Arbeitskreis für Augendiagnose und Phänomenologie Josef Angerer e.V

Bericht von der 17. Münchner Fachtagung Samstag, 7. Juli 2001

von Hermann Biechele

Josef Karl: Historisches zur Augendiagnose. Wer entdeckte was?

Traditionell eröffnete Josef Karl mit seinem Vortrag die 17. Münchner Fachtagung in Augendiagnose, zu der die Vorsitzende des Arbeitskreises, Ursula v. Heimendahl, über 100 Teilnehmer in München begrüßen konnte.

Wenn man ein Motto über diesen Vortrag stellen wollte, dann wäre es vielleicht das Motiv der beiden Königskinder, die nicht zueinander kommen sollten. Ein Motiv, das bereits am Anfang der Geschichte der Augendiagnose steht und mit den Namen Ignaz v. Peczely und Nils Liljequist verknüpft ist. Beide „entdeckten“ unabhängig voneinander und zur gleichen Zeit die Augendiagnose, der eine in Ungarn, der andere in Schweden und konnten diese Koinzidenz der Ereignisse niemals akzeptieren, bezichtigten zeitlebens wechselseitig den jeweils anderen des Plagiats.

Mit der weiteren Entwicklung der Augendiagnose wären dann die überaus zahlreichen Nachfolger zu würdigen – ein Themenstoff, der in 60 Minuten einfach nicht zu bewältigen gewesen wäre. So beschränkte sich Josef Karl in seinem Vortrag auf das Lebenswerk der beiden wichtigsten Protagonisten der Augendiagnose nach dem 2. Weltkrieg: Josef Angerer und Josef Deck. Und mit diesen beiden wiederholte sich das Motiv der beiden Königskinder. Beide standen noch unter dem Eindruck der Kriegserfahrung, als sie sich gleichzeitig an ihr gewaltiges Werk machten – und konnten wiederum nie zueinander kommen, haben niemals die Chance der fruchtbaren Ergänzung ihrer so unterschiedlichen Ansätze genutzt. Auch hier blieb die Rivalität lebenslang bestehen – bedauerlicherweise unter manchen Anhängern bis heute, trotz der inzwischen langjährigen guten Zusammenarbeit zwischen den Schülern und Nachfolgern der beiden Meister.

Josef Karl betonte die Schwierigkeit, diesen Beiden in der Beurteilung und Würdigung gerecht zu werden, weil zwar jeder seine eigenen Schwerpunkte gesetzt hat, manches beim einen wie beim anderen unberücksichtigt geblieben ist, einiges aber auch von beiden in ihrer je eigenen Art ausgearbeitet wurde. Will man also die Eckpfeiler setzen, so muß man sagen: Josef Deck war der große Systematiker, der mit wissenschaftlicher Gründlichkeit vorging, während Josef Angerer der große Visionär war, der immer die Gesamtschau suchte. Das drückt sich auch darin aus, wie die beiden ihre (wiederum beinahe zeitgleich erschienenen) ersten Bücher nannten: Josef Deck, Klinische Prüfung der Organ- und Krankheitszeichen in der Iris. Josef Angerer, Handbuch der Augendiagnostik. Augendiagnostik als Lehre der optisch gesteuerten Reflexsetzungen.

Beide haben ihre eigenen, äußerst umfangreichen Topografien herausgegeben. Die ursprünglich bestehenden Differenzen wurden im Laufe der Zeit zum Teil beseitigt, zum Teil geglättet und angeglichen und man kann wohl mit Recht sagen, daß hier in den wesentlichen Punkten inzwischen allergrößte Übereinstimmung herrscht. Wie viel Arbeits- und Forschungsaufwand, wie viel Ringen um die Sache und auch wie viel an gegenseitigem Respekt und Vertrauen dazu nötig war, können wir heute nur ahnen.

Josef Karl versuchte nun, das Lebenswerk dieser beiden Großen zu umreißen und man konnte es als Referenz an Josef Deck verstehen, wenn er mit diesem begann.

Josef DECKs Verdienst war die systematische Darstellung der Lehre von Konstitution, Disposition und Diathese. Drei Grundkonstitutionen bilden Basis und Ausgangspunkt der iridologischen Deutung und signalisieren dem Kundigen die grundsätzlichen Tendenzen auf dem Weg in die Pathologie. Modifiziert werden die Konstitutionen durch die Dispositionen und Diathesen. (s. Kasten).

Konstitutionen:
Die lymphatische Konstitution blaues Auge
Die hämatogene Konstitution braunes Auge
Die Mischkonstitution
Dispositionen
Neurogener Typ straffes Stroma
Vegetativ spastischer Typ zirkuläre und radiäre Furchen
Mesenchymal schwacher Typ aufgelockertes Stroma
Glandulär schwacher Typ multiple Lakunen an der Iriskrause
Tuberkuliner Typ Koch’sche Zeichen
Diathesen
Exsudative Diathese (fr.: hydrogenoide D.) Tophi
Übersäuerungsdiathese (fr.: harnsaure D.) Plaques, Trübungen
Dyskratische Diathese multiple Fremdpigmente
Lipämische Diathese Arcus lipoides corneae
Allergische Diathese Allergiegefäße

In seinem „Schnelldurchlauf“ durch dieses Thema ließ uns Josef Karl an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben und brachte so manchen bewährten Therapiehinweis.

Er wies auch darauf hin, daß verschiedenen Dispositionen und Diathesen nebeneinander bestehen können.

Gar nicht selten findet man etwa den Übergang von der exsudativen Diathese in die Übersäuerungsdiathese mit ihrer rheumatischen Komponente oder wie Josef Angerer das ausdrückte:

„Die dauernden Erkältungen, Sinusitiden, Tonsillitiden der exsudativen Diathese bereiten den Boden für den Rheumatiker“. (s. Bild 1,2)

Bild 1 + 2: rechtes und linkes Auge. Die blaue Iris zeigt die lymphatische Konstitution an. Die zahlreichen kleinen, krausenständigen Lakunen sind das Kennzeichen der glandulär schwachen Disposition. Die Tophi am Ziliarrand als Hinweis auf die exsudative Diathese fließen stellenweise ineinander und signalisieren damit den Übergang in die Übersäuerungsdiathese.
In der Krausenzone dürfen die zahlreiche Krypten und Defektzeichen nicht übersehen werden.

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Bilder:
Josef Karl

Anschrift des Verfassers:
Hermann Biechele
Kaiserstraße 51
80801 München 



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