BLÄTTER FÜR KLASSISCHE HOMÖOPATHIE

Bericht über den 5. Therapeutengesprächskreis der DGKH vom 25. bis 27. Juni 1999 - Teil 2

von Renate Schweyen-Ott

Fortsetzung aus NHP 12/99

Der 1. Fall handelt von einer 35-jährigen Frau, die zum Zeitpunkt der ersten Konsultation im August 98 unter Ödemen am ganzen Körper leidet, die seit einer Augenoperation vor 5 Jahren erstmals auftraten. Bei einer Größe von 1,60 m und 80 kg Gewicht ist sie erheblich übergewichtig; dies wird in Verbindung mit einer früheren Kortisonbehandlung gesehen. Es kommt zu rezidivierenden Netzhautablösungen (die auch bei anderen Familienmitgliedern auftreten), die man sowohl mit Kortison als auch mit einer Siliconölfüllung zu beherrschen versucht hat. Endokrinologische Untersuchungen ergaben keinen Befund. Seit 10 Jahren ist die Patientin antriebslos, ganz besonders schlapp fühlt sie sich bei heißem Wetter. Seit Kindheit treten immer wieder klopfende Kopfschmerzen bei Wetterwechsel auf. Als Kind hatte sie Probleme mit der Schule (schon der Vater hatte sich schwer getan mit der Rechtschreibung und im Rechnen); nach der Mittleren Reife wurde sie Briefträgerin. Wegen sehr starker Myopie trägt sie Kontaktlinsen. Hier ist festzuhalten, dass extreme Kurzsichtigkeit meist mit Netzhautproblemen verbunden ist.

Familienanamnese:
- Vater: Psoriasis mit Gelenkbefall, im Sommer schlimmer
- Mutter: Allergie gegen Nüsse; schubweise verlaufender Weichteilrheumatismus
- Tochter: stark kurzsichtig, aber gute Noten in der Schule
- der Ehemann ist Raucher, die Patientin somit Passivraucherin

Die Verordnung Sulfur 6.LM ergab nicht die geringste Veränderung nach 4 Wochen. Da kein Mittel sofort ins Auge springt, wurden "Ideen" diskutiert, etwa Phos., das bei Netzhautablösung und Myopie, wie auch nach Kortisontherapie in die engere Wahl zu ziehen ist, zumal, da die Patientin früher schlank war; oder Nux-vom. nach Narkotika- und Antibiotika-Abusus; oder Calc.-carb. (Obesitas), Apis (Ödeme), Graph. (Lernschwierigkeiten); auch Tub. (geistige Trägheit und Myopie) und Syph. wurden als Symptom-Provokateure diskutiert. Man entschied sich in der Diskussionsrunde für den Phosphor als zweites Mittel nach dem Sulfur; tut sich nichts, ist der Fall neu aufzunehmen; als drittes Mittel sollte evtl. Tub. eingesetzt werden. Der 2. Fall betrifft ein 12-jähriges Mädchen, das sich erstmals im Februar 99 wegen Akne vorstellte, die bereits im Alter von 7 Jahren einsetzte, als die Familie umzog von Chemnitz in den Westen. Die Akne manifestiert sich im Gesicht, auf Brust, Rücken und Oberarmen in Form kleiner Eiterpickel mit gelbem Kopf, ohne Absonderung, die sich langsam entwickeln und nach dem Verschwinden durch neue ersetzt werden. Der Dermatologe therapierte äußerlich mit Dibenzoidperoxid.

Die etwas magere Symptomauslese:
- fettiges Kopfhaar
- seit 1 Jahr braune Warzen an den Fußsohlen
- Sinusitis frontalis bei häufigen Erkältungen
- morgens heiser
- Verlangen nach Schokolade
- regnerisches und stürmisches Wetter mag sie gar nicht
- irrationale Furcht vor Hunden (keine traumatischen Erlebnisse gehabt)
- das Mädchen ist aufgeweckt, sehr gut in der Schule; schlank, sportlich
- geimpft gegen Masern, Mumps, Keuchhusten; als Kind Windpocken

Familienanamnese:
- mütterlicherseits ist Akne vertreten, jedoch in der Pubertät
- zahlreiche Krebsfälle: Großvater mütterlicherseits Lungenkarzinom; Großmutter mütterlicherseits Leukämie und Altersdiabetes; Tante väterlicherseits Mammakarzinom
- Schwester: schwere Pyelonephritis

Repertorisiert wurden die Akne, die Verschlimmerung bei Regen und die Furcht vor Hunden. Es ergab sich für den Referenten die Mittelhierarchie Caust., Sulf., Nat.-m. Er verordnete Caust. 12.LM, das nach vier Wochen keine Reaktion zeitigte. Nach Stauffer wurde anschließend Kal.-brom. D30 (1 Glob. à Woche) gegeben, das nach drei Wochen zu einer leichten Aggravation führte, und dann Juglans D3 (2x tgl. 1Tbl., 4 Wochen lang).

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  • Literatur:
    Hahnemann, Samuel, Organon VI
    ders.: Die chronischen Krankheiten, Bd. I, Dresden und Leipzig 1835
    der s.: Reine Arzneimittellehre, Bd. II, Dresden und Leipzig 1833
    Schroyens, Frederik (Hrsg.), Synthesis, Repertorium homoeopathicum syntheticum, Edition 7, Hahnemann Institut für homöopathische Dokumentation, Okt. 1998
    Zandvoort, Roger, van, The Complete Repertory, Institute for Research in Homoeopathic Information and Symptomatology, Leidschendam, The Netherlands, 1994

  • Bildnachweis:
    Pschyrembel, 258. Ausgabe
    Pitzen / Rössler, Kurzgefasstes Lehrbuch der Orthopädie, 12. Auflage, Urban & Schwarzenberg

  • Vorankündigung des nächsten TGK:
    Do. 15.6.2000: Segeln
    16. - 18.6.2000: Tagung; Schwerpunktthematik: Gynäkologische Erkrankungen

    Anschrift der Verfasserin:
    Dr. phil. Renate Schweyen-Ott
    Heilpraktiker
    Raglovichstr. 14
    80637 München

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