FACHFORUM

Natürliche und naturheilkundliche Therapie der Allergie als immunpathologische Entzündung

von Michael Schünemann

Die wissenschaftliche Medizin, die Schulmedizin, hat hier zwei Definitionen. Zum einen eine eher allgemein gehaltene, zum zweiten eine recht spezielle: "Veränderte Reaktionsfähigkeit im Sinne einer Übersteigerung gegenüber äußeren Einflüssen". Eine Allergie ist eine erworbene, immunologisch bedingte Überempfindlichkeitsreaktion des Organismus nach Konfrontation seines Immunsystems mit einem allergisch beantworteten Antigen (Allergen). Bei der Allergie kommt es zur Bildung inkompletter Immunkomplexe. Ein Antigen als Eindringling kommt zur Bindung an inkomplette Antikörper. Inkomplette Antikörper können Immunglobuline sein, die eine fehlende Valenz aufweisen, eine fehlende Suppressionsfunktion oder T-Lymphozyten mit ausbleibendem Suppressionsmechanismus. Somit erfolgt eine defekte Antigen-Antikörper-Reaktion. Die Auswirkung heißt nun Ausbleiben dieser Gegenregulation, dieser Suppressionsmechanismen innerhalb des Immunkomplexes. Dadurch kommt es zur dauerhaften Komplementbindung und somit zu andauernden Entzündungen mit all ihren Folgen.

Wenn man bedenkt, dass der Bauplan aller Immunglobuline, wie auch der Lymphozyten selbst im Genom fixiert ist und nur die Spezifizierung dem Lernprozess obliegt, muss dies sowohl prognostisch wie auch therapeutisch seinen Niederschlag finden. Prognostisch, indem man bei bestimmten Konstitutionen durchaus eine allergische Tendenz, eine Neigung zur Allergie postulieren kann, und therapeutisch, indem man natürlich präventiv arbeiten kann.

Beim Erstkontakt des Allergens mit dem Immunsystem ist die Symptomatik meist gering. Die Sensibilisierung, wie auch die Schule sagt, erfolgt meist stumm. Es können hier für eine akute Reaktion nicht genug Immunglobuline E (IgE) gebildet werden, um eine Mastzellreaktion auszulösen. Erst beim Folgekontakt kommt es dann zur schnellen, massenhaften Bildung von IgE mit der Anbindung an die Mastzellen und damit auch zu deren Degranulation.

Klinisch unterscheidet man zwei Formen der Allergie:

  • Spättyp (T-Typ-Reaktion), verzögerter Typ mit T-Zellreaktionen, also wenn das Antigen (Allergen) Kontakt mit einem T-Lymphozyten hat. Hier kommt die allergische Reaktion verzögert zustande.

  • Soforttyp (B-Typ-Reaktionen): Hier kommt es zur Bindung an Immunglobuline, die von B- Lymphozyten gebildet werden. Mit dieser Form der Allergie haben wir es in der Praxis am meisten zu tun.

    Die T-Typ-Reaktion wird in der Schule auch diagnostisch genutzt, etwa beim Tuberkulintest. Auf Tuberkelerreger kann man ja nicht immun werden, man kann aber darauf allergisieren und beim Tine-Test wird diese verzögerte Reaktion der T-Lymphozyten genutzt.

    Ein Beispiel für die B-Typ-Reaktion wäre allergisches Asthma, Schnupfen, Anaphylaxie und, wenn sie generalisiert ist, der anaphylaktische Schock.

    Die Mastzellen degranulieren nicht nur bei vermehrter Anbindung von IgE und damit der allergischen Reaktion. Sie degranulieren auch, und das ist prognostisch wichtig, bei jeder Entzündung im dritten Stadium, beim Fasten und bei jeder Affektion des Darmes, der Darmschleimhaut, der Mutter der Abwehr. Darunter ist ein parasitärer Befall, ein Pilzbefall oder auch eine Systemerkrankung des Darmes (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, u.a.) zu verstehen. Sie führen zur Degranulation der Mastzellen und zur vermehrten Freisetzung von Histamin und im Endeffekt auch zur Sensibilisierung, zur Allergisierung.

