Blätter für klassische Homöopathie

Die Behandlung einer Neurodermitis

von Gerd Aronowski

Im folgenden Fall möchte ich demonstrieren, dass eine erfolgreiche Heilung vom Zusammenwirken vieler Gesetzmäßigkeiten abhängt, die in ihrer Gesamtheit die Homöopathie ausmachen. Am 25.04.95 wird ein 6 Monate altes Mädchen von ihren Eltern in meine Praxis gebracht. Dem Säugling sieht man bei der Begrüßung krustige Hautausschläge an Kinn und Wangen an.

Diagnose

Generalisierte Neurodermitis
Zustand nach Herpes-simplex-Infektion.

Bericht der Eltern bei der Erstkonsultation

Vor 14 Tagen hatte der Vater einen Lippenherpes gehabt, der auf den Säugling überging.
Zunächst konnten die Eltern bei ihrer Tochter Anna einen geröteten Ausschlag im Bereich der Halsfalte feststellen, der sich dann schnell bis zum Kinn und hinter die Ohren ausbreitete und der sich bis zum Schläfenbereich erstreckte.

An den Schläfen bildeten sich schnell dicke, krustige Platten. Der Hals war feuerrot, nässte und schien völlig "roh" zu sein. Aufgrund des sich rasch ausbreitenden Hautausschlages wurde Anna für 10 Tage in eine Kinderklinik eingewiesen. Dort wurde eine Herpes-simplex-Infektion der Haut und eine generalisierte atopische Dermatitis (Neurodermitis) diagnostiziert. Der Säugling wurde antiviral, antibiotisch und mit Einsatz von lokalen Corticoidcremes behandelt.

Nach 10 Tagen befand sich die Infektion in Abheilung und Anna wurde entlassen. Eine abschließende Untersuchung des Kinderarztes ergab eine zeitgerechte Entwicklung, lediglich der Hautzustand wurde bemängelt.

Aktueller Befund und gelenkter Bericht

Die Haut war zum Zeitpunkt der Erstkonsultation äußerst trocken und schuppig. Es bestand eine starke Rötung der gesamten Haut. Krustenbildungen und Schorfe waren infolge des Abheilungsprozesses der stattgefundenen Herpes-Infektion noch am Hals, Kinn und im Schläfenbereich sichtbar. Die atopische Dermatitis zeigte sich besonders an folgenden Lokalisationen: Wangen; Kinn; Mundwinkel; Hals; hinter den Ohren, wo die Haut auch eingerissen war: Armbeugen beiderseits; Beinbeugen beiderseits; Brustbereich; gesamter Rücken.

Die Haut an diesen Stellen war gerötet, trocken, rau und aufgekratzt. Die gesamte Haut juckte. Bei jeder erdenklichen Möglichkeit kratzte der Säugling wie besessen, besonders beim Umziehen, Wickeln, Baden und vor allem nachts im Bett.

Bettwärme verschlechterte den Juckreiz deutlich. An der frischen Luft war der Juckreiz deutlich besser.

Auf dem Haarschopf war ein dicker, flockiger Milchschorf zu sehen. Hinter den Ohren und im Nackenbereich bestanden leicht vergrößerte Lymphknoten.

Mit 11-12 Stunden in 24 Stunden schlief der Säugling zu wenig für sein Alter. Geschlafen hatte Anna schon immer wenig, jedoch hatte sie vor dem Ausbruch der Erkrankung bereits einige Nächte durchgeschlafen. Die Mutter legte den Säugling zum Einschlafen an die Brust an. Der Säugling brauchte eine Stunde bis er eingeschlafen war.

Er erwachte nach einer Stunde und von da an alle zwei Stunden.
Anna wurde weiterhin gestillt.
Während des Krankenhausaufenthalts bekam Anna hypoallergene Kost. Die Mutter konnte sie in dieser Zeit nicht stillen, da die Herpesinfektion durch das Stillen auf die Brust übergegangen war. Seit dem Klinikaufenthalt erfolgte nach fast jeder Brustmahlzeit dünner, grüner, stinkender Stuhl. Kurz nach dem Klinikaufenthalt begannen die Eltern, neben dem Stillen, Banane zuzufüttern und den Säugling an einem harten Brotkanten knabbern zu lassen.

Anna drehte sich von der Bauchlage in Rückenlage und umgekehrt, und beherrschte die Aufrichtung durch kräftigen Armstütz. Der Säugling machte einen ausgesprochen wachen und aufmerksamen Eindruck auf mich.

Chronologischer Bericht

Anna kam im Oktober 1995 nach leichter und völlig unkomplizierter Geburt auf die Welt.
Im ersten Lebensmonat fiel als Einzigstes eine leichte Hüftdysplasie auf der rechten Seite auf.
Anna sollte deshalb breit gewickelt werden. Schon im 3. Lebensmonat hatte sich dieser Befund vollständig zurückgebildet.
Ab dem 3. Lebensmonat fielen der Mutter vergrößerte Lymphknoten hinter den Ohren und im Nackenbereich auf.

