Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Bericht über den 6. Therapeutengesprächskreis der DGKH, 16. - 18. Juni 2000

von Renate Schweyen-Ott

Zur Tagungsstätte - dem Ferienhaus St. Theresienheim der Steyler Missionsschwestern in Eriskirch-Moos am Bodensee - waren wir dieses Mal geladen, um eine ganz besonders interessierende Thematik und Fragestellung in vier Vorträgen auszuloten: Was vermag die klassische Homöopathie in der Gynäkologie zu leisten? Glänzende Beiträge mit Kasuistik leisteten hier umfassend Aufklärung.

Als erster Vortragender referierte Roger Rissel (Mainz) zum Thema "Gutartige Erkrankungen der weiblichen Genitalorgane: Myome und Endometriose". Ihm wurde von der Kollegin Bettina Luck (Freisbach) ein Fall von Endometriose zur Schilderung überlassen.

Vorweg gab Rissel - wie dies in unserem Kreis sehr geschätzt und in der Regel üblich ist - einen detaillierten, wissenschaftlich gegliederten und reichlich bebilderten und mit Tabellen versehenen Überblick über die geschlechtliche Reifung des weiblichen Organismus und ihre Implikationen.

Zunächst wurden anhand einer Tabelle die Lebensphasen der Frau aufgezeigt, die die größeren Abschnitte Kindheit, Pubertät mit Menarche, Geschlechtsreife, Klimakterium und Senium umfassen. Diesen wurden tabellarisch jeweils die Bandbreiten von Alter, Hormonstatus sowie Habitus und äußere Merkmale zugeordnet. Beispielhaft wurde u.a. erwähnt, daß sich von 1860 bis heute die Menarche allmählich um zwei Jahre nach vorne verschoben hat: sie beginnt in der Regel mit dem 13. Lebensjahr. Schon Samuel Hahnemann betrachtete es als ein psorisches Symptom, wenn bis zum 15. Lebensjahr die Menarche noch nicht eingesetzt hat. Im Rahmen der sog. Geschlechtsreife des Mädchens veranlassen dann die beiden Hormone Östrogen und Gestagen in einem biphasischen Rhythmus den Menstruationszyklus.

Die Menopause wird heutzutage im Durchschnitt mit 50 1/2 Jahren angesetzt; auch Hahnemann gibt als Zeitraum das 48. - 50. Lebensjahr an, in dem die Monatsblutung zum Stillstand kommt. Während des Klimakteriums nimmt dann der Hormonstatus allmählich immer mehr ab bis zu jenem niedrigen Niveau, das im Senium gegeben ist; wobei die dann auftretenden sog. Wechseljahresbeschwerden viel mit dieser hormonellen Umstellung zu tun haben.

Nach dieser Darstellung der hormonellen Phasen im Leben einer Frau gab Rissel einen kurzen Überblick über die Wirkungen der Sexualhormone. So sind die Gestagene (Progesteron) zuständig für die Vorbereitung und die Aufrechterhaltung einer etwaigen Schwangerschaft (deshalb auch Schwangerschaftshormon genannt), für die Entwicklung der Brustdrüsen sowie für den Abbau des Östrogens und die Ausscheidung dieser Abbauprodukte; während die Androgene (Testosteron) besonders in der Pubertät für Achsel- und Schambehaarung sowie für Muskel- und Skelettreifung (vor allem im Schultergürtelbereich) sorgen; die Östrogene (Östradiol, Östron) dagegen sorgen für Brustentwicklung und Proliferation der Gebärmutterschleimhaut sowie für die Aktivierung etwa von Knochenwachstum, (Fett-) Stoffwechsel, besonders in der Pubertät, u.a.m. Die Östrogene bewirken auch - was für das Klimakterium wichtig zu wissen ist - eine mittlerweile gesicherte Verlangsamung der Knochenentkalkung, also der Osteoporose, die zwar durch Östrogengaben nicht ganz verhindert, jedoch hinausgezögert werden kann.

Als weiteren wichtigen Punkt seines Überblicks stellte Rissel die diffizile Kybernetik der Sexualhormonsynthese vor. Wir erinnern uns, daß die primäre Rolle dabei das im Hypothalamus gebildete Gonadotropin-releasing-Hormon (GnRH) spielt, wobei der Hypothalamus seinerseits vielfältigen Einflüssen ausgesetzt ist, wie etwa jenen des für das affektiv-emotionale Verhalten zuständigen limbischen Systems, der für die Verarbeitung von über Sinnesorgane aufgenommene Umweltinformation verantwortlichen Großhirnrinde und der formatio reticularis, die direkt oder indirekt mit allen Teilen des ZNS - also den afferenten und efferenten Bahnen - in Verbindung steht.

Dieses GnRH wird dann im Hypophysenhinterlappen angereichert, von wo aus es durch eine sog. pulsatile Ausschüttung - etwa in einem 90 Minuten-Intervall - zum Hypophysenvorderlappen transportiert wird, wodurch es dann hier zur Ausschüttung der beiden am Ovar wirksam werdenden Hormone - des Follikel-stimulierenden Hormons (FSH) und des Luteinisierenden Hormons (LH) - kommt, die dann am Ovar die Bildung von Gestagenen und Östrogenen veranlassen, wobei sich aus den Gestagenen durch biochemische Umbauschritte auch die Androgene entwickeln. Diese Hormone können sodann ihre proliferative und sekretorische Wirkung am Uterus und in der Vaginalschleimhaut entfalten; durch einen Rückkopplungseffekt wird nach der Ovulation die pulsatile Ausschüttung des GnRH auf einen 3-4-Std.-Rhythmus heruntergefahren, eine Kenntnis, die heutzutage bei bestimmten Erkrankungen hormontherapeutisch genutzt werden kann.

Nach diesem physiologischen Überblick erfolgte dann die Darstellung der Pathologie der weiblichen Sexualorgane, die aufgeteilt wurde in entzündliche Erkrankungen (differenziert nach dem Ort der Entzündung) und sexuell übertragbare (differenziert nach Erregern, wie Bakterien, Viren, Pilze) einerseits, und Veränderungen an den weiblichen Geschlechtsorganen andererseits, die in vier Arten unterteilt wurden: 1. Gutartige Veränderungen und Tumore (wie Papillome, Adenome, Myome, Polypen, Zysten und Endometriose); 2. Bösartige Tumore; 3. Lageveränderungen; 4. Angeborene Fehlbildungen.

...

Anschrift der Verfasserin:
Dr. phil. Renate Schweyen-Ott
Heilpraktikerin /Klass. Homöopathie
Raglovichstraße 14
80637 München

weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 12/2000

Naturheilpraxis 12/2000