    Bei den klinischen Ursächlichkeiten muss man unterscheiden. Zum einen die prädestinierten Auslöser. Natürlich ist eine psychisch labile Lage prädestinierend für eine fehlerhafte Reaktion, nicht nur im Körperlichen, aber eben auch da. Zum anderen erhöhte Durchlässigkeit (Permeabilität) von Schleimhäuten durch Bakterien, Viren, Pilze, Medikamente u. ä., oder auch durch psychische Labilität.

    Als auslösend lassen sich fünf Gruppen charakterisieren. Wichtig ist immer zu wissen, mit welcher Reaktion wir es zu tun haben, um überhaupt einschätzen zu können, ob es sich um eine Allergie handelt oder nicht.

    Inhalationsallergene

    Inhalationsallergene erzeugen eine B-Typ-Reaktion (Sofortreaktion). Es kommt binnen Minuten, manchmal Sekunden zur Reaktion.

    Nahrungsallergene

    Auch hier liegt eine B-Typ-Reaktion vor. Entweder kommt es dazu schon im HNO-Bereich oder wenigstens dann relativ schnell im Magen-Darm-Trakt. Ganz interessant: Schweinefleisch enthält natürlicherweise sehr hohe Mengen von Histamin und kann somit nicht nur ein Allergen an sich sein, sondern auch über den Darm allergenisieren.

    Iatro-Allergene (Arzneimittel-Allergien)

    Diese nichteiweißhaltigen, niedermolekularen Substanzen können sich im Körper an Eiweiß binden und zum Allergen werden, sogenannte Haptene.

    Kontaktallergene

    Hier liegt ebenfalls eine B-Typ-Reaktion vor, die über Haut und Schleimhäute erfolgt.

    Infektionsallergene

    Hier handelt es sich um eine T-Typ-Reaktion, also eine verzögerte Reaktion. Durch Bakterien, Viren und Stoffwechselprodukte von Bakterien kommt es zur Sensibilisierung des Bindegewebes, des RES (reticuloendotheliales System), zur Bildung von inkompletten Immunkomplexen und zur Ablagerung dieser Immunkomplexe an der Synovia (Gelenkschleimhäuten), am Endocard, den Glomeruli und an die Intima der Gefäße. Diese Sensibilisierung führt nicht selten zu rheumatischen, autoimmunen Erkrankungen (Glomerulonephritis, allergische Nephritis, rheumatische Gelenkerkrankungen, Vitien) oder Gefäßerkrankungen im entzündlichen Sinn.

    Die Therapie der Schule: Immer noch Calcium intravenös, Glucocorticoide, Antihistaminika und deren Derivate bis hin zu Cytostatika. Außerdem natürlich die De- oder Hyposensibilisierung. Natürlich kann auch die klinische Betrachtung der Allergie zwar nicht naturheilkundlich, aber immerhin biologisch sinnvoll therapeutisch belegt werden. Auch hier gilt: Nicht die Diagnose, also die namentliche Erfassung einer Allergie, ist wichtig, sondern der Zustand, der dahinter steht. Dazu muss man das Geschehen jedoch in seine Funktionen zerlegen, denn sonst bleibt die Therapie eine reine Zuordnungs- oder Indikationstherapie. Deshalb möchte ich Ihnen auch nicht das Allergiemittel anbieten, sondern versuchen, für die angedeuteten Probleme innerhalb des Allergiegeschehens einige Mittel zu differenzieren.

    Die Therapie im Einzelnen ist sowohl vom Einzelfall als auch vom Therapeuten abhängig, worauf er diagnostisch oder therapeutisch seinen Schwerpunkt legt. Daher möchte ich die folgende Unterteilung der Reihe nach besprechen:

    Anschrift des Verfassers:
    Michael Schünemann
    Heilpraktiker
    Alte Str. 18
    90451 Nürnberg-Eibach

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