Bei Anna entwickelten sich ab dem 3. Lebensmonat allmählich Hautausschläge. Diese waren zunächst diskret und wurden mit der winterlichen Kälte in Zusammenhang gebracht.

Im Januar 1995 (4. Lebensmonat) dehnten sich dann die Hautausschläge auch auf die Beugeseiten der Extremitäten aus, so dass vom Kinderarzt der Verdacht einer Neurodermitis geäußert wurde.

Anna wurde im Januar und Februar 1995 (4. und 5. Lebensmonat) zweimal im Abstand von 4 Wochen fünffach geimpft (Diphtherie, Polio, Tetanus, HiB, Pertussis). Auf die Impfungen reagierte Anna jedesmal für zwei Tage mit hohem Fieber (40 Grad Celsius). Nach der zweiten Impfung brach dann eine generalisierte Neurodermitis aus.

Der schlechte Hautzustand und der unerträgliche Juckreiz führten die Eltern Anfang März zu einer Homöopathin. Diese verordnete Cortisonum, vermutlich deshalb, weil vom Kinderarzt kurzfristig eine corticoidhaltige Salbe eingesetzt wurde, und Thuja C 30. Zusätzlich wurde Calendula- und Cardiospermumsalbe rezeptiert.

Der Mutter, die den Säugling zu diesem Zeitpunkt voll stillte, wurde eine Mayr-Kur verordnet (in dieser verzehrte die Mutter ausschließlich Milch und Brötchen). Auf die Behandlung reagierte der Säugling innerhalb weniger Tage mit einem verschlechterten Hautzustand. Die gesamte Haut war hochrot und das stark juckende Ekzem war am ganzen Körper zu sehen. Die Behandlung wurde von den Eltern abgebrochen.

Anfang April (der Säugling war zu dem Zeitpunkt gerade ein halbes Jahr alt) bekam Anna hohes Fieber (40 Grad Celsius) infolge eines gastrointestinalen Infektes mit Durchfall. Dabei wurde die Haut im Bereich der Halsfalte hochrot und ging auf. Dieser Prozess ging dann in die oben beschriebene Herpesinfektion über.
Zehn Tage nach der Entlassung kam es dann zu der Vorstellung in meiner Praxis.

Angaben zur Mutter

Die Mutter war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt.
Sie litt seit Jahren an einem Heuschnupfen.
Die Schwangerschaft mit Anna verlief komplikationslos, allerdings hatte die Mutter in der Schwangerschaft 23 kg zugenommen. Auch die Schwangerschaft der sechs Jahre älteren Tochter verlief abgesehen von der übermäßigen Gewichtszunahme komplikationslos.

Die Mutter ernährte sich seit Jahren mit Vollwertkost.
Sie hatte eine Abneigung gegen Kuhmilch, nach deren Genuss es ihr sogar übel wurde.
Verlangen hatte sie nach Käse und Quark, wovon sie auch in der Schwangerschaft viel gegessen hat.
Zwiebeln und Knoblauch wurden nicht vertragen.

Angaben zum Vater

Als Kind hatte er ekzematöse Hautausschläge am ganzen Körper, auch hinter den Ohren.
Seit einigen Jahren hatte er eine Allergie auf Haselnüsse, nach deren Genuss er ein Brennen auf der Zunge und Verschleimung im Hals bekam. Ihm war immer zu warm. Selbst die Schneeketten legte er im Winter mit bloßem Hemd und ohne Handschuhe auf.

Therapie:

Anna sollte weiter gestillt werden (nicht zufüttern!).
Die Mutter sollte alle Kuhmilchprodukte weglassen.
Die Mutter sollte keine Eier und eihaltigen Produkte zu sich nehmen.
Die Mutter sollte keine Süßigkeiten essen.
Anna bekam nachts einen Lohmann - Curaderm - Ganzkörperschlafanzug.
Zunächst keine Arzneiverschreibung.

Erste Kontrolle in der Praxis (02.05.95)

Nach einer Woche bestellte ich den Säugling ein und stellte folgende Veränderungen fest:
Anna sah deutlich besser aus (Verbesserung des Hautzustands ca. 50 %) 1 Das Gesicht war nicht mehr so krustig.
Die Haut war insgesamt nicht mehr so rot.
Lediglich der Juckreiz hatte sich nicht wesentlich gebessert.
Verlauf siehe Verlaufskontrollbogen.
Inzwischen bekamen die Eltern das Ergebnis der in der Klinik durchgeführten RAST-Bestimmung:
Antikörper Eiklar 32,4 kU/1 (stark erhöht)
Antikörper Milcheiweiß 44,7 kU/1 (stark erhöht)
Antikörper Kasein 36,0 kU/1 (stark erhöht)
Dies bestätigte somit den Verdacht einer Allergie gegenüber diesen Stoffen.
Es erfolgte nun eine Repertorisation der Beschwerden. Diese sehen Sie auf der umseitigen Anlage.

