FACHFORUM

Das Gesundheitswissen der Alten

von Walter Andritzky

Zusammenfassung:

Wiederentdeckung und Umwertung überlieferter Wissenssysteme im Lichte moderner Wissenschaft führen immer wieder zu faszinierenden Einsichten in die intuitive Intelligenz unserer Vorfahren. Nirgends wird dieses Erfahrungswissen heute dringlicher benötigt als im Gesundheitswesen, dessen Effizienz aufgrund von Überspezialisierung bei gleichzeitigem Verlust an menschlicher Unterstützung mehr und mehr zu wünschen übrig lässt.

Während sich inzwischen viele Naturheilkundige heute mit den ostasiatischen Lehren von Yoga, Ayurveda, TCM, Tao und Tantra auskennen, gibt es erstaunlich wenig Berichte zu jenen Traditionen, die uns historisch und räumlich weit näher stehen. Besonders interessierte den Autor dabei die Frage, wie das Verhältnis von Körper und Geist, das alte Problem der "Psychosomatik" von diesen Kulturen gelöst und damit in der Praxis umgegangen wurde.

Wenn wir auch die Rolle von religiösen Riten und initiatischen Kulten für das Gesundheits- und Staatswesen unserer hochkulturellen Vorfahren einbeziehen, so soll dies dem Leser auch eine gelassenere Einschätzung des aktuellen "Booms" der Psychogruppen und "neuen religiösen Bewegungen" mit Heilungsansprüchen ermöglichen als sie uns momentan von sensationsgierigen Medien vermittelt wird.

Wir werden überraschende kulturelle Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten entdecken, die sich durch die ganze Medizingeschichte ziehen: Wie wurde Krankheit überhaupt definiert, welche Bezeichnungen gab es dafür? Was wusste man von der menschlichen Anatomie und Physiologie? Unterschied man zwischen körperlichen und geistigen Krankheiten, wie stellte man sich die `Seele' vor? Gab es entsprechende Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Typen von Heilerspezialisten oder war ein Priesterschamane für alles zuständig? Würde solches Wissen für Probleme unseres heutigen Gesundheitswesens von praktischem Nutzen sein können?

Letztere Frage beantwortet sich durch die seit dem 19 Jh. wachsende Bedeutung von Phänomenen des Geisterglaubens und Spiritismus, von Besessenheitskulten und Trancemusik, der modernen Okkult-Welle bei Jugendlichen (z.B. Gläser- und Tischrücken), dem Geistheilen, dem Vordringen afroamerikanischer Heilkulte, aber auch durch neue Krankheitsbilder wie die Multiple Persönlichkeitsstörung fast von selbst. Wie wir sehen werden, handelt es sich hierbei um kulturübergreifende, transkulturelle Erlebens- und Krankheitsbewältigungsweisen, deren Sinn die moderne Biomedizin ohne systematische Kulturvergleiche nicht zu erfassen vermag.

Eine Zweiteilung von Heilertypen in Ärzte (mit materiellen Substanzen, z.B. Pflanzen, Mineralien, Tierstoffen arbeitend) und Wahrsager/Geistheiler (vorwiegend mit Symbolen, Ritualen und Gebeten arbeitend) existiert seit Anbeginn der Medizingeschichte! Kam es in einer Epoche zu einem Überwiegen biologischer Vorstellungen, so wurde stets eine Art Gegenbewegung spiritueller Praktiken ausgelöst und umgekehrt: denken wir an den biologischen Materialismus Anfang des 19 Jh.: nachdem man das "Gehirn die Gedanken absondern" sah, "wie die Niere den Urin", traten Bewegungen wie Allain Kardec's Spiritismus, des Hypnotismus und des messmerischen Heilmagnetismus auf den Plan. Im 16. Jh. war es Paracelsus, der in Reaktion auf den scholastischen Rationalismus die antike Vier-Elemente- und Säftelehre ablehnte und ihr eine vitalistische Entsprechungslehre, den Entwurf eines Mikro- und Makrokosmos umfassenden Relationssystems entgegenstellte. Wir begegnen dieser eigentümlichen Dynamik schon im alten Griechenland.

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Anschrift des Verfassers:
Dr. Walter Andritzky
Kopernikusstr. 55
40225 Düsseldorf

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