AUS FERNEN LÄNDERN

"Dschungeluniversitäten" der traditionellen Heilkunst in Peru

Ein Seminarbericht

von Walter Andritzky

Kaum eine halbe Autostunde und einen Kilometer Fußweg von der amazonischen Großstadt Iquitos entfernt, tauche ich mit unserer Seminargruppe in die feucht-schwüle Atmosphäre noch unberührten Regenwaldes ein. Neben der Straße weist ein verbeultes Schild den Weg zu Sacha Mama, einem faszinierenden Projekt zur Wiederbelebung der traditionellen Medizin Perus. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation WHO vor über 20 Jahren mit ihrem wegweisenden Programm The promotion and development of traditional medicine zur weltweiten Überprüfung, Förderung und praktischen Anwendung der traditionellen Medizinen aufgerufen hatte, wurden in vielen Ländern nationale Forschungsinstitute gegründet. Nicht nur aufgrund des unerhörten ethnischen Traditionsreichtums und seiner Heilpflanzenvielfalt in den Regionen des Andenhochlandes und des Regenwaldes entwickelte sich Peru zum Vorreiter einer auch psychospirituell offenen Gesundheitspolitik: da über ein Drittel der Bevölkerung - schon aus finanziellen Gründen- keinen Zugang zur westlichen Medizin hat, wurde die Rolle der "curanderos", die Erforschung und Anwendung von Heilpflanzen in den letzten Jahren systematisch vom Gesundheitsministerium gefördert.

Während ich wie andere Ethnotherapieforscher Gedankengänge und kulturelle Interpretationen von `gesund' und `krank' bislang von den Heilern mehr oder weniger mühsam erfragen musste, scheint mit Gründung von Sacha Mama (im Jahr 1990) und zahlreichen anderen ethnobotanischen Heilpflanzengärten in Peru eine neue Stufe der "Institutionalisierung" erreicht: Volksheiler werden nun zu Lehrern in eigenen "Dschungeluniversitäten". Mit dem von Sohn zu Vater oder vom selbstgewählten Lehrer zu Novizen weitergegebenen traditionellen Wissen stehen sie autonom neben den Einrichtungen der westlichen Medizin, - Ärzte und Psychotherapeuten gehören zu ihren regelmäßigen Schülern!

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Literatur:
W. Andritzky, 1999: Traditionelle Psychotherapie und Schamanismus in Peru. Berlin: VWB-Verlag.
W. Andritzky,1988: Schamanismus und rituelles Heilen im alten Peru. Berlin: Zerling.
E. Luna & P. Amaringo, 1991 Ayahuasca Visions. The Religious Iconography of a Peruvian Shaman, Berkeley.

Informationen zu den Shamanic Dream Seminaren: IIKT.e.V., Kopernikusstr. 55, 40225 Düsseldorf; Tel/-Fax: 0211-3456-27/-28.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Walter Andritzky
Psychotherapeut DPTV
Kopernikusstr. 55
40225 Düsseldorf

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