Therapie:

Sulfur Q3, l Glob. in 90 ml Aethanol 10 % nach folgendem Dosierungsschema: Die Arznei sollte vor jeder Einnahme 10 mal kräftig geschüttelt werden.
1 ML ( = 5ml ) der Arzneiauflösung in 250 ml Wasser.
Daraus sollte 1 M1 in ein zweites mit Wasser gefülltes Glas geben werden.
Aus diesem 2. Glas sollte 1 M1 in ein drittes mit Wasser gefülltes Glas übertragen werden.

Daraus sollte ein linsengroßer Tropfen als Einzelgabe entnommen und dem Säugling direkt eingeben werden.
Am Folgetag der Einnahme bat ich um eine telefonische Rücksprache, um festzustellen, ob die Arznei in dieser Dosierung vertragen wurde.

04.05.95 Telefonische Rückmeldung (Zustand nach einer Arzneigabe)

Die Haut sei weiterhin auf dem Wege der Besserung gewesen. Allerdings hatte der Juckreiz noch unvermindert angehalten. Sie sei am Abend schnell eingeschlafen und morgens fröhlich erwacht. Die Mutter war mit dem Resultat der bisherigen Behandlung sehr zufrieden.

Therapie:

Weiterhin sollte täglich morgens Sulfur Q3 einen linsengroßen Tropfen aus dem dritten Glas eingenommen werden. Insgesamt sollten vorläufig sechs weitere Gaben eingenommen, dann sollte Rücksprache erfolgen. Die Mutter wurde darüber hinaus angewiesen bei Verschlechterung der Symptomatik die Arznei sofort auszusetzen und telefonische Rücksprache zu halten.

10.05.95 Telefonische Rückmeldung der Mutter (sechs Tage nach der letzten Telefonrücksprache)

Die Mutter rief mich besorgt an. Anna ging es schlecht, die Haut hatte sich inzwischen wieder sehr verschlechtert. Der Säugling bekam in der Zwischenzeit fünf Gaben der Arznei. Erst heute hatte sie den Ratschlag beherzigt, bei Verschlechterung auszusetzen. Gemäß dem Bericht der Mutter war folgendes vorgefallen:

Zweiter Tag der Einnahme (04.05.95 / 3. Behandlungswoche)

Anna war fröhlich erwacht. Sie bekam dann die zweite Gabe der Arznei morgens. Im Laufe des Tages steigerte sich der Juckreiz. Anna kratzte sich so sehr wie fast noch nie zuvor. Das Einschlafen war schwierig. In der Nacht erwachte sie jede Stunde.

Anmerkung
Hier hätte schon pausiert werden müssen und der Anruf erfolgen sollen 2. Das Organon, 6. Auflage, gibt uns hierzu im § 282 folgende Auskunft:
"Im Fall bei der Kur, vorzüglich der chronischen Krankheiten, die ersten Gaben schon eine so genannte homöopathische Verschlimmerung, das heißt eine merkwürdige Erhöhung der zuerst erforschten, ursprünglichen Krankheitssymptome hervorbrächten und gleichwohl jede wiederholte Gabe vor dem Einnehmen durch Schütteln etwas modifiziert worden war, so wäre dies ein sicheres Zeichen, dass die Gabe zu groß war."

Dritter Tag der Einnahme (05.05.95)

Am Folgetag bekam der Säugling dann seine dritte Gabe der Arznei, ungeachtet meines Ratschlags bei Verschlechterung sofort auszusetzen. Wie die Mutter mir später mitteilte, konnte sie sich zu dem Zeitpunkt kaum vorstellen, dass "so ein bißchen Arznei" so stark wirken sollte. Anna war unzufrieden, wollte ständig bei der Mama auf den Arm. Auf Bauch und Rücken traten zusätzlich leichte ekzematöse Hauterscheinungen auf.

Um den Mund war die Haut rissig. Nachts erwachte Anna stündlich. Sie kratzte sich dann wie verrückt.

Vierter Tag der Einnahme (06.05.95)

Auch am Folgetag wurde die Arznei eingegeben. Die gesamte Haut war wieder sehr gerötet. Starke Rötung auch um den Mund. Starke Rötung und Juckreiz hinter den Ohren.

Fünfter Tag der Einnahme

Trotz der Verschlechterung (oder gerade deswegen ?) bekam Anna auch an diesem Tag wieder Arznei. Anna kratzte unentwegt. Auf Bauch und Rücken kam in leichter Form der Ausschlag zurück. Die Haut um den Mund herum war schuppig und rissig, ebenso an den Arm- und Beinbeugen, an den Füßen und hinter dem Ohr. Der Schlaf war sehr schlecht. Anna erwachte häufig wegen starkem Juckreiz.

Erster Tag der Arzneipause. (08.05.95)

Am Morgen war die Haut überall gerötet. Besonders im Gesicht, auf den Wangen, um den Mund herum, an der Halspartie, den Ohren, am Bauch und Rücken und sogar im Windelbereich, wo bisher noch nie etwas war, war eine starke Rötung zu sehen. Beim Wickeln schrie sie und kratzte "wie besessen". Sie kratzt überall wo sie hinkam und musste deshalb zu zweit gewickelt werden. Darüber war die Mutter außerordentlich beunruhigt. Erst jetzt beherzigte die Mutter meinen Rat und setzt die Arznei aus.

