstenkörner und eitrige Bindehautentzündungen, zeitweilig auch noch als Erwachsene. Bis in die Jugendzeit "massive Schmerzen im linken Knie"; in ihrer Studienzeit dito. Sie konnte damals kaum gehen, doch "ist nie wirklich etwas gefunden worden".
Seit ihren Psychosen habe die junge Frau keinerlei Migräne mehr, welche immer sehr heftig zu sein pflegte (Stirne bis Hinterkopf mit Übelkeit und Erbrechen) und worüber sie eigentlich ganz glücklich sei.
Des weiteren gab es öfter Scheidenentzündungen (antibiotisch behandelt), Schwindel, Sonnenallergie, leichtes Frieren, Kopfschmerzen bei Föhn oder Hitze, "grässliche Träume". Einmal Gürtelrose auf der linken Bauchseite (mit Salbe behandelt). Juckreiz am After und im Schambereich. Kalte Nasenspitze, Brüste und Po. In ihrer frühen Jugend relativ häufig Brechdurchfälle. Sehr empfindliche Fußsohlen. Seit der Psychose eine starke Unruhe ihrer Füße und Beine im Bett. Ein Muttermal und 2 Warzen wurden entfernt. Rückenschmerzen infolge "angeborenem Gleitwirbel".

Die Menses waren immer recht stark, dickflüssig, dunkel und sehr schmerzhaft. Mit der Pille kam es immer zu Zwischenblutungen. Während der Schwangerschaft habe sie 33 kg zugenommen. Diese empfand sie aufgrund starker Übelkeit, Bein- und Fußschwellungen sowie vorzeitiger Wehen als recht beschwerlich.
Die junge Frau war von jeher leicht erregbar und leicht beleidigt. Sie leidet außerdem unter Mangel an Selbstvertrauen und extremer Erwartungsangst (z. B. bei Behörden, Ärzten oder sogar bei Familientreffen). Seit ihrer Psychose ist sie leicht ermüdbar. Die Schuld sucht sie immer bei sich selbst, oft auch bei Dingen, die schon jahrelang zurückliegen. Während ihrer Psychose war sie sehr hellsichtig.
Als Baby litt sie lange Zeit unter ausgeprägter Windeldermatitis (offener wunder und roter "Pavianpopo"). Windpocken machte sie zweimal durch, und Impfungen gab es viele, wobei die erste Pockenimpfung nicht angegangen ist!
Familiär sind noch Nierensteine, Gelenkarthrose, Migräne, Herzinfarkt, Nickelallergie, Gallensteine, Diabetes mellitus, genitale Pilzinfektionen, Hodenentzündungen, Pollenallergien und Gastritis zu nennen.

Arzneimittelwahl: Medorrhinum LM18, alle 3 Tage abends, Fläschchen vorher 10mal schütteln, 5 Tropfen in einen halben Liter Wasser einrühren, davon nur 1 Teelöffel voll einnehmen; einschleichend beginnen, d. h., zunächst nur 1 Tropfen ansetzen und dann, wenn keine größeren Reaktionen auftreten, mit den Wochen langsam steigern.

...

*) Psychose gemäß Roche Lexikon Medizin: vorübergehende oder sich stetig verschlechternde psychiatrische Erkrankung oder Abnormität mit erheblicher Beeinträchtigung psychischer Funktionen mit v. a. gestörten Realitätsbezug, mangelnder Einsicht und Fähigkeit, üblicher sozialer Norm bzw. Lebensanforderungen zu genügen. Die strenge Abgrenzung gegenüber Neurose und Psychopathie ist nicht immer möglich.

**) akutes Beispiel aus meiner Praxis: Ein Mann mit Borderline-Syndrom (psychiatrisches Krankheitsbild im Grenzbereich zwischen Neurose, Psychose und schwerer Charakterstörung). Seit mehr als 15 Jahren schwerste Psychopharmaka. Bei der chronischen Anamnese konnten wir herausarbeiten, dass er seine erste akute Psychose, mit der sein langer chronischer Leidensweg begann, bei der Bundeswehr hatte. Und zwar etwa 3 Wochen nach der obligatorischen Tetanus-Impfung. Damals sofortige Einweisung in eine geschlossene Anstalt von mehrmonatiger Dauer.

Literatur:
Grätz, J.-F., "Klassische Homöopathie für die jungen Familie – Kinderwunsch, Schwangerschaftsbegleitung und Geburt, Kleinkindbetreuung, Entwicklungsstörungen und Behinderungen, natürliche Entwicklung", 2. Auflage 2001, 2 Bände, Hirthammer Verlag, München

Anschrift des Verfassers:
Dr.-Ing. Joachim-F. Grätz
Klassische Homöopathie
Eyacher Straße 33
82386 Oberhausen i. Obb.



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 11/2001

Naturheilpraxis 11/2001