Fachforum

Die Mahonie

Ein pflanzliches Antipsoriatikum

von Ernst-Albert Meyer

Eine indianische Heilpflanze

Bei der Aufzählung der Heilpflanzen der indianischen Volksmedizin wird Mahonia aquifolium meist vergessen. Die Indianer nutzten Mahonia für unterschiedliche therapeutische Zwecke: als Emetikum, Antidiarrhoicum, gegen Skorpionstiche und als Tonikum. Darüber hinaus verwendete man diese Heilpflanze bei Hautkrankheiten, Syphilis, Fieber und Schmerzen im Bereich der Gallen- und Harnwege. In der Homöopathie wird Mahonia aquifolium schon seit langem als organotropes Mittel peroral in den Potenzen D1 bis D4 bei chronisch-entzündlichen, schuppenden Dermatosen wie Psoriasis vulgaris eingesetzt. Das Arzneimittelbild dieser Heilpflanze nennt als Charakteristika "bläschen-, quaddel-, papel- und pustelförmige, trockene Dermatosen wie Pruritus".

Botanik

Mahonia aquifolium aus der Familie der Sauerdorngewächse (Berberidaceae) ist ein 50 bis 150 cm hoher, aufrechter, immergrüner Strauch mit gelbbraunen Zweigen. Die eiförmigen, immergrünen, lederartigen Blätter sind unpaarig gefiedert. Sie glänzen aufder Oberseite und der Blattrand ist dornig gezahnt. Die gelben, wohlriechenden Blüten sind in dichten Trauben angeordnet. Aus ihnen entwickeln sich kugelige, dunkelblaue, von Reif überzogene Beeren. Sie enthalten dunkelroten Saft und glänzend rotbraune Samen. Mahonia aquifolium ist an der Pazifikküste Nordamerikas heimisch und wird bei uns als beliebter Zierstrauch angebaut.

Inhaltsstoffe

Die ganze Pflanze führt Alkaloide, wobei die Wurzelrinde mit einem Gehalt von 7 bis 16 Prozent am alkaloidreichsten ist. Nach Wagner et al. wurden folgende Alkaloid-Gruppen isoliert:

1. Isochinolin-Alkaloide vom
1.1. Protoberberin-Typ wie Berberin, Palmatin, Jatrorrhizin, Columbamin und vom
1.2. Aporphin-Typ wie Isocorydin, Corydin, Isoboldin, Corytuberin, Magnoflorin.

2. Bisbenzylisochinolinalkaloide vom
2.1. Berbamin-Typ wie Berbamin, Obamegin, Isotetrandin, Aquifolin und vom
2.2. Oxyacanthin-Typ wie Oxyacanthin, Aromolin, Baluchistin.

Pharmakologische Eigenschaften

Ein Teil der Mahonia-Alkaloide zeichnet sich durch

So konnte in vitro- und in vivo-Modellen der antiphlogistische Effekt der Mahonia-Alkaloide am Beispiel des Berberins nachgewiesen werden. Dabei werden durch Cholera-Toxin oder Phorbol-Ester induzierte Hautentzündungen durch Berberin deutlich reduziert.

Entzündungshemmende Eigenschaften werden auch den Alkaloiden Berbamin und Palmatin über eine Hemmung von Entzündungsmediatoren zugesprochen. Interessant ist die Beobachtung, dass die antiphlogistische Wirkung der einzelnen Reinalkaloide viel schwächer ist als bei der Verwendung des Extrakts (Urtinktur). Das lässt den Schluss zu, dass die Wirksamkeit auf dem Zusammenwirken mehrerer Alkaloide beruht, oder dass noch andere im Extrakt enthaltene Substanzen am antiphlogistischen Effekt beteiligt sind.

Mehrere Untersuchungen belegen einen hemmenden Einfluss des Berberins auf das Zellwachstum. Dabei wirkt Berberin interkalativ, d.h. seine Moleküle besetzen die Zwischenräume zwischen den Basenpaaren der DNS-Doppelhelix und hemmen dadurch deren identische Reproduktion, was zur Verminderung der Zellteilungsrate und Proteinsynthese führt. Womöglich basieren die antiproliferativen Eigenschaften auch auf einem Antagonismus von Berbamin gegenüber Calmodulin.