Zweiter Tag der Arzneipause (09.05.95)

Die Haut war noch gerötet, im Gesicht, am Hals, hinter den Ohren und besonders auf dem Bauch, aber weniger auf dem Rücken. Die Stimmung war gut. Der Stuhlgang sah jetzt wieder gelb aus, wie er es vor dem Klinikaufenthalt auch war. Nachmittags machte Anna einen ungewöhnlich langen Mittagsschlaf. Abends schlief sie zügig, ruhig und zufrieden ein. Die Nacht war sehr gut. Anna erwachte nur zweimal. Wenn sie wach war, kratzte sie sich aber.

Dritter Tag der Arzneipause (10.05.95)

Morgens war Anna wieder rot am ganzen Körper. Sie hatte auch wieder viel Juckreiz, kratzte viel. Sie kratzte die Beine total auf. Nachmittags war sie dann gut gelaunt und machte einen Mittagsschlaf. Der Nachtschlaf war noch besser als am Tag zuvor.

Therapie: Weiterhin Arzneipause

Vierter Tag der Arzneipause (1l .05.95)

Ich sah den Säugling in der Praxis. Anna war freundlich, lachte mich an. Die flächige Röte der gesamten Haut war nicht mehr zu sehen. Der Hautzustand war sogar leicht besser, als er es zu Anfang unter bloßer Diät gewesen war. Nachts erwachte sie alle zwei bis drei Stunden.

Therapie: Weiterhin pausieren! Die geröteten Stellen sollten feucht gewickelt und anschließend gefettet werden.

Telefonische Rücksprache (l5.05.96)

Die Mutter rief mich an und berichtete: Ein Tag nach der letzten Konsultation (am 12.05.95, 5. Tag der Arzneipause) war die Haut nochmals deutlich besser geworden. Die Besserungsphase hielt bis heute an. Es war keine Rötung der Haut und keine schuppige Haut mehr zu sehen. An den für Anna typischen Stellen der Neurodermitis war keine ekzematöse Haut mehr. Es sei fast wie ein Wunder. Nur noch die Beine seien rau! (An diesen Stellen bekam Anna in der Klinik besonders viele Cortisoneinreibungen).

Am Sonntag sei die Oma da gewesen, die vor Freude geweint habe und gesagt habe: "Da haben wir ja ein ganz normales Kind". Anna erwache nachts jetzt nur noch in größeren Intervallen. Die Stimmung sei außerordentlich gut. Organon 6. Auflage, § 246 "Jede, in einer Cur merklich fortchreitende und auffallend zunehmende Besserung ist ein Zustand der, so lange er anhält, jede Wiederholung irgend eines Arznei-Gebrauchs durchgängig ausschließt, weil alles Gute, was die genommene Arznei ausrichten fortfährt, hier seiner Vollendung zueilt..."

Therapie: Weiterhin Arzneipause.

Dreizehnter Tag der Arzneipause (20.05.95 / 4. Behandlungswoche)

Inzwischen hatte der Säugling einen mehrtägigen, aber nicht weiter behandlungsbedürftigen Infekt der oberen Atemwege durchgemacht. Unter diesem Infekt verschlechterte sich auch der Hautzustand wieder. An Wangen, Kinn, Mundwinkeln traten wieder ekzematöse Hautstellen auf. Ebenso an den Arm- und Beinbeugen und auf dem Bauch. Der Juckreiz war wieder schlimm, besonders nachts. Anna kratzte nachts unentwegt von 1.00 - 4.00 Uhr. Der Infekt schien die Besserungsphase nun beendet zu haben. Deshalb entschied ich mit der arzneilichen Therapie fortzufahren.

Therapie:
Sulfur Q4 (wie oben beschrieben) aus dem dritten Glas täglich einen linsengroßen Tropfen, insgesamt 7 Gaben. Dann sollte bei weiterer Besserung auf die nächsthöhere Potenz übergegangen werden. Bei Verschlechterung infolge der Arznei sollte diesmal selbstverständlich mit der Arzneieinnahme ausgesetzt werden.

Zustand nach 8-wöchiger Behandlungszeit (Ende Juni 95)

In der Zwischenzeit wurde der Säugling mit den kleinsten Gaben Sulfur in ansteigenden Potenzen bis zur Q6 weiterbehandelt. Anna hatte inzwischen ihren ersten Zahn bekommen. Der Hautzustand war wieder besser (siehe Verlaufsbogen). Es fiel auf, dass die Haut draußen bei inzwischen sommerlichen Temperaturen schlechter war und sich in der Kühle des Hauses deutlich besserte. Der Juckreiz hatte wieder etwas nachgelassen.

