Pflanzen - Heilkunst

Der Tee - ein überholtes Arzneimittel?

von Dieter Fendt

Um es gleich vorweg zu sagen: ich werde den zunächst noch geneigten Leser nicht mit längst bekannten Tee-Rezepturen, die er bereits wiederholt gehört oder gelesen hat und die als "Geheimtip" bisweilen wiedergekäut werden, langweilen. Wer sich dafür interessiert, der sollte die hervorragende Originalliteratur von Rudolf F. Weiß "Lehrbuch der Phytotherapie", von Josef Karl "Therapiekonzepte für Naturheilkunde" oder Günther Lindemann "Teerezepte" studieren, die allesamt aus der Praxis für die Praxis bewährte Teemischungen komponiert und die Sinnhaftigkeit der Zusammensetzung ausführlich dargestellt und begründet haben (Übrigens ein Vorgang, der aus dem Nachzulassungsverfahren seit der 5. AMG-Novelle bestens bekannt ist). Eine Lektüre dieser Bücher ist noch immer ein großer Gewinn.

Mein Ziel hingegen ist, den arzneimittelrechtlichen Aspekten nachzuforschen,

  • in welchem Umfang altbewährte Teedrogen und Teemischungen auch der neueren Forschung standhalten oder durch diese bestätigt werden,
  • ob Teerezepturen noch als adäquate Arzneimittel anzusehen sind,
  • welche Pflanzen oder -drogen auch heute noch arzneimittelrechtlich für Tees anerkannt sind,
  • ob und welche pflanzlichen Teemischungen Eingang gefunden haben in moderne Arzneibücher und Pharmakopoen.

    I) Der Tee und die Forschung

    Der arzneilich wirksame Tee ist sicherlich eine der ältesten Arzneiformen, oder sollte man sagen die älteste galenische Zubereitung eines Arzneistoffes? Über viele Jahrhunderte ist der Gebrauch von Tees oder Teemischungen überliefert. Nicht selten war er der Ausgangspunkt von Entdeckungen bzw. Entwicklungen der modernen Arzneimittel.

    Sehr schön und interessant ist dieser Erkenntnis- und Lernprozess nachzulesen in dem Büchlein "Bericht über den Fingerhut und seine medizinische Anwendung mit praktischen Bemerkungen über Wassersucht und andere Krankheiten" vom englischen Arzt William Withering aus dem Jahre 1785. 10 Jahre zuvor war er mit dem Geheimrezept einer Teemischung von einer alten Frau gegen Wassersucht konfrontiert worden, mit dem auch dann noch Heilung erzielt worden sei, wenn Ärzte nichts mehr ausrichten konnten. Withering experimentierte vor allem mit dem in seinen Augen wirksamsten Kraut der Mischung, dem Fingerhut, wobei er durch vorsichtige Dosierung die wie man heute sagen würde erheblichen Nebenwirkungen wie kräftiges Erbrechen und Abführen reduzieren konnte. Nachdem auch ein ärztlicher Freund durch einen "Quacksalber" (der nicht unähnlich dem Heilpraktiker heilen konnten, ohne dass die Schulmedizin dies kausal erklären konnten) von Wassersucht geheilt worden war, untersuchte er bereits damals sogar die Unterschiede in der Therapie einerseits durch die Wurzel des Fingerhutes mittels Dekoktes und andererseits der Blätter in Form eines Infus. Im Vordergrund stand damals die diuretische Wirkung, der kausale Zusammenhang durch die herzwirksamen Glykoside und Cardenolide auf das Herz war noch unbekannt. Erst 100 Jahre später erkannte der Physiologe Rudolf Böhm bei Experimenten am Froschherzen, dass es sich bei Digitalis um einen direkten Effekt am Herzmuskel handelt. Ein derartig unvoreingenommenes Forschen, also Wissenschaft im eigentlichen Sinne, können wir uns heute nur wünschen. In der Vorrede des Buches schreibt Withering: "Der Gebrauch des Fingerhutes breitet sich immer mehr aus, und es ist besser, die Welt erhält eine, wenn auch unvollkommene Anleitung auf Grund meiner Erfahrungen, als dass Menschenleben infolge unrichtiger Anwendung aufs Spiel gesetzt werden, oder eine Medizin von größter Wirksamkeit als gefährlich und unbrauchbar getadelt und abgelehnt wird".

    225 Jahre später können wir bei Luckner/Wichtl im Buch "Digitalis" bewundernd feststellen, wie mit modernsten Methoden und Analyseverfahren beim Fingerhut nahezu alle wichtigen Geheimnisse aufgespürt worden sind, ohne jedoch sicher zu sein, dass wir nicht doch in Kürze mit neueren Erkenntnissen umdenken müssen. Wenn auch aufgrund der geringen therapeutischen Breite und der notwendigen exakten Dosierung nicht mehr als Tee, so ist die Digitalis als Arzneipflanze mitsamt ihren Indikationen heute unverzichtbar in der Therapie des Herzens und seiner Symptome geworden.

    II) Der Tee - ein wirksames Arzneimittel?

    ...

    Literatur beim Verfasser

    Anschrift des Verfassers:
    Dieter Fendt
    Heilpraktiker
    Tulpenstr. 8
    82272 Moorenweis

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