Labordiagnostische Untersuchungen bei Patienten mit malignen Erkrankungen dienen im wesentlichen der Verlaufskontrolle bezüglich der Erkrankung selbst sowie im Rahmen therapeutischer Maßnahmen der Beurteilung der Reaktion des Organismus auf die gewählte Therapie. Eine individuelle Auswahl sinnvoller Parameter erlaubt es mittlerweile, Rezidive, Progredienz, Metastasenbildung oder Stillstand der Erkrankung zu beurteilen und zu verfolgen. Die Labordiagnostik ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nach wie vor keine Methode, um Früherkennung maligner Erkrankungen zu betreiben. Bezüglich präcancerogener Faktoren ist die Bedeutung der In-vitro-Diagnostik zurückhaltend zu beurteilen. Vorsicht ist geboten bei der Vielzahl "alternativer" Laborverfahren, die oftmals hemmungslos allumfassende Aussagen versprechen. Die Möglichkeiten dieser nicht gesicherten und in ihrer Aussage in der Regel nicht seriös geprüften Verfahren scheinen grenzenlos und führen nicht selten die gesamten bisherigen medizinischen Bemühungen und Erkenntnisse ad absurdum.
Die heute verfügbaren Anweisungen zur Selbstuntersuchung und Selbstbeobachtung (Hautveränderungen, tastbare Knoten z.B. i.d. Brust, Blutungen) helfen lediglich, einen Tumor "relativ früh" zu erkennen, haben allerdings trotz dieses Nachteils ihre Berechtigung - denn je früher ein Tumor entdeckt wird, um so größer ist die Chance für den Patienten. Die Aussage der klinischen Medizin, daß eine Krebserkrankung bei frühzeitiger Entdeckung und gründlicher operativer Entfernung heilbar sei, hat für die meisten Tumoren und malignen Systemerkrankungen ihre Berechtigung. Der Stellenwert einer die Operation umrahmenden, ganzheitlich-stabilisierenden Begleit- und Nachbehandlung mit dem Ziel der Sekundärprävention, ist unbeachtet der lokalen Tumorsanierung als hoch einzustufen. Auch in der Sekundärprävention ist jedoch eine differenzierte Diagnostik auf der Basis der modernen Laboranalytik unverzichtbar.
Selbst in besonderen Therapierichtungen, für die die Arzneimittelwahl ein Ergebnis von Erhebungen subjektiver oder naturwissenschaftlich nicht belegter Befunde ist (Beisp. Homöopathie, Iridologie, anthroposophische Signaturenlehre), wird von erfahrenen Therapeuten stets die klinische Laboranalytik parallel eingesetzt. Sie ist unverzichtbarer Bestandteil einer Therapie-Effektivitätskontrolle, dient einer reproduzierbaren Differenzialdiagnostik und der frühen Erfassung onkologischer Notfallsituationen und paraneoplastischer Syndrome. Zudem kann die gründliche Verlaufsanalytik wichtige Erkenntnisse für die Ätiologie und Epidemiologie der Krebserkrankungen liefern. Wer sich in der Behandlung von Krebspatienten einzig auf "alternative", wissenschaftlich nicht belegte Diagnosekriterien stützt und die klinische Labordiagnostik außer acht läßt, muß sich den Vorwurf der Fahrlässigkeit und Unseriösität gefallen lassen. Angesichts der heute vorliegenden modernen Verfahren der Klinischen Chemie, Hämatologie, Immunologie, Molekulargenetik und Mikronährstoffanalytik ist die Kenntnis und Verwendung dieser Verfahren auch ein Zeichen für Professionalität und Qualitätssicherung.
Labordiagnostische Maßnahmen bei Tumorpatienten sind als Standart in jeder naturheilkundlichen Praxis zu etablieren. Leitender Grundsatz sollte sein: "Keine adjuvante Therapiemaßnahme, keine immunologisch ausgerichtete Therapie, ohne grundlegende labormedizinische Orientierung!". In einer Zeit, in der zunehmende Einschränkungen im Bereich der kassenärztlichen Versorgung, insbesondere auch im Bereich der Labordiagnostik, schwere Qualitätsprobleme nach sich ziehen, müssen diese Lücken durch verantwortungsvolles Handeln in der Naturheilpraxis geschlossen werden. Zwar ist der Einsatz von Methoden, die außerhalb des üblichen naturwissenschaftlichen Standards liegen, ein traditionell in unserem Berufstand verankertes Vorgehen, doch handeln wir fahrlässig, wenn wir es bei diesen Methoden belassen. Anders ausgedrückt: Wir stehen angesichts massiv belasteter und kataboler Patienten in der Krebstherapie in einer hohen Verantwortung. Substanzdefizite, immunologische Dysregulationen, iatrogene und tumorbedingte Stoffwechselbelastungen sowie der Verlauf des malignen Geschehens sind zu beobachten und zu dokumentieren, unsere therapeutischen Überlegungen auf die Ergebnisse abzustimmen.
Der Arbeitskreis AKODH hat die wichtigsten Parameter für eine vernünftige (und reproduzierbare) Basis- und Verlaufsdiagnostik zusammengetragen, und u.a. in Naturheilpraxis 9/99 (Heftseite 1373-74) veröffentlicht. Sie sollten als eine Art "Goldstandard" in der naturheilkundlich-onkologisch ausgerichteten Praxis ihren Platz einnehmen. Eine naturheilkundliche Therapie, gleich welcher Art, ist aus unserer Sicht als obsolet und ethisch nicht vertretbar einzustufen, sofern diese Basisparameter nicht angewandt werden. Diese Parameter können von jeder Praxis beim Arbeitskreis AKODH e.V., Mommsenstrasse 55, 10629 Berlin angefordert werden.
Literatur:
Anschriften der Autoren:
Michael Martin
Schöne Aussicht 14, 65232 Taunusstein
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Manfred D. Kuno
Mommsenstr. 55, 10629 Berlin
e-mail:KunoSynMed@AOL.com