Zustand nach 3-monatiger Behandlung (Ende Juli 95)

Hautzustand gut (siehe Verlaufskontollbogen), jedoch hitzebedingt Rötung an den Arm- und Beinbeugen. Die Eltern hatten den Eindruck, dass der Säugling jetzt häufig nur noch aus "Langeweile" kratzte oder um Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Eltern konnten Anna inzwischen in der Badewanne baden lassen, ohne dass sie kratzte. Der Säugling hatte wieder gelben Stillstuhl. Die Eltern begannen in Absprache mit mir Gemüse, Reis, Dinkel und Obst zuzufüttern. Anna war zu diesem Zeitpunkt 9 Monate alt.

Therapie: Sulfur Q10 und weitere ansteigende Potenzen in allmählich steigender Dosis.

Zustand nach ca. 5-monatiger Behandlungszeit (Mitte Sept. 95)

Der Hautzustand war sehr gut. Eigentlich waren keinerlei ekzematöse Hautstellen mehr zu sehen. Es bestand auch kein Juckreiz mehr. Eine Begebenheit erscheint mir noch interessant zu erwähnen. Die Familie war im September auf einer Ferienfahrt in einem Hausboot unterwegs. Die Mutter wollte in der Zeit die Arznei weitergeben, stellte jedoch fest, dass die Arznei schon nach wenigen Tagen nicht mehr vertragen wurde und ausgesetzt werden musste. Auf Nachfrage berichtete sie, dass die Arznei in der Flasche in der Schiffskajüte tüchtig herumschwappte. In den regelmäßig zu passierenden Schleusen waren auch stärkere Erschütterungen auf die Arzneiflasche nicht zu vermeiden.

Hiermit bestätigte die Mutter eine Beobachtung, die auch Hahnemann beschreibt, dass nämlich die flüssigen Arzneien durch den Transport potenziert würden und somit mit der Zeit unverträglich werden.

Dies beschreibt er in der Anmerkung zum § 270 der 5. Organonauflage:
"... Es giebt dagegen Homöopathiker, welche bei ihren Kranken-Besuchen die homöopathischen Arzneien in flüssiger form mit sich herumtragen und dennoch behaupten, dass diese mit der Zeit nicht höher potenzirt sich fänden, dadurch aber keinen genauen Beobachtungs-Geist zeigen..."

Therapie: Der gute Verlauf der Behandlung ermutigte mich nun, die Arznei weiter hochzudosieren um die natürliche Erkrankung allmählich durch die Kunstkrankheit der Arznei zu überstimmen.

Organon 6. Auflage, § 161
"Wenn ich die so genannte homöopathische Verschlimmerung, oder viel mehr die, die Symptome der ursprünglichen Krankheit in etwa zu erhöhen scheinende Erstwirkung der homöopathischen Arznei, hier auf die erste oder ersten Stunden setze, so ist dies allerdings bei den mehr acuten, seit Kurzem entstandenen Übeln der Fall, wo aber Arzneien von langer Wirkungsdauer ein altes oder sehr altes Siechthum zu bekämpfen haben, da dürfen keine dergleichen, anscheinende Erhöhungen der ursprünglichen Krankheit, während des Laufes der Cur sich zeigen und zeigen sich auch nicht, wenn die treffend gewählte Arznei in gehörig kleinen, nur allmählich erhöhten Gaben, jedes Mal durch neue Dynamisierung um etwas modificirt wird; dergleichen Erhöhungen der ursprünglichen Symptome der chronischen Krankheit, können dann nur zu Ende solcher Curen zum Vorschein kommen, wenn die Heilung fast oder gänzlich vollendet ist."

Therapie: Sulfur Q16 1 Glob. in 40 ml Aethanol 20 % daraus 5 Tropfen in 250 ml Wasser daraus 1/4 Messlöffel = 1,25 ml. Die folgenden Potenzen sollten je nach Reaktion in weiter gesteigerter Dosierung eingenommen werden.

Zustand nach 6-monatiger Behandlung (Mitte Oktober 95)

Sulfur wurde inzwischen etwa 4 Wochen lang in erhöhter Dosis gegeben. Die Haut zeigte keinerlei Auffälligkeiten mehr.

Sulfur wurde nun in ansteigender Dosis weitergegeben und bis zur Q18 eingenommen. Ende Oktober 95 reagierte Anna dann mit zahlreichen Ausschlagsblüten am Hals, mit einem Hautausschlag am rechten Oberschenkel und mit einer etwa reiskornähnlichen Blase im Zwischenfingerraum zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger.

Therapie: Ich interpretierte die Verschlechterung des Hautausschlages als Überstimmung und pausierte bis auf weiteres die Arznei.

Verlauf Innerhalb weniger Tage gingen alle Beschwerden zurück, lediglich die Rauheit am Oberschenkel blieb bestehen.

Therapie: Weiterhin Pause.

