von Manfred D. Kuno
Die Behandlung kindlicher Tumor- und maligner Systemerkankungen gehört in die kompetente Hand der pädiatrischen Onkologen. Die hier notwendige Kompetenz findet sich heute in aller Regel in den Tumorzentren der Universitätskliniken oder ähnlichen, interdisziplinär organisierten fachärztlichen Einrichtungen (eine Liste der deutschen Tumorzentren findet sich am ende dieses Beitrages).
Bei geringstem Verdacht auf das Vorliegen einer neoplastischen Erkrankung (näheres siehe in der jeweiligen Rubrik "Symptomatik" der nachfolgend beschriebenen Krankheitsbilder) sollten unsere kleinen Patienten umgehend zur Abklärung an einen Pädiater überwiesen werden. Angesichts der Schnelligkeit, mit der kindliche Krebserkankungen zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern werden können, sollte unsererseits auf jeden "Therapieversuch" verzichtet werden.
Die Gründe, die mich zu dieser Position veranlassen, sind -zusammengefasst- die folgenden:
1. Kindliche Tumorerkankungen verlaufen in aller Regel äußerst fulminant, und stellen für den betroffenen kleinen Organismus sehr kurz nach Auftreten der ersten klinischen Symptome eine vital bedrohliche Systemerkankung dar. Es besteht hier ein rascher und komptetenter Handlungsbedarf, der sich zu allererst im Sinne einer Wachstumskontrolle maligner Zellpopulationen auswirken muß. Der Naturheilkunde steht hier kein adäquates Instrumentarium zur Verfügung: alle auf ganzheitlichen und auch immunbiologischen Prinzipien beruhende Therapiestrategien benötigen Zeit, um ihre Heilimpulse im Organismus zu entfalten. Zeit ist in der pädiatrischen Onkologie in der Situation nach Diagnosesicherung aber in der Regel nicht gegeben, es bedarf der schnellen und konsequenten Tumorhemmung. Die Situation in der pädiatrischen Onkologie stellt sich also vollständig anders dar, als in der Tumortherapie Erwachsener, in der naturheilkundliche Therapiekonzepte (von wenigen Ausnahmen abgesehen) Raum und Zeit haben.
2. Für den überwiegenden Teil der kindlichen Tumor- und Systemerkankungen sind heute genetische Defekte als primäre oder sekundäre Ursachen gesichert. Auch aus diesem Grund erscheint eine naturheilkundliche Behandlung tumorkranker Kinder irrelevant, und höchstens als Begleit- und Nachbehandlung, z.B. in der postoperativen Genesungsphase und/oder der posttherapeutischen Konstitutionsbehandlung auch ethisch vertretbar. So kann hier beispielsweise die klassische Homöopathie großartiges leisten, in dem sie durch konstitutionsstabilisierende Maßnahmen zu einer effektiven Sekundärprävention beiträgt. Auch als Begleittherapie in der z.T. ja äußerst nebenwirkungsreichen onkologischen Behandlung können sich Gaben situations- und symptombezogener Homöopathika als segensreiche Helfer bei den kleinen Patienten erweisen.
3. Das Gebiet der pädiatrischen Onkologie ist das einzige Fachgebiet, in dem die orthodoxe Krebsmedizin seit Jahrzehnten außerordentlich erfolgreich agiert. Definierte Krebsheilungen sind hier möglich und stellen sich bei einem überwiegenden Teil der kindlichen Tumorerkankungen auch ein. Nebenwirkungen sind zwar intensiver (oder werden von Seiten der Angehörigen als intensiv wahrgenommen), aber meist passagerer Natur, was möglicherweise mit dem beachtlichen Regenerationsvermögen des wachsenden Organismus zusammenhängt. Die hohe Erfolgsquote dürfte auf dem Prinzip der hohen Effektivität von Zytostatika und Nuklearmedizin bei schnell proliferierenden Zellen beruhen. Im Gegensatz zum alternden Organismus, bei dem ein Tumorgeschehen zwar ebenfalls durch schnell proliferierendes Wachstum gekennzeichnet ist, im Vergleich zur kindlichen Tumorerkankung aber eher einen vergleichsweisen "langsamen" Wachstumsprozess darstellt, ist ein Ansprechen (=response) kindlicher Tumoren auf die Chemo- oder Strahlentherapie die Regel, eine Heilung (=complete remission) je nach Tumorart in der Größenordnung zwischen 70% und >90% der Fälle eine unbezweifelte Tatsache.
4. Mehr als in der "Erwachsenen-Onkologie" bedarf es in der Behandlung tumorkranker Kinder einer gut koordinierten und interdisziplinären Zusammenarbeit kompetenter Fachkräfte (Pädiatrie und Onkologie, Anästhesiologie und Intensivmedizin, Chirurgie, Radiologie, speziell ausgebildetes Pflegepersonal, Kinderpsychologen und Sozialarbeiter). Gerade Kinder sind durch therapeutisch bedingte, meist mehrmonatige Trennungen von ihren psychosozialen und pädagogischen Umfeldbedingungen (Eltern, Geschwister, Freundeskreis, Kindergarten, Hort und Schule) darauf angewiesen, daß sie keinen Bruch in ihrer körperlichen, psychischen, seelischen und pädagogischen Entwicklung erleiden. Pädiatrische Fachkliniken und Tumorzentren sind in aller Regel auf diese Problemstellungen eingerichtet. Wenn auch berechtigte Kritik an einzelnen Mißständen in der pädiatrischen Onkologie besteht, und hier eine besondere Aufmerksamkeit für Rahmenbedingungen nötig ist, erscheint doch fraglos der Platz des tumorkranken Kindes in der pädiatrisch-onkologischen Fachklinik. An dieser Stelle muß auch den Aktivitäten der Deutschen Kinderkrebshilfe der Mildred Scheel-Stiftung Lob gezollt werden, die hier mit beachtlichen Geldmitteln für eine Realisierung und Unterstützung entsprechender Einrichtungen sorgt.
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Appendix:
In 41 deutschen Städten existieren heute Tumorzentren, denen in den meisten Fällen Abteilungen für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie angeschlossen sind. Die Anschriften von Pädiatrisch-Onkologischen Zentren in Wohnnähe, wie auch weitergehende Informationen zum Thema Pädiatrische Onkologie sind zu beziehen über:
Deutsche Krebshilfe e.V.
Thomas Mann-Str. 40, 53111 Bonn, Tel.: 0228-729900
Förderkreis für krebskranke Kinder e.V.:
Büchsenstr. 22, 70174 Stuttgart,
Tel.: 0711-297356.
Eine weitere Möglichkeit ist die Inanspruchnahme des Krebs-Information-Dienstes KID in Heidelberg unter der Hotline-Nr. 06221-410121.
Quellen, Grundlagen- und weiterführende Literatur:
Korrespondenzanschrift:
Manfred D. Kuno, Hp
Vorsitzender Arbeitskreis Komplementäre Onkologie Deutscher Heilpraktiker e.V. (AKODH)
Mommsenstr. 55, 10629 Berlin
E-Mail: KunoSynMed@AOL.com
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Naturheilpraxis 7/2000