von Peter Emmrich
Vor 180 Jahren erblickte der Begründer der biochemischen Heilweise Dr. W. H. Schüßler das Licht der Welt. Dieser Beitrag soll heuer im 21. Jahrhundert ein Beleg dafür sein, dass seine verkürzte homöopathische Therapie bei richtiger Anwendung der Menschheit ebenso gute Dienste leisten kann als zu seinen Lebzeiten. Schüßler kurierte nämlich vor zwei Jahrhunderten mit seiner damals neuen Heilweise u. a. über 1.000 an Diphtherie erkrankten Kinder, zu einer Zeit also, als es noch kein chemisches Antibiotikum gab. Um so bedeutender ist dieses Vermächtnis heute im Zeitalter der multiresistenten Keime, BSE und den sogenannten Pharmaskandalen.
Als im Jahre 1858 der homöopathische Arzt Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler (21. August 1821 in Bad Zwischenahn 30. März 1898 in Oldenburg) in Oldenburg seine Praxis eröffnete war noch nicht abzusehen, dass er einmal zu den bedeutendsten Ärzte Deutschlands zählen wird. Nach seinem Medizinstudium in Paris, Berlin und Gießen belegte er für ein Semester das Fach Homöopathie an der Universität zu Prag. Prag war zu der damaligen Zeit eine Hochburg für die Homöopathie. Ein Beleg dafür ist die Allgemeine homöopathische Zeitung, die AHZ, die älteste deutsche noch heute erscheinende Ärztezeitung, welche im Mitte des 19. Jahrhunderts ein gewisser Dr. J. Kafka, praktischer Arzt zu Prag, herausgab. Der Sitz des Verlages war Leipzig. Schüßlers Bruder Ernst Georg finanzierte das Medizinstudium jedoch nur unter der Prämisse, dass Schüßler Homöopath werde, denn die gerade 60 Jahre alte Homöopathie des ebenfalls deutschen Arztes Dr. med. Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755 1843) stand in voller Blüte. Damals wie auch heute ist es ein zeitaufwendiges Unterfangen das richtige Homöopathikum, sprich „Simillimum“ für den Patienten zu finden. Der Ansturm auf die kleine Arztpraxis in Oldenburg war groß. Schüßler suchte nach einem Ausweg.
Im gleichen Jahr erschien das Hauptwerk des damals international renommierten Pathologen Professor Rudolf Virchow unter dem Titel „Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre“. Virchow (1821 1902) löste damit die bis dahin allgemeingültige Säftelehre Hippokrates ab und ersetzte diese durch seine „Cellularpathologie“, also der Lehre von der erkrankten Zelle. „Nur die Zelle als kleinste funktionsfähige Einheit des menschlichen Organismus kann erkranken“ postulierte Virchow und Schüßler nahm den Gedanken auf. Ebenfalls beeindruckte ihn der große Agriculteur Justus von Liebig (1803 1873), welcher durch seine Experimente zur Erkenntnis gelang, dass Stickstoff, Phosphor und Kalium notwendig sind, ertragreiche Landwirtschaft zu betreiben. Sicherlich kennen viele Leser das Kunstdüngerprodukt „Nitrophoska“. Schüßler erinnerte sich ebenso der Kernaussage des niederländischen Physiologen Jacob Moleschott (1822 1893) „ohne Phosphor kein Gedanke“, gemeint ist das Lecithin, eine Phosphatverbindung, welche unsere Denk- und Merkfähigkeit durchaus positiv beeinflussen lässt und erschuf aus alledem genannten seine „abgekürzte homöopathische Therapie“ (1873), welche auf zwölf Mineralsalze beruht. Schaukasten (mit Raster unterlegt):
| Nr. 1 Calcium fluoratum D 12 Gefäß- / Elastizitätsmittel Nr. 2 Calcium phosphoricum D 6 Aufbau- / Regenerationsmittel Nr. 3 Ferrum phosphoricum D 12 Fiebermittel Nr. 4 Kalium chloratum D 6 Entzündungs- / Schleimhautmittel Nr. 5 Kalium phosphoricum D 6 Nervenmittel Nr. 6 Kalium sulfuricum D 6 Stoffwechselmittel Nr. 7 Magnesium phosphoricum D 6 Krampfmittel Nr. 8 Natrium chloratum D 6 Blut- / Wasserregulationsmittel Nr. 9 Natrium phosphoricum D 6 Entsäuerungsmittel Nr. 10 Natrium sulfuricum D 6 Entschlackungsmittel Nr. 11 Silicea D 12 Bindegewebs- / Eitermittel Nr. 12 Calcium sulfuricum D 6 Eitermittel |
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Quellen und weiterführende Literatur:
Emmrich: Antlitzdiagnostik Eine Einführung in die biochemische Heilweise nach Dr. Schüßler, Jungjohann Verlag
Emmrich: Praktische Biochemie Tonbibliothek, Jungjohann Verlag
Siebler: Biochemische Reflexzonen, WzG Verlag
Oltmanns: Die biochemische Heilweise in der Kinderheilkunde, WzG Verlag
Anschrift des Verfassers:
Peter Emmrich
Arzt, Dipl. Biologe & Chemiker
Redtenbacherstr. 62
75177 Pforzheim
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Naturheilpraxis 11/2001