Zustand nach 7-monatiger Behandlungszeit (Mitte November 95)

In der Pause war Anna beschwerdefrei. Lediglich am rechten Oberschenkel war die Haut rau geblieben. Nach einem Witterungsumschwung zu winterlicher, klirrender Kälte trat jedoch wieder Juckreiz an verschiedenen Prädilektionsstellen auf. Die Armbeugen und Beinbeugen waren wieder gerötet und die Neurodermitis war wieder an Kinn, Wangen, Mundwinkeln und Hals sichtbar. Beim ausführlichen Gespräch in der Praxis erhob ich folgendes nun etwas veränderte Symptomenbild:

Kälte verschlechterte Annas Neurodermitis signifikant. In letzter Zeit hatten die Eltern dem starken Drängen von Anna nachgegeben, die nun darauf bestand gefälligst auch alles probieren zu dürfen, was da bei den Mahlzeiten so auf dem Tisch herumstand. Sie hatte recht viel Apfelsaft getrunken, und die Mutter konnte feststellen, dass sie nach dem Genuss von Mandarinen immer mit einer Verschlechterung des Hautzustandes reagierte.

Auch war der Mutter aufgefallen, dass Anna nun wiederholt auf den Genuss von Fisch erbrochen hatte, was sie anfangs nicht so richtig mit der Fischmahlzeit in Verbindung brachte.

Nun aber war deutlich, dass Anna jedesmal nach Fischgenuss so richtig "krank" geworden war und den Fisch inzwischen auch gar nicht mehr essen wollte.

Weiter war nichts in Erfahrung zu bringen. Diesen neuen veränderten Zustand wertete ich in umseitiger Repertorisation aus.

Therapie Sepia Q3,1 Globulus in 40 ml Aethanol 20 % daraus 1 Tropfen in ein mit 250 ml Leitungswasser gefülltes Glas, davon sollte täglich ein linsengroßer Tropfen eingenommen werden. Insgesamt sollten so 7 Gaben gegeben werden, dann sollte das Mittel in ansteigenden Potenzen eingenommen werden. Im Falle einer Verschlechterung des Zustandes, sollte die Arznei ausgesetzt werden.

Zustand nach 9-monatiger Behandlung (Mitte Januar 96)

Inzwischen wurde Sepia bis zur Q7 eingenommen. Der Hautzustand besserte sich kontinuierlich, trotz beständiger kalter Witterung. Anna kratzte eigentlich nur noch, wenn sie etwas nicht bekam, was sie gerne mochte und manchmal beim Wickeln aus "langer Weile" oder wenn das Essen nicht schnell genug auf dem Tisch stand.

Seit Anfang Dezember lief Anna. Sie hatte inzwischen 11 Zähne. Sie konnte sich beim Spielen gut selbst beschäftigen.

Therapie: Weiter mit Sepia in ansteigenden Potenzen und Erhöhung der Dosis auf 5 Tropfen in das wassergefüllte Glas, daraus sollte inzwischen 1/4 Messlöffel (= 1,25 ml) eingenommen werden.

Zustand nach 11-monatiger Behandlung (März 96)

Sepia wurde bis zur 12. Q-Potenz eingenommen und dann nach der Überstimmung abgesetzt. Anna kratzt kaum mehr. Auch die Hautausschläge waren (abgesehen von leichteren Ausbrüchen, die aber sehr schnell wieder von selbst vergingen) verschwunden. Anna, die in der Zwischenzeit sehr selbstbewusst geworden war, konnte in der Zwischenzeit am Tisch das meiste mit essen. Lediglich Kuhmilch, Kuhmilchkäse und Hühnerei bekam sie aus Sicherheitsgründen noch nicht. Allerdings vertrug sie Sahne inzwischen ohne Probleme.

Zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte ich eigentlich Anna möglichst bald aus der chronischen Behandlung zu entlassen. Sie war zu diesem Zeitpunkt 18 Monate alt. Es folgten einige fieberhafte Infekte, die durch homöopathische Therapie jedoch gut zu beherrschen waren. Nach den Infekten veränderte sich Annas Zustand nochmals und zeigte nochmals einige Zeichen einer latenten chronischen Veranlagung. Der Hautzustand war zwar gut. Nur sehr selten gab es noch "leichte Anflüge" von Hautreaktionen.

In den letzten Wochen verlangte Anna jedoch auffallend nach dem Schnuller. Nichts ging mehr ohne Schnuller. Anna schwitzte stark an Kopf und Nacken. Sie hatte auffälliges Verlangen nach rohen Dingen, wie Gurke, Karotten und auch Äpfel und Abneigung gegen Süßes.

Die Fontanelle war noch deutlich offen. (eigentlich hätte sie sich ja um diesen Zeitpunkt schließen müssen) Anna sabberte reichlich. Die Zahnungsschübe gingen oft mit Infekten oder Fieber einher.

