Purpurblauer Steinsame

Blume des Jahres 2000

von Josef Karl

Die "Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen" unter der Schirmherrin Loki Schmidt (die Frau des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt) wählte den Purpurblauen Steinsamen zur Blume des Jahres 2000.

Lithospermum purpureo-cearuleum gehört zu den Borretschgewächsen (Boraginacea) und ist eine Pflanze des Waldsaums, fast in ganz Europa verbreitet. Die ca. 60 cm große, rauhaarige Staude fällt durch ihre ungewöhnliche Blütenfarbe auf, ein strahlendes Blau, fünfblättrig und im Mai - Juni blühend. Sie ist an Hecken und Dickichten selten geworden - und es ist eben das Anliegen der Stiftung, darauf aufmerksam zu machen. Frau Schmidt erläutert die Wahl zur Blume des Jahres 2000 so: "Der Steinsame soll, wie alle Blumen des Jahres, für einen bedrohten Lebensraum stehen, den Waldsaum, speziell in der alten Bewirtschaftungsweise der Niederwaldnutzung, und seine besondere Pflanzengesellschaft." Dies ist so zu verstehen, dass bei der alten Niederwaldnutzung die Bäume periodisch "auf den Stock" gesetzt wurden, um Eichenrinde zum Gerben oder Buschwerk zum Kochen und Heizen zu gewinnen. Dadurch entstanden Lichtungen mit angepasster Pflanzengemeinschaft. Als diese Nutzung aufhörte und die Niederwaldnutzung sich zum Hochwald entwickelte, verschwand diese Flora, weil ihr das notwendige Licht fehlte.

Der Name Steinsame = Lithospermum (es sind mehrere Arten innerhalb der Familie der Borretschgewächse) wird verständlich, wenn man die steinharten, nüsschenartigen Samen sieht, welche die Pflanze im Winter ausstreut.

Über Lithospermum officinale findet sich auch in dem bekannten, heute zwar überholten, Buch von Dr. med. Otto Geßner "Die Gift - und Arzneipflanzen von Mitteleuropa" einiges an Fakten. In den Samen finden sich nach ihm reichlich Kieselsäure (ca. 28 %) und Kalk, sie wurden früher als Volksheilmittel bei Nieren- und Blasenleiden angewendet - vermutlich spielte hierbei die Signaturenlehre eine Rolle. Obwohl Sem. Lithospermi sogar einmal officinell gewesen, wird er heute nicht mehr angewendet. Übrigens findet sich in der Wurzelrinde ein roter Farbstoff, das sog. Lithospermumrot.

Nach dem großen 7-bändigen Standardwerk "Drogenkunde" von Franz Berger (Maurich - Verlag, Wien, lange vergriffen), enthält die Droge etwa 50 % anorganische Substanzen. Bei der Veraschung erhält man 29,3 % Asche, welche aus 59 % CaO, 27,68 % SiO2, 6,17 % K2O, 3,15 % MgO, 2,17 % P2O5, 0,77 % SO3, 0,77 % Na2O, 0,28 % Fe2O3 besteht. Zur Zeit des Dioskurides wurden die Samen in gepulverter Form mit weißem Wein gegen Steinbeschwerden und als Fiebermittel getrunken. Im Mittelalter wurden sie, mit Latwerge oder Brei angerührt, gegen Gicht gebraucht. Sie galten auch als harntreibendes und wehenförderndes Mittel sowie bei Darmkatarrhen als nützlich. Auf Grund obiger Analyse kommt ihnen eine derartige Wirkung naturgemäß nicht zu.

Wenn man sich an die erwähnte Stiftung wendet (Steintorweg 8, 20099 Hamburg), kann man u.a. einen Jahreskalender mit sehr schönen Pflanzenaufnahmen erhalten für DM 20,-. Man erfährt auch, was die Stiftung bisher geleistet hat, welche Landschaftsschutzprojekte sie betreibt (z.B. durch Ankauf von schutzwürdigen Narzissen - oder Pulsatillawiesen).

Josef Karl
Heilpraktiker
Siegfriedstr. 10

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