Psoriasis vulgaris und topische Mahonia-Applikation

Psoriasis vulgaris - die Schuppenflechte - ist eine erblich bedingte Dispositionskrankheit mit multifaktorieller Genese. Die Inzidenz liegt bei 2 bis 3 Prozent in der europäischen Bevölkerung. Symptome sind Schuppung, Rötung und Juckreiz. Ursache ist eine gesteigerte Mitoserate in den basalen Anteilen der Epidermis und Störungen in der Keratinozytenreifung und -differenzierung. Die Hautkrankheit verläuft chronisch oder in Schüben, eventuell mit wechselnder Lokalisation und Ausdehnung der Hautveränderungen.

Die symptomatische Therapie erfolgt im wesentlichen mit Stoffen, wie z.B. Glukokortikoiden, Dithranol, Teerpräparaten, Calcipotriol, Retinoiden u.a., die die überschießende Keratinisierung längere Zeit unterdrücken sollen, die Patienten aber durch lokale oder systemische Nebenwirkungen belasten und nicht für eine risikoarme und nebenwirkungsfreie Langzeittherapie geeignet sind. Außerdem erhöht sich nach dem Absetzen vieler Antipsoriatika die Wahrscheinlichkeit neuer Schübe. Bei der Suche nach einer wirksamen und gut verträglichen Substanz - besonders für die Langzeittherpaie - wurde man auf Mahonia aquifolium aufmerksam.

Zur topischen Psoriasis-Therapie wird heute eine Salbe mit 10 Prozent Mahonia aquifolium-Urtinktur (nach Vorschrift 4a HAB 1) - normiert auf 1 % Berberin - mit gutem Erfolg eingesetzt. Als Alternative steht auch eine Creme zur Verfügung.

Vergleich der Wirksamkeit von topischer und oraler Mahonia-Therapie. In einer multizentrischen, randomisierten Doppelblindstudie wurde an 93 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Psoriasis vulgaris (Typ I und II) die Wirksamkeit der oben beschriebenen Mahonia-Salbe im Vergleich zur Einnahme von Mahonia aquifolium-Urtinktur untersucht.

Die Gruppe A (n = 49) erhielt Verum-Salbe und Placebo-Tinktur. Die Gruppe B (n = 44) erhielt Verum-Tinktur und Placebo-Salbe. Behandlungsart: dreimal täglich Applikation der Salbe und zweimal tägliche Einnahme von 10 Tropfen Mahonia-Urtinktur.

Prüfkriterien: Der Therapieerfolg wurde anhand der Kriterien Schuppung, Rötung sowie der Ausbildung der psoriatischen Plaques (leicht, mittel, stark) gemessen.

Ergebnis: In der Gruppe A trat eine raschere Besserung ein. Nach 10 bis 14 Tagen kam es in beiden Gruppen zu einer Abnahme der Schuppung und Hautrötung und somit zu einer Verkleinerung der psoriatischen Plaques.

Nach zweimonatiger Therapie war in beiden Gruppen bei über 70 Prozent der Probanden eine deutlichere Besserung bis hin zur Abheilung der psoriatischen Herde zu verzeichnen. Die Verträglichkeit beider Therapiearten erwies sich insgesamt als gut.

Auch in einer mehrmonatigen Langzeittherapie-Studie zeichnete sich die Mahonia-Salbe ebenfalls durch einen signifikanten Rückgang der Entzündung und Schuppenbildung aus.

Damit stellt die topische Mahonia-Anwendung eine wirksame und gut verträgliche pflanzliche Alternative für die Langzeittherapie der leichten bis mittelschweren Psoriasis vulgaris dar. Im Vergleich zu den gebräuchlichen, den Patienten belastenden Standard-Antipsoriatika ist die Heilpflanze auch für die Behandlung von Risikogruppen wie Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche geeignet.

Anschrift des Verfassers:
Ernst-Albert Meyer
Fachapotheker für Offizin-Pharmazie
Triftweg 28
59555 Lippstadt

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Naturheilpraxis 05/99