Paracelsus-Medizin

Die Melisse und ihr Geist

von Michael Schmid

1. Die Firma Weleda liefert ein besonderes Melissenpräparat: „Melissa cupro culta“. Durch Düngen von Melisse mit Kupfer kommt es zu einer harmonischen Verbindung und Verstärkung der Venuskräfte von Metall und Pflanze. Foto: Olaf Rippe.

Seit ältesten Zeiten erforscht der Mensch die Möglichkeiten das Leben zu verlängern. Besonders im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit braute man Lebenselixiere („Aquae vitae“), deren Rezepturen man in großer Menge in den einschlägigen Werken jener Zeit finden kann.

Eines der wenigen „Lebenswässer“, das sich immer noch großer Beliebtheit erfreut, ist der Melissengeist, eine komplexe Mischung aus Gewürz- und Heilpflanzen. Die unterschiedlichsten Präparate kann man bis heute in fast jedem Lebensmittelladen und in jeder Apotheke finden. Sogar in der „Roten Liste1“ ist der „Geist der Melisse“ aufgeführt.

Verkörperung der Venuskraft

Melissa erneuert alle Kräfte des Körpers (...). (Paracelsus: III/448

Der Melissengeist ist aus einer Vielzahl von Substanzen zusammengesetzt, den Mittelpunkt macht jedoch immer die Melisse aus, die der Arznei ihren Namen gab.

Die schlichte Schönheit dieser Pflanze und ihre gewaltige Heilkraft ist zu allen Zeiten hoch geschätzt worden. Man findet sie in nahezu allen alten Kräuterbüchern, mit einer geradezu unglaublichen Anzahl von Indikationen.

Die zarte Gestalt, die Ästhetik ihres Aufbaus, der milde erfrischende Geruch und die medizinische Wirksamkeit führten zu einem Vergleich mit dem Sinnbild der lieblichen Venuskraft.

Der feine Geruch der Melisse stammt nicht, wie bei so vielen Pflanzen, von den Blüten, sondern von den Blättern. Der Gehalt der ätherischen Öle, die für den zitrusartigen Duft verantwortlich sind, ist äußerst gering; so benötigt man bei einer nicht gezüchteten Form etwa 7000 kg Pflanzenmaterial für nur einen Liter Öl. Selbst diese Ausbeute des Wirkstoffs lässt sich nur dann erreichen, wenn die Ernte nach mehreren trockenen, trüben Tagen erfolgt.

Die Freundlichkeit dieser Pflanze zeigt sich auch in ihrem einfachen Anbau. Obwohl sie ursprünglich aus Südeuropa stammt, lässt sie sich doch problemlos in unserem Klima anpflanzen und gedeiht so prächtig, dass es sogar Gartenbesitzer gibt, die sich darüber beschweren.

Volkstümliche Namen wie Honigblum oder Immenblatt zeigen, wie befreundet sie mit der Kraft der Sonne ist. Bienen, die wohl sonnigsten Tiere, lieben ihren Nektar sehr und genießen ihn reichlich. Damit die Bienen den Stock nicht verlassen und sich bester Gesundheit erfreuen, reiben Imker den Bienenstock gerne mit den Blättern ab. Auch soll man von Bienenstichen verschont bleiben, wenn man Melisse in Händen hält.

Das harmonische Verhältnis von Sonne und Venus finden wir auch im Melissengeist wieder, da die weiteren Zutaten immer solarer Natur sind. Erst durch diese „richtige“ Mischung erhält die Arznei ihre vollendete Harmonie.

...

Literatur:
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Verlag Walter de Gruyter, 1987
Braunschweig, Hieronymus; Ars destillandi, Nachdruck der Ausgabe von 1610
Dioscorides, Pedacius; Kräuterbuch, Nachdruck der Ausgabe von 1610
Pelikan, Wilhelm; Heilpflanzenkunde, Phil.-Anthr. Vlg., Dorn. (1999) Paracelsus; Sämtliche Werke; Anger-Verlag Eick 1993
Schröder, Johann D.; Trefflich versehene Medicin-Chymische Apotheke, Nachdruck der Ausgabe von 1685
Tabernaemontanus, Jacobus Theodorus; Neu vollkommen Kräuter-Buch, Nachdruck der Ausgabe von 1731
Verschiedene Begleitskripte zu Ausbildungen und Seminaren von Natura Naturans, i.e. Dr. rer. nat. Max Amann, Olaf Rippe und Margret Madejsky.

Anschrift des Verfassers:
Michael Schmid
Heilpraktiker
Röblingweg 5
80937 München
Tel: 089 / 31 88 17 89
Fax: 089 / 31 88 17 86
E-Mail: M.W.Schmid@t-online.de

weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 4/2001

Naturheilpraxis 4/2001