Therapie: (Beginn Mitte Juni 96) Calcium carbonicum Q3,1 Glob. in 40 ml Aethanol 20 %, daraus 1 Tropfen in 250 ml Wasser. Davon sollte zunächst jeden 2. Tag ein linsengroßer Tropfen eingenommen werden. Dann sollte in aufsteigenden Potenzen und in allmählich erhöhter Dosis eingenommen werden.

l5. - 18. Behandlungsmonat (Juni - September 96)

Im Juni traten in den ersten heißen Tagen nochmals leichte Hautausschläge auf. Als die Mutter wegen der Geburt des dritten Kindes im Krankenhaus war, kratzte Anna vorübergehend wieder. Inzwischen vertrug sie wieder Fisch. Die Schweißneigung ging nur langsam zurück. Auch der Schnuller war noch ihr ständiger Begleiter. Die Fontanelle wurde allmählich kleiner.

19. - 22. Behandlungsmonat (Oktober 96 - Januar 97)

Calcium carbonicum wurde bis zur Q13 eingenommen Das Verlangen nach dem Schnuller war deutlich zurückgegangen. Es bestanden keine Ausschläge mehr. Die Fontanelle war nur noch geringfügig offen und war dabei sich zu schließen.

Milchschorf war keiner mehr vorhanden. Inzwischen vertrug Anna Hühnerei. Selbst Mandarinen wurden in der Zwischenzeit vertragen. Leichtere Hautreaktionen erfolgten nur noch wenn Anna chemische Nahrungszusatzmittel erwischt hatte. Die Reaktionen klangen aber immer wieder nach wenigen Stunden ab. Auch auf manche Windelsorten erfolgte eine Windeldermatitis. Dieses Problem erübrigte sich jedoch von selbst, da Anna inzwischen trocken war.

Keine weitere Therapie. Im Mai berichtete mir die Mutter, dass Anna stabil geblieben sei. In der Zwischenzeit vertrage sie selbst Kuhmilch. Allerdings sei sie auf Kuhmilch und Kuhkäse gar nicht so besonders scharf. Sie bevorzuge nach wie vor Schafskäse.

Aus dem kleinen sich ständig kratzenden Säugling war inzwischen ein sehr neugieriges, plapperndes und hübsches kleines Mädchen geworden.

Diskussion des Falls

1. Zur Vorbehandlung ist zu sagen, dass hier der ursächliche Zusammenhang zwischen die Impffolge und Verschlechterung der Krankheit wohl erkannt wurde und aus diesem Grunde Thuja verordnet wurde. Dennoch möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass es ein in homöopathischen Kreisen sehr verbreitetes Missverständnis ist, Thuja zum Universalmittel gegen Impffolgen jeglicher Art zu machen. Wie dieses Missverständnis sich in der homöopathischen Geschichtsschreibung aufbauen konnte, ist jedoch ein eigenes Kapitel und würde den Rahmen dieser Fallbeschreibung übersteigen. Auch wenn es hin und wieder anders dargestellt wird, ist und bleibt Thuja ein Impffolgemittel bei Pockenschutzimpfung und zwar in erster Linie aus dem Grunde weil des Mittel in seinen Erstwirkungen am Gesunden große Ähnlichkeit zur Symptomatik der Pockenerkrankung hat.

Ferner sehen wir, dass es durch die Kostveränderung der Mutter durch die Mayr-Kur mit den heutigen beiden Hauptallergenen Milch und Weizen zu einer signifikanten Verschlechterung des Hautzustandes des Säuglings kam. Leider wird den Müttern immer noch "eingebläut", dass sie in der Schwangerschaft besonders viel Milch zu sich nehmen sollten, selbst wenn wie in diesem Fall eine natürliche Abneigung gegen das Nahrungsmittel besteht.

Auch von der Handhabung Cortisonum als "Reaktionsmittel" in Fällen einzusetzen, in denen es in der Vorgeschichte zu Cortisoneinsatz kam, konnte ich bisher noch keinen kurartiven Effekt sehen. Diese Vorgehensweise scheint mir auch mehr einer isopathischen, als einer homöopathischen Denkweise zu entsprechen.

2. Wir sehen ebenfalls, dass es durch das Meiden bestimmter Schlüsselallergene zu einer entscheidenden Entlastung im Organismus kommt, was zu einer deutlichen Besserung des Allgemeinzustandes führen kann. Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass diese Maßnahmen keinen heilenden Effekt haben. Jedoch sind sie deshalb oft trotzdem unerlässlich um die Grundvoraussetzung zur Heilung zu schaffen.

3. Eine weitere Hürde in diesem Krankheitsfall war es eine geeignete Dosierung zu finden und den Zeitpunkt zu erkennen, wann mit der Arznei wegen Überdosierung auszusetzen war. Gerade bei den allergischen Erkrankungen stelle ich in hohem Maße fest, dass schon die kleinsten Gaben der passenden Arznei zu Überreaktionen führen.

