FACHFORUM

Die neue Geburt der Rose

von Hans-Josef Fritschi

"Die Rose ist groß im ersten Leben und wohl geziert mit ihrem Geruch;
solange sie den hat und behält, solange ist sie noch keine Arznei.
Sie muss faulen und sterben und neu geboren werden
- dann redet von den Kräften der Arznei, dann verordnet sie!"
Paracelsus *

Wer kann sich eine abgestorbene oder gar verfaulte Rose als Heilmittel vorstellen? Jene edelste aller Blumen, die einen so kostbaren Duft ausströmt. Wäre es da nicht angebracht, alles daran zu setzen, dass bei der Herstellung einer Arznei aus der Rose dieses sicht- und riechbar Kostbare nicht zerstört wird? Sollte man die zarten Knospen nicht eher mit Samthandschuhen pflücken und vorsichtig in Wasser legen, auf dass ihr die edlen Kräfte entströmen, so wie es uns beispielsweise Edward Bach lehrte? Paracelsus ist da anderer Meinung: "Sie muß faulen und sterben und neu geboren werden..." sagt er prägnant. Dann erst soll man von Arzneikräften sprechen. Ein offener Widerspruch? Ansichtssache.

Arzneikräfte und Prozess

Paracelsus war von der Alchemie und ihren Theorien geprägt. In der Alchemie aber ist der Prozess das Fundament aller Theorien und Praktiken. Durch einen Prozess geschieht Transformation oder Transmutation. Die paracelsischen Arzneikräfte sind nicht solche, die in den natürlichen Dingen (in ihrem "ersten Leben") angelegt sind durch Wirkstoffe und chemische Verbindungen, aber auch nicht naturgemäß vorhandene Kräfte feinstofflicher Art - obwohl keineswegs zu leugnen ist, dass es solche gibt (s. wiederum Bach). Paracelsische Arzneikräfte sind solche, die durch transformierende Kräfte während eines Prozesses erst entstanden sind. Dies hat er "im Lichte der Natur" erkannt: "Denn wenn der Magen nichts ungefault lässt, das zu einem Menschenfleisch werden soll, so wird auch nichts ungefault bleiben, was zu einer Arznei werden soll. Darum achte nicht auf das erste Leben, suche auch nit in ihm alle seine Kräfte."

Hierdurch wird deutlich, was Paracelsus unter "Sterben" und "Faulen" versteht. Es ist kein Sterben im landläufigen Sinne, es ist eher ein "Verstoffwechseln", ein Wechsel von Stoffen hinein in eine neue Daseinsform. Das geht nicht, ohne dass die alte aufgelöst wird, ihre Eigenständigkeit aufgibt und den Mut zum Chaos aufbringt. So wird auch der paracelsische Satz verständlich, der sich an das Bild vom Magen anschließt: "Was nicht in die neue Geburt geht, das geht den Arzt nichts an."

...

* Alle Paracelsus-Zitate stammen aus dem "Opus paramirum"

Foto: Hans-Josef Fritschi

Anschrift des Verfassers:
Hans-Josef Fritschi
Heilpraktiker
Karl-Bromberger-Str. 5
78183 Hüfingen

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