Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Schmerzsyndrom der Schulter

von Gerd Aronowski

Auflösung des in der Augustausgabe erschienenen Beitrags
„Quis quid ubi quibus auxiliis cur quomodo quando“

Die Behandlung der Bewegungsstörungen ist immer wieder eine Herausforderung an uns Homöopathen. In manchen Fällen werden wir aufgrund der charakteristischen Kennzeichen der Erkrankung schnell zum heilenden Mittel finden können. Dies sind die besonders dankbaren Fälle, in denen es gleichermaßen für Patienten und Behandler zu einer eindrucksvollen Demonstration dessen kommen kann, was die Homöopathie zu leisten imstande ist. Dennoch wäre es falsch anzunehmen, dass man mit den Bewegungsstörungen leichtes Spiel hat.

In zahlreichen Fällen haben wir es mit einem Mangel an charakteristischen Symptomen zu tun. Hier ist natürlich ganz besonders unser anamnestisches Geschick gefragt und eine versierte Krankenbeobachtung. Aber auch bei der besten Anamnese wird in so manchem Fall ein hilfreiches und wegweisendes Symptom leider nicht herauf befördert werden können. Die Verordnung bleibt dann auf „wackeligen Beinen“.

Aber es gibt auch das genaue Gegenteil. Zuweilen treffen wir nämlich auf Patientenschilderungen, welche gespickt sind von den merkwürdigsten und exotischsten Symptomen. Finden wir diese in unseren Repertorien und Arzneimittellehren, so wird der Heilung kaum etwas im Wege stehen. Finden wir sie jedoch nicht – und das passiert auch gar nicht so selten – so bleiben auch die allerschönsten Symptome leider wertlose „Privatsymptome“ des Patienten, welche bis dato nur bei einem – eben diesem Patienten – beobachtet wurden. Leider fehlt uns dann in der homöopathischen Gesamterfahrung das dazu passende Similimum. Aus diesem Grunde soll Bönninghausen einmal in provokativer Weise gesagt haben, man solle nur das fragen, was im Repertorium steht.

Im Falle des uns vorliegenden Schulterschmerzsyndroms möchte ich auf einige Schwierigkeiten bei der Fallanalyse hinweisen.

Betrachten wir zunächst die Fragepronomen unseres oben genannten Spruchs:
Wer ist hier eigentlich krank? Nun – eine 50-jährige Frau, welche von Beruf Tänzerin ist! Dies ist wichtig im Hinterkopf zu bewahren, wenn es um die Beurteilung des Falles geht. Die Frau hatte vor mehr als 30 Jahren bei einem Brand einen schweren Sturz aus dem dritten Stockwerk eines Gebäudes. Dennoch konnte sie dessen ungeachtet ihren Beruf als Tänzerin ergreifen und diesen auch ohne Beeinträchtigung in fast 30 Jahren ausüben. Warum sollten wir in diesem Fall von plötzlich aufgetretenen Schulterschmerzen also auf den Zusammenhang mit einer Verletzungscausa schließen? Dies scheint mir auch in Anbetracht dessen, dass die Patientin einen solchen Zusammenhang vermutet, sehr unwahrscheinlich zu sein. Die Causa habe ich in vorliegendem Falle also unter den Tisch fallen lassen. Die Frage nach dem Warum bleibt hiermit unbeantwortet.

Betrachten wir das nächste Fragepronomen – was. Wir können uns beispielsweise fragen: Was ist das für eine Erkrankung? Was wollen wir im vorliegenden Fall eigentlich behandeln? Was soll besser werden? Was ist das Hauptanliegen der Patientin?

Nehmen wir das Beschwerdebild der Patientin einmal unter die Lupe, so wird sehr schnell klar, dass es sich um ein Symptomenkonglomerat handelt, in dem einzelne Symptome einen unterschiedlichen äthiologischen Hintergrund haben. Betrachten wir die Berichte der fachärztlichen Konsultationen, so finden wir mehrere Diagnosen:

Hier werden uns genannt:
1. knöcherne Spinalstenose der Halswirbelsäule
2. Diskusprolaps der HWS
3. Karpaltunnelsyndrom
4. (eine vermutete) Arthropathie des Schultergelenks.

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Anschrift des Verfassers:
Gerd Aronowski
Gottfried-v.-Herder-Weg 13
78464 Konstanz



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Naturheilpraxis 10/2001