Umwelt

Ernstes und Heiteres, Plausibles und Lästiges über das Essen und Trinken

von Josef Karl

Zuerst etwas voraus:
Der nachfolgende Beitrag blieb absichtlich bei mir zwei Jahre liegen, weil ich dachte, meinte: ach, es reicht nun - wer’s wissen will, der weiß es längst und die Unbelehrbaren werden sowieso auf ihre Muskelaufbau-Präparate (häufig sog. Aminosäuren aus „Tierschrott“) und ihre antioxydativen Vitamintabletten neben Burger King schlucken und hinunterwürgen! Was soll die immerwährende Aufklärung, wenn keiner hinhört.

Doch dann war wieder einmal alles anders: BSE - Rinderwahnsinn! - das hat viele von uns dann doch getroffen, da kam Angst und Empörung auf. Letztere natürlich darüber - wie soll’s je anders sein, über „die Anderen“: Regierung, Ämter und Verbände, Bauern, Metzger und Händler usw. „Die sind schuld“, „die haben geschlafen“ (obwohl die Vorwarnungen niemanden interessierten!), „die hätten zu spät gehandelt“ etc. etc. (es erinnert fast an eine ewig sich wiederholende Komödie á la „Dinner for one“ des Freddy Frinton an Silvester - the same procedure as everyone). Nur dass es diesmal dem Konsumenten unter die Haut zu gehen scheint.
Aber auch dieses: der „unschuldige Konsument“ liest wenig, hört wenig, denkt nicht immer gründlich genug nach. Es gab genügend Vorwarnungen. Meine eigene dürfte die geringste gewesen sein - als ich vor drei Jahren in dieser Zeitschrift einen Aufsatz „Rinderwahn - Menschenwahn?“ veröffentlichte. Der Chefredakteur K.F. Liebau hat für solche Dinge immer Mut und wohl auch Gespür und veröffentlichte es. Gelesen haben es in der „Naturheilpraxis“ einige, ein paar schrieben mir sogar - jedoch ein Architekt(!) mit dem ich befreundet bin, der wollte Abschriften und verschickte sie an eine Reihe von Menschen.

Aber jetzt nach drei Jahren kam erst eigentlich eine Reaktion: der besagte Freund schickte meinen damaligen Aufsatz mit dem provozierenden Titel jetzt an diverse Zeitungen quasi unter dem Aspekt, dass man die Katastrophe hätte sehen können, u.a. an die renommierte „Süddeutsche Zeitung“. Nun wurde ich mit Anrufen überzogen - ob ich denn als Heilpraktiker hellsichtig sei?! Nein, keineswegs, ich kann mich nur auf den gesunden Menschenverstand berufen: nämlich, dass eine Kuh keinen Fisch frisst - um es auf den allereinfachsten Nenner zu bringen, auch keine „Verwertungsreste“ ihrer eigenen Art, wie sie ins Tierfutter aus den sog. Tierverwertungsanstalten geliefert werden. Eine Kuh ist eben auch kein Kannibale.

Hier wird offen ein Naturgesetz missachtet und eine jahrmillionenfache genetische Determination ignoriert. Die Kuh kann sich nicht - wie der Mensch übrigens auch - auf etwas umstellen, was sie seit Urzeiten nicht kennt. Der Kernpunkt meines Artikels seinerzeit war, dass nicht die Kuh wahnsinnig ist, sondern dann eben schon der Mensch, mehr oder weniger wir alle. (Offensichtlich kann die Kuh artfremdes bzw. eigenes Eiweiß nicht abbauen - Plaques bilden sich im Gehirn und lassen das Tier verenden.)

Genug, endlich? Nein, nicht ganz. Ist der Bundeskanzler schuld, ist es die Gesundheitsministerin, ist es der Landwirtschaftsminister, der Bauernpräsident und weitere, auf die es ja die letzten Monate kräftig gehagelt hat? Nun noch mal, was ich schon vor drei Jahren gesagt oder geschrieben habe: in erster Linie ist der Verbraucher der Schuldige. Er fährt 3 oder auch 10 km zum Supermarkt, wo das Pfund Rindfleisch um 35 Pfennige billiger ist, er verfährt sein Benzin, um sechs Eier um 20 Pfennige billiger zu erstehen. Er verlangt fortwährend Dumpingpreise und Sonderangebote - und denkt nicht daran, dass kein Landwirt auf der Welt diese Preise machen kann, wenn er „tiergerecht“ wirtschaftet. Freilaufende Hühner, Rinder, traditionell mit Körnern, Gras, Heu und Rüben gefüttert: da ist keine Konkurrenzchance gegenüber den Tierfabriken, die mit Massenhaltung, dem besagten ominösen Tierfutter oder weiblichen Sexualhormonen im Kalbfleisch Billigpreise anbieten können. Solange wir Deutschen viel Geld für übermotorisierte Autos und Reisen nach Thailand ausgeben und am Preis für eine gute Butter statt billiger Margarine sparen, so ähnlich hat es der bekannte Koch- und Esskritiker Wolfram Siebeck wiederholt im „Zeitmagazin“ geschrieben, bleiben wir ein Entwicklungsland in der Esskultur.

Was soll man hier hinzufügen? Das Nachfolgende, liebe Leser. Was folgt, ist zwar auch nicht unernst, aber manchmal kann man dabei noch schmunzeln.
An diesem Thema kommt man einfach nicht vorbei - das merken wir jeden Tag und schon lange. Und Experten sind wir auch alle auf diesem Gebiet: bei jeder Diskussion kann sich jeder profilieren. Jedem seine eigene Diät? Es sieht fast so aus! Darf man’s auch individuelles Chaos nennen, wenn jeder recht hat? Oder ist jetzt doch der Schlüssel gefunden, wenn wir unsere Blutgruppe wissen und dann die Frage nach der Ernährung (endlich!) gelöst ist: rein in eine der vier Gruppen und Schluss mit dem ewigen Rätseln, ob man das Richtige isst?
Wieder bringe ich einen Beitrag um ein wenig Licht auf ein Dauerthema zu werfen. Oder am Schluss doch wieder nur neue Zweifel und weitere Verwirrung, wo uns doch schon „alles klar“ war?
Sehen wir’s.

...

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Heilpraktiker
Siegfriedstr. 10
80803 München

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