KREBSFORUM

Heilpraktiker in der Krebstherapie: Positionspapier 2000

des Arbeitskreises Komplementäre Onkologie Deutscher Heilpraktiker e.V. (AKODH)

von Michael Martin

Intro

Der Berufsstand der Heilpraktiker ist seit Jahrzehnten Vertreter und Garant für naturheilkundliche und erfahrungsheilkundliche Diagnose- und Behandlungsansätze in der Medizin der Bundesrepublik Deutschland. Die Heilpraktikerschaft sorgte für das Überleben eines ganzheitlichen Denk- und Handlungsmodells in der Medizin. Etliche Verfahren, die traditionell in der natur- und erfahrungsheilkundlichen Medizin entwickelt und über Dekaden zur Heilung und Linderung von Krankheiten angewandt wurden, erhielten später durch Überprüfung mittels naturwissenschaftlichem Instrumentarium eine Beweisführung ihrer Wirksamkeit. Andere, nicht dermaßen "belegte" Verfahren, werden auch heute noch in täglicher Praxis hilfreich angewandt. Hierzu zählen u.a. die "Besonderen Therapierichtungen" wie Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin, Homöopathie, Phytotherapie und Anthroposophische Medizin, deren segensreiche Wirkungen zunehmend auch von Teilen der Ärzteschaft übernommen werden, ohne dass in jedem Fall ein nach strengen Wissenschaftskriterien belegter Wirksamkeitsnachweis vorläge.

Die Grundannahmen der natur- und erfahrungsheilkundlichen Medizin basieren auf der Überzeugung, dass der Spannungsbogen von Gesundheit und Krankheit durch ein offenes Regelsystem von körperlichen, psychischen und geistigen Mechanismen gekennzeichnet ist, welches sich den heute vorliegenden naturwissenschaftlichen Prüf- und Messinstrumenten in einigen Bereichen entzieht. Dementsprechend werden hier den Phänomenen der "anekdotischen Evidenz", der "Spontanheilung" und der "Einzelbeobachtung" deutlich höhere Aufmerksamkeit geschenkt, als dies in der naturwissenschaftlichen Medizin der Fall ist.

Andererseits führen solche, auf Einzelbeobachtungen basierende Erkenntnisse naturgemäß nicht selten zu parawissenschaftlichen, z.T. zu mystisch anmutenden Hypothesen in der Diagnostik und Behandlung, übrigens nicht nur im Berufsstand der Heilpraktiker. Beispielhaft seien Methoden der sogenannten "bioenergetischen", "biophysikalischen" oder "Schwingungsmedizin" genannt, die eine wissenschaftliche (physikalische) Basis für sich beanspruchen, die sich auf Nachfrage und Nachprüfung jedoch fast ausnahmslos auf dem Boden nicht reproduzierbarer Wunschkonstruktionen bewegen. Der Arbeitskreis AKODH stellt die Effektivität und Legitimation dieser Ansätze für den Bereich der Krebsdiagnostik und Krebstherapie in Frage und fordert von deren Protagonisten den Versuch zu einer Objektivierung auf der Basis naturwissenschaftlicher Prinzipien. Die Medizin basiert wesentlich auf Erkenntnissen der Naturwissenschaften (Biophysik, Biochemie, Molekulargenetik, Epidemiologie, Pharmakologie), und so hat sich auch der Heilpraktiker in der heutigen Zeit den Anforderungen einer fundierten medizinischen Grundauffassung zu stellen und seine Handlungen auf dem Boden herrschender Termini zu legitimieren. Der Arbeitskreis AKODH hält es für unseriös und unprofessionell, auf dem Boden anekdotischer Evidenzen, isolationistischen Wunschkonstruktionen und unbelegter Einzelaussagen beruhende Verfahren als "Alternativen" zur klinischen Onkologie darzustellen. Im Interesse des Berufsbildes der Heilpraktiker, aber auch im Sinne eines effektiven Patienten- und Verbraucherschutzes, sehen wir uns in der Pflicht, komplementäre Verfahren der Krebsdiagnostik und Krebstherapie auf ihre rationale Stichhaltigkeit, unter Berücksichtigung der Individualität hin zu überprüfen. Sofern sich Verfahren dem heute zur Verfügung stehenden naturwissenschaftlichen Prüfinstrumentarium entziehen, sind sie als "nicht überprüfte", "nicht überprüfbare" bzw. "nicht relevante" Verfahren einzustufen. Sie sind im onkologischen Bereich als "experimentelle Verfahren" nur im Sinne solchermaßen auch klassifizierter Begleitverfahren zulässig und allenfalls als "unterstützende" Verfahren auch ethisch vertretbar.

