RUBRIKEN

Infektionsrisiken in öffentlichen Sanitäranlagen

Hygienerisiken im öffentlichen Bereich sind in den letzten Monaten verstärkt in den Blickpunkt weiter Bevölkerungskreise gerückt. Hierzu haben Berichte über die Bildung von Multiresistenzen bei weit verbreiteten Bakterien wie Staphylococcus aureus genauso beigetragen, wie die Berichterstattung über 22 Todesfälle durch Legionellen in Nordholland. Die Besucher einer Blumenschau hatten sich mit dem Wasserbakterium Legionella pneumophilia infiziert. Grund genug für den unter anderem auf die Ausstattung öffentlich-gewerblicher Sanitäranlagen spezialisierten ostwestfälischen Sanitärarmaturen-Hersteller DAL das Thema "Hygienerisiken in öffentlichen Toiletten" in Kooperation mit Prof. Dr. Platen von der Fachhochschule Gießen-Friedberg und der BIO-DATA GmbH, Linden, umfassend anzugehen. Prof. Dr. Platen hierzu: "Vor dem Hintergrund der erreichten medizinisch-hygienischen Standards mussten wir überrascht feststellen, dass weltweit bisher nur wenige Arbeiten zum Themenkomplex Infektionsrisiken durch Kontaktinfektion bei Benutzung öffentlicher Sanitäreinrichtungen vorhanden sind." Auf der Grundlage der Literaturrecherche fanden acht Bakterien (Enterococcus, Enterobacter, Escherichia coli, Salmonella, Yersinia, Klebsiella, Staphylococcus aureus und Serratia) sowie drei Viren (Adenoviren, Enteroviren und Hepatitis A) im Forschungsdesign Berücksichtigung. Die genannten Bakterien und Viren können vor allem Durchfallerkrankungen und die verschiedensten, teilweise fiebrig verlaufende, Infektionen verursachen. Darüber hinaus ist die Übertragung von Cholera, Thyphus, Kinderlähmung und Hepatitis A möglich. Auch wenn letztgenannte Risiken zur Zeit noch als sehr begrenzt einzustufen sind, wird eine mögliche Zunahme der Gefährdung, insbesondere in Toiletten von Autobahnraststätten, Bahnhöfen und Flughäfen im Transitland Deutschland befürchtet.

Um ein möglichst genaues und vollständiges Gesamtbild zu erhalten, wurde der Oberbegriff öffentlich-gewerbliche Sanitärräume aufgesplittet in die Untersuchungskategorien:

Verteilt auf das gesamte Bundesgebiet, so z. B. in einer Festhalle in Kiel, in einem Theater in Frankfurt oder, einem Sportstadion in München usw., wurden 202 Sanitäranlagen, je 101 für Männer und Frauen, untersucht. Die Probenahmen erfolgten zu Zeiten starker Frequentierung der Einrichtungen. Bei allen Sanitäranlagen wurden jeweils folgende Probenahmestellen berücksichtigt:

Soweit Armaturen oder andere Bedienelemente berührungslos funktionierten, unterblieb eine Beprobung. Die Probenahme erfolgte mittels Wattetupfer, die in Nährlösungen transportiert wurden. Insgesamt gelangten rund 1.500 Einzelproben zur Auswertung. Die Untersuchung der Proben im Labor erfolgte mit der PCR-Methode. Diese beruht auf dem DNA-Nachweis der gemäß Literaturstudie ausgewählten Bakterien und Viren. Positivbefunde von Bakterien wurden mit der Anzüchtung auf Nährmedien bestätigt. Die so gefundenen Ergebnisse stellen sicher, dass es sich bei den bakteriellen Erregern um lebende (pathogene) Organismen handelt.

Zentrale Untersuchungsergebnisse im Überblick

Die Wahrscheinlichkeit, dass man bei Nutzung öffentlicher Sanitäranlagen in Kontakt mit den in der Studie ausgewählten Keimen kommt, liegt, je nach Typ bzw. Kategorie der Anlage, zwischen 50 und 80 Prozent. Die Belastung in Sanitäranlagen von Schwimmbädern (Kategorie C) fiel mit 80 Prozent und bei Autobahnraststätten / Bahnhöfen (Kategorie B) und in Sportzentren (Kategorie D) mit jeweils rund 70 Prozent am höchsten aus. Sanitäranlagen in Gaststätten, Restaurants und Veranstaltungszentren (Kategorie A) und öffentliche Sanitäranlagen in Stadtzentren (Kategorie E) waren zu ca. 50 Prozent mit Keimen belastet.

Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Keimbelastung aller Kategorien zusammengenommen von rund 60 Prozent. Signifikant ist sicher auch die Tatsache, dass in 53 Prozent aller Fälle der Nachweis von Fäkalkeimen erbracht wurde.

Übertragen auf die beprobten Berührungspunkte innerhalb der Sanitäranlagen ergibt dies eine fäkale Verunreinigung jeder sechsten bis siebten Kontaktstelle.

Am schwerwiegendsten war die Verunreinigung der Toilettensitze mit rund 40 Prozent und der Waschtischarmaturen mit rund 25 Prozent, gefolgt von den Betätigungsknöpfen im Urinal- und WC-Bereich mit je ca. 12 Prozent. Ein Unterschied in der Keimbelastung zwischen Sanitärräumen für Männer und Frauen konnte nicht ermittelt werden. Ebenso konnte in keiner der untersuchten Sanitäranlagen der Nachweis für die Verbreitung von Viren erbracht werden.

Insgesamt, so das Fazit von Prof. Platen und BIO-DATA-Untersuchungsleiter Dr. Steinmetz, zeichnen die Untersuchungsergebnisse ein nur eingeschränkt akzeptables Bild von der Hygienesituation auf Deutschlands öffentlichen Sanitäranlagen. Vergleichsdaten anderer Länder liegen nicht vor. Schon im Interesse der Benutzer, die in der Regel auch Kunden sind, so der Armaturen-Hersteller DAL weiter, sollten alle Verantwortlichen der Visitenkartenfunktion ihrer Anlagen verstärkt Rechnung tragen, so dass Hygienerisiken und Ekelerlebnisse zukünftig der Vergangenheit angehören. Auch wenn der Kontakt mit den gefundenen Bakterien in der Regel nicht zur direkten Infektion und Erkrankung führen muss, so Prof. Dr. Platen in seinem Forschungsresüme, sind doch gerade Kinder, ältere Menschen sowie alle imungeschwächten Personen für Infektionen unter den Benutzungsbedingungen öffentlicher Sanitäranlagen anfällig.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis / Zum nächsten Artikel

 

 

Naturheilpraxis 09/99