FACHFORUM

Von der Kunst des Würzens

Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Gewürzpflanzen unter dem energetischen Gesichtspunkt der Chinesischen Medizin

von Eva Mosheim-Heinrich

In Pfahlbauten der späten Jungsteinzeit fand man bereits Gewürze wie Kümmel und Engelwurz. Älteste Aufzeichnungen über den Gebrauch von Gewürzen stammen aus Mesopotamien. Sumerer und Babylonier haben nicht nur Heil- und Gewürzpflanzen angebaut, sondern schon frühzeitig Handel damit getrieben. Auch aus Indien und China sind 2000 Jahre alte Texte über die Anwendung von Gewürzen überliefert.

Arabische und indische Seefahrer brachten Gewürze aus Indien und Indonesien in arabische Häfen, von wo sie mit Karawanen weiter in die Mittelmeerhäfen transportiert wurden, die die Hauptzentren des lukrativen Gewürzhandels waren. Die Preise waren exorbitant hoch und viele Gewürze hatten den Wert von Gold, Edelsteinen und Perlen. Da die Gewinne schwindelerregende Höhen erreichen konnten, waren Handelsstädte wie Venedig, später Lissabon oder Amsterdam mit allen erdenklichen Tricks und Intrigen bemüht, die Gewürzmonopole zu behalten und auszubauen. Für Gewürze wurden zahlreiche Kriege und blutige Auseinandersetzungen geführt.

Gewürze wurden vielseitig verwendet. Die antibakteriellen Eigenschaften dienten wesentlich zur Haltbarmachung von Fleisch, das in warmen Regionen ohne Kühlung schnell verdarb. Hier war neben der Konservierung das Überdecken des unangenehmen Geruchs wichtig. Aber auch die Aromatisierung der Speisen spielte eine wesentliche Rolle. Älteste Kochbücher stammen aus römischer Zeit, z.B. "De re coquinaria" von Apicius Caelius. Schilderungen lukullischer Gelage und Schlemmereien sind uns überliefert von Petronius im "Gastmahl des Trimalchio".

Aber bereits in der griechischen und römischen Antike wird der meiste Wert auf die medizinische Anwendung von Gewürzen gelegt, wie es die Texte von Hippokrates, Theophrast und Dioskurides oder die römischen Quellen von Plinius oder Galenus belegen.

Die Ärzte der griechischen und römischen Antike haben Heil- und Gewürzpflanzen bereits detailliert in ihrer Energetik beschrieben, wie wir es aus den alten Texten der chinesischen Medizin kennen. Da ihr Medizingebäude auf der Lehre der Humoralpathologie gründete, war es ebenfalls von Wichtigkeit, den Trockenheits- oder Feuchtigkeitsgrad einer Pflanze zu nennen. Diese Tradition hat sich bis in die späte Renaissance fortgesetzt. Die berühmten Bücher der Arzt-Botaniker des 15.-17. Jahrhunderts arbeiten nach der antiken Vorlage, haben aber ihre Texte noch erweitert um zahlreiche, in unserem Klima gebräuchliche Pflanzen. So verfügen Therapeuthen, Ernährungeberater und Köche, die nach den Regeln der traditionellen chinesischen Medizin arbeiten, über die exakte energetische Beschreibung von sowohl tropischen und mediterranen, als auch heimischen Würzpflanzen. Dabei sind sowohl die Temperatur- als auch die Trockenheits- bzw. Feuchtigkeitseigenschaften in 4 Grade eingeteilt:

Grad I = etwa neutral bis leicht erwärmend
Grad II = mäßig warm
Grad III = stark erwärmend
Grad IV = hitzig und damit häufig toxisch (wird selten angewendet).

Wer also ein Gericht nach der 5-Elemente-Lehre zubereiten will, hat dank der alten Quellen die Möglichkeit, die zugefügten Gewürze energetisch genau zu bestimmen und sie so harmonisch in das Gericht miteinzubeziehen. Das erhöht nicht nur den Genuß, sondern macht die Speisen leichter verdaubar. Die meisten unserer Gewürze, seien sie tropischer, mediterraner oder heimischer Herkunft, haben primär die Eigenschaft, die Yun-Hua-Funktion der Milz zu stärken. Sie sind im Geschmack aromatisch oder scharf, leicht bitter und gelegentlich etwas süß. Das Temperaturverhalten ist warm (meistens warm im II. oder III. Grad). Als Beispiel mag der Liebstöckel dienen. Daneben sind zahlreiche Würzpflanzen aber auch in der Lage, das Feuer im Herd am Brennen zu halten, d.h. die Niere zu erwärmen. Milz-Qi- oder Milz-Yang-Leere gehen ja häufig mit einer Nieren-Yang-Leere einher. Neben dem erwähnten Liebstöckel sind hier v.a. Wacholderbeeren zu nennen, die alle oben gesagten Eigenschaften in sich vereinen.

Im Nachfolgenden soll eine kleine Auswahl unserer gebräuchlichen Würzpflanzen in ihrer Energetik nach den alten Quellen beschrieben werden, wobei auf die in den chinesischen Kräuterbüchern dargestellten Gewürze wie Ingwer, Zimt oder Galgant bewußt verzichtet wurde. 5-Elemente-Köche mögen daher dort nachlesen:

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Anschrift der Verfasserin:
Dr. rer. nat. Eva Mosheim-Heinrich
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