Der Arbeitskreis AKODH greift hier für den Bereich der Onkologie die Forderungen der Gesundheitsministerkonferenzen zum Thema "Unkonventionelle Medizinische Methoden"(UMM) vom November 1997 (Saarbrücken) und Januar 1998 (Bremen) sowie zum Bereich der Patientenrechte vom Juni 1999 (Trier) als Aufgabenstellung und Herausforderung auf.

Gegebenenfalls sind in Zusammenarbeit mit Fachgremien der naturwissenschaftlichen Medizin neue Prüfverfahren zu entwickeln, wie dies z.B. von Hornung et al formuliert wurde (Hornung J. Forschungmethoden in der Komplementärmedizin, Über die Notwendigkeit einer methodologischen Erneuerung. Stuttgart: Schattauer, 1996).

Dem entsprechen zunehmende Qualifizierungsbemühungen von Seiten einiger heilpraktischer Berufsverbände und berufsständischer Arbeitskreise, wie auch Initiativen zur verstärkten Qualitätssicherung und Professionalisierung der heilpraktischen Aus-, Fort- und Weiterbildung, die seit einiger Zeit festzustellen sind. Diese Bemühungen beruhen ausschließlich auf Initiativen, die aus dem Berufsstand der Heilpraktiker hervorgehen, sie sind (bislang) kein Ergebnis staatlicher Intervention. In diesem Rahmen sieht sich auch der Arbeitskreis AKODH als eine berufsständische, auf eigener Verantwortung beruhende Initiative zur Verbesserung von Transparenz, Qualitätssicherung und Professionalisierung im naturheilkundlich-onkologischen Bereich. Ziel ist der Erhalt des freien Berufes der Heilpraktiker, der neben dem des Arztes, aber ohne staatlich geregelten Ausbildungsweg, d.h. in eigenverantwortlichem Bewusstsein, die medizinalpolitische Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland prägt und so einem hohen Bedürfnis der bundesdeutschen Bevölkerung für eine Vielfalt und Freiheit in der Wahl der Behandlung Rechnung trägt. Hier versteht sich der Arbeitskreis AKODH in einem Kontext mit den in der Organisation "Die Deutschen Heilpraktikerverbände" zusammengeschlossenen Berufsverbände.

Die herrschenden Wissenschaftsvorstellungen, die ein objektives und reproduzierbares Ursache-Wirkungs-Prinzip für die Medizin präjudizieren, haben in vielen Bereichen der Humanmedizin zu beachtlichen Fortschritten in der Aufklärung, Behandlung und Prävention von Krankheiten geführt. Die parallel sich hierzu entwickelnde moderne Pharmakologie führte zur Eindämmung von Seuchen und zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenserwartung und Lebensqualität unserer Bevölkerung. Während sich diese dramatischen Verbesserungen v.a. in der Infektionsepidemiologie, den medizinischen Akutinterventionen, der Grundlagenforschung, den operativen Fachbereichen und den medizinisch-physikalischen Techniken (z.B. diagnostische und therapeutische Radiologie) widerspiegeln, stellen eine Reihe chronischer Erkrankungen weiterhin eine große und zunehmende Herausforderung an medizinisches Denken und Handeln dar. Die Krebserkrankungen, ihre Inzidenz- und Mortalitätsentwicklungen, wie auch die sie begleitenden Prüfinstrumente der "rationalen Medizinstatistik" in der modernen "Good Clinical Practice" sind ein deutliches Signal dafür, dass die heute unter dem Begriff der "Wissenschaftsmedizin" zusammengefassten Fachgremien der Onkologie an diesem Krankheitsbild zu scheitern drohen.

Zumindest kann davon gesprochen werden, dass (von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen) das Ziel der Heilung der Krebskrankheiten weiterhin eine problematische Fiktion darstellt.

Namhafte Naturwissenschaftler fordern hier seit einigen Jahrzehnten ein Umdenken, bzw. eine Erweiterung medizinischer Grundannahmen und medizinwissenschaftlicher Mess-, Forschungs- und Kontrollinstrumente.

Heilpraktiker in der Onkologie

Fachfortbildung

Definition "Komplementäre Onkologie"

  • Der Krebspatient im Spannungsfeld von Biometrie und Menschlichkeit

    Naturheilkundlich-onkologische Prinzipien

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