Deshalb beginne ich in solchen Fällen eigentlich immer mit den kleinsten Gaben und taste mich so an die geeignete therapeutische Dosis heran. Dies kann wie Hahnemann im § 278 sagt "nicht durch theoretische Mutmaßung" bestimmt werden, sondern "Einzig nur reine Versuche, sorgfältige Beobachtung der Erregbarkeit des Kranken und richtige Erfahrung können dieß in jedem besonderen Falle bestimmen..." Im vorliegenden Falle erwies sich die Dosierung aus dem 3. Glase als ausreichend, ja bei täglichem Gebrauch der Arznei sogar als zu stark. Deshalb sollten Q-Potenzen auch nie pauschal als Dauermedikation verordnet werden. Bei ihnen besteht grundsätzlich die gleiche Gefahr wie bei allen anderen Arzneipotenzen, nämlich die Gefahr einer Überdosierung. Dies hat zur Konsequenz, dass auch beim Einsatz von Q-Potenzen engmaschige Kontrollen des Therapieverlaufes durchgeführt werden müssen um Überdosierungen rechtzeitig zu erkennen.

4. Es wird in diesem Falle weiterhin ersichtlich, dass es in chronischen Fällen häufig notwendig wird, sich mehrerer Heilmittel zu bedienen umso schrittweise die komplexen Krankheitsstrukturen aufzuweichen. Häufig werden chronische Fälle in der Literatur so dargestellt, als könnten sie zumeist mit einem Mittel geheilt werden, "wenn nur der Homöopath das richtige Mittel trifft". Man tut so als müsse der gute Homöopath alles mit einem Mittel zustande bringen. Nicht selten ist der Lernende aufgrund dieser Vorstellung entmutigt und denkt bei ihm laufe wohl etwas falsch.

5. Ich möchte zurückhaltend mit der Behauptung sein, dass im vorliegenden Krankheitsfall die Krankheit in vollem Umfang geheilt ist. Jedoch kam es unter der Therapie in wenigen Monaten zu einer signifikanten Verbesserung. Die leichten Anflüge von Hautreizungen, stehen in keinem Verhältnis mehr zum anfänglichen dramatischen Krankheitsbild. Auf Nahrungsmittelzusätze kommt es gelegentlich immer noch zu kleineren Reaktionen, die aber nach wenigen Stunden ohne weitere Behandlung wieder abklingen. Abgesehen von diesen Stoffen kann das Mädchen auch wieder alles essen. Gelegentlich treten noch Bläschenausschläge auf, die sich vor alle am Hals und zwischen den "Schwimmhäutchen" der Finger zeigen. Jedoch finde ich die Anzeichen zu wenig signifikant um hier gezielt homöopathisch tätig zu werden.

Dem aufmerksamen Leser wird es aber kaum entgangen sein, dass in beiden Repertorisationen Psorinum recht weit in der Auswertung nach vorne gekommen ist. Da die Nosoden im Kentschen Repertorium mit Sicherheit unterrepräsentiert vertreten sind, halte ich dies für bemerkenswert und ich behalte mir den Einsatz des Mittels für den Bedarfsfall vor.

1
Es ist mir an dieser Stelle wichtig, dass ich die Verbesserung, die durch die Korrektur der Diät und Lebensführung erzielt wird, nicht als Heilung, sondern nur als eine Entlastung für den Organismus ansehe. Hahnemann weist uns ja darauf hin, dass eine chronisch miasmatische Erkrankung selbst durch die beste Lebensführung nicht zu heilen ist (Organon 6. Auflage § 78).
Dennoch ist es im Falle der allergisch Kranken, deren chronisch miasmatische Belastung in den meisten Fällen wohl der Psora zugeordnet werden kann, von außerordentlichem Wert, begleitend zur arzneilichen Therapie Korrekturen in der Diät und Lebensführung durchführen zu lassen.
Hahnemann sagt uns ja im § 260, dass im Falle chronischer Krankheiten (und um eine chronischer Krankheit handelt es sich bei einer Allergie immer!) die sorgfältige Aufsuchung von Heilungshindernissen besonders wichtig ist (vgl.: 6. Organon § 3; § 252; § 259).

2
Ich bin mir sicher, dass mir die Behandlung dieses Falles schon gleich hier, zu Beginn, aus der Hand geglitten wäre, wenn ich nicht von der Kleinheit der Gaben, auf die Hahnemann an verschiedenen Stellen seines Organons ausdrücklich hinweist gewusst hätte. Er sagt über die Kleinheit der Gabe, dass eine Arzneigabe kaum je so klein gewählt werden kann, dass sie nicht mehr wirke (§ 279) und er weist im § 275 darauf hin, dass die Kleinheit der Gabe die gleiche Bedeutung habe, wie das richtig gewählte Mittel. Hätte man in diesem Falle mit große Gaben zu behandeln begonnen, so wäre gleich zu Beginn eine eklatante Verschlechterung aufgetreten, die bei weiterer Dosierung nicht mehr in den Griff zu bekommen gewesen wäre. Mit Sicherheit hätte man das richtige Mittel dann verworfen und hätte nach und nach andere Mittel eingesetzt, ohne zu erkennen, dass man die Verschlechterung selbst durch eine zu hohe Dosierung verursacht hat.

Anschrift des Verfassers:
Gerd Aronowski
Uhlandstraße 8
78464 Konstanz

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Naturheilpraxis 05/99