FACHFORUM

Stacheliger Wohltäter bei Prostatabeschwerden: Feigenkaktus

von Bruno Vonarburg

Wer in Sitten (Wallis/Schweiz) auf den bischofsmützenartigen Burghügel Valeria steigt, wird im felsig mattigen Gelände von einer einzigartigen Flora überrascht. Der Besucher findet hier eine botanische Welt von über 20 speziellen Pflanzenarten, wovon einige nur in Chile und Kalifornien heimisch sind. Im Gestein klebt das Helvetische Meertäubchen (Ephedra helvetica Meyer) mit seinen starren und rutenförmigen Zweigen. Dicht daneben schießen die goldgelben, meterhohen Blütenähren des Färberwaids (Isitas tinctoria L.) in die Höhe und im Teppich des Gestrüpps leuchtet der Goldlack (Cheiranthus cheiri Crantz) im frischen Grün. Zahlreich sind auch die blauen Blütenraketen der Schopf-Traubenhyazinthe (Muscari comosum Mill.) vertreten. Wenn wir über die felsigen Abhänge steigen, werden wir nicht selten von den spitzigen Stacheln des Feigenkaktus gestupft. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Form der Opuntiengewächse (Cactaceae), die ursprünglich aus Nordamerika stammt und sich an steinigen Orten im Wallis, im Veltlin und im Ossolatal eingebürgert hat. Sie wird als Gewöhnlicher Feigenkaktus (Opuntia humifusa Raf. – früher Opuntia vulgaris Mill.) bezeichnet – eine niederliegende Sukkulente mit dickfleischigen, 10 bis 15 cm großen, flachen, ovalen, hellgrünen Stengelgliedern, welche kettenartig aneinandergereiht sind. Oft fehlen die Stacheln oder sie stehen meist einzeln 1 bis 2,5 cm lang. Warzenartige Gebilde (Areolen) mit kurzen, steifen Haaren sind aber immer vorhanden. Von Juni bis August erscheinen schwefelgelbe Blüten von einem Durchmesser von 4 bis 8 cm mit 8 bis 10 breit-ovalen Kronblättern und spitzen grünen bis gelben Kelchblättern. Daraus reifen im Herbst rote, fleischige, feigenförmige, 2 bis 4 cm lange Früchte (sogenannte Rossfeigen) mit süß-säuerlichem Geschmack.

Ein naher Verwandter ist der Rafinesques Feigenkaktus (Opuntia rafinesques Engelmann), welcher ebenfalls den Burghügel bewohnt. Im Unterschied zum Gewöhnlichen Feigenkaktus besitzt er zahlreiche, auffallend rot gefärbte, 2 bis 4 cm lange Stacheln und gelbe, sternförmige Blüten.

Beide Arten sind mit dem Indischen Feigenkaktus (Opuntia ficus indica Mill) verwandt, welcher ursprünglich in Westindien und Mexiko beheimatet war und bald nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus nach Südspanien und Portugal eingebürgert wurde. Seither hat sich die Pflanze über den ganzen mediterranen Raum ausgebreitet. Die Blüten sind gelb, bis zu 10 cm groß, welche bereits nach 1 bis 2 Tagen wieder verwelkt sind. Ihre Früchte werden als Obst gegessen und kommen in Feinkostläden und von Gemüsehändlern auf den Markt. Mit ihrem saftigen Fruchtfleisch sind sie erfrischend und stillen den Durst. Das korallenfarbene oder rote Fruchtfleisch mit seinen kleinen dunklen, essbaren Kerben besitzt einen säuerlich-süßen Geschmack mit blumigem Aroma. Allerdings müssen die zu Gruppen angehäuften spitzen Haare entfernt werden, ansonsten der Verzehr zu kratzigen und stechenden Beschwerden in der Mund- und Rachenhöhle führen könnte.

Früher wurde der Feigenkaktus als Mutterpflanze für die Cochenille-Schildlaus angepflanzt. Diese lieferte einen begehrten karminroten Farbstoff, der heute durch synthetische Produkte seine Bedeutung verloren hat. Einzig als Lebensmittelfarbe in Likören, aber auch in Lippenstiften wird das natürliche Färbemittel noch verwendet

Unter der Bezeichnung "Coccus cacti" wird die Schildlaus in der Homöopathie eingesetzt, eine Arznei, die bei spezifischen Hustenbeschwerden (Hustenanfälle mit Erbrechen von zähsträhnigem, fadenziehendem Schleim) eine große Rolle spielt.

Die botanische Bezeichnung Opuntia stammt sehr wahrscheinlich aus dem griechischen "opoeis = saftreich" und charakterisiert die saftreichen Früchte. Es wird aber auch behauptet, dass der Name von der griechischen Stadt Opus abgeleitet wurde. Die Artbezeichnung "ficus indica" ist lateinischen Ursprungs und bedeutet "Indische Feige" und verdeutlicht, dass Kolumbus bei seiner Amerikareise vermeintlich Indien, die Heimat der Opuntia erreichte. Weil der Kaktus feigenartige Früchte reifen lässt, wird er zu deutsch als Feigenkaktus betitelt

Die Feigenkakteen stellen eine der artenreichsten Kakteengattungen dar; man kennt mehr als 250 Arten. Unter den Cactaceen bilden sie eine eigene Gruppe. Sie sind einerseits durch die oft flachen, scheibenförmig gegliederten Sprossen gekennzeichnet, andererseits weisen sie Glochien auf. Glochien sind kleine, oft gelbliche Dornen, die auf den ersten Blick wie Haare aussehen. Spätestens beim Versuch sie zu berühren, werden sie sehr unangenehm. Mit ihren Spitzen, welche mit Widerhaken besetzt sind, können sie nur schwierig aus der Haut entfernt werden.

Je nach Form werden die Feigenkakteen in verschiedene Gruppen unterteilt. Die Flachtriebigen werden zu Opuntia zusammengefasst und die mit zylindrischen Sprossen zu Cylindropuntia, jene mit kugeligen Sprossen zu Tephrocactus eingeteilt. Mitunter werden aber alle zur Gattung Opuntia gezählt.
Alle Kakteen gehören zu den sogenannten "Stammsukkulenten" Pflanzen, welche ihre Verbreitung in den extrem wasserarmen Hochländern von Peru und Mexiko haben. Um Wasser zu sparen werden so gut wie überhaupt keine Blätter ausgebildet, bzw. die Blätter werden zu Stacheln oder Dornen "umfunktioniert". Dafür übernimmt der Spross die Funktion eines Wasserspeichers; ebenso ist das Blattgrün (Chlorophyll) in den Spross verlagert, um darin die Assimilation, d.h. die Aufnahme von Lichtenergie zur Umsetzung zu Zucker, zu ermöglichen.

Stacheliger Wohltäter für die Gesundheit

Anschrift des Verfassers:
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Bruno Vonarburg
Hechtstr. 2
Ch-9053 